vonBlogwart 20.04.2009

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Für die taz-Akademie hat die taz 20 Nachwuchsjournalisten gesucht – und zwar quotiert, also genau 10 Frauen und 10 Männer. Über diese Quotierung sprachen Philipp und Vi Vien (zwei Mitglieder der von den 20 Teilnehmern bestimmten Chefredaktion) mit Konny Gellenbeck (leitet seit 1997 die taz-Genossenschaft).

Philip: Ist die Quote nicht diskriminierend? Und zwar auch für Frauen, wenn sich zum Beispiel für die Akademie mehr Frauen bewerben als Männer und auch mehr Frauen gut sind?

Konny: Das ist eine interessante Sichtweise. Zunächst: Es gab Massen an Bewerbungen, mehrere hundert. Wir hätten auch viel mehr Personen auswählen können. Und es ging uns auch nicht darum, die besten Journalisten mit der meisten Erfahrung zu bekommen. Wichtiger war für uns zum Beispiel gesellschaftliches Engagement, ob in der Politik oder anderswo, oder Auslandsaufenthalte. Oder dass jemand besondere sprachliche Fähigkeiten hat, zum Beispiel weil er uns ein Gedicht geschickt hat. Der Grund für die Quote ist, dass die taz eine feministische Tendenz hat. Aber auch bei uns in den Redaktionskonferenzen reden Männer mehr als Frauen und wir finden selten Frauen, die in Führungspositionen gehen. Deshalb haben wir gesagt, dass wir das quotieren – das ist für uns Standard.

Vi Vien: Ich studiere auch Gender, beschäftige mich mit Queer Theories. Unter dem Queer-Aspekt ist es natürlich diskriminierend, in Frau/Mann-Kategorien zu denken, weil es die Leute ausschließt, die sich in keine dieser Kategorien zugehörig fühlen, sondern sich als Menschen sehen – egal, was sie für einen Vornamen haben.

Konny: Sobald sich jemand bewirbt, auf den das zutrifft, und ansonsten alles passt, würden wir sofort einen Weg finden. Dann machen wir entweder 21 Plätze oder lassen jemand anders weg. Es geht uns ja darum, Leuten eine Chance zu geben. Uns ist eine ausgewogene Mischung wichtig zum Beispiel zwischen Menschen mit viel Erfahrung und mit wenig Erfahrung, Schülern und Studenten. Uns sind verschiedene Perspektiven wichtig.

Philip: Die taz nutzt diese Akademie ja auch nach außen als Werbung für die taz. Wenn ich jetzt höre, dass es in der taz eine echte Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen nicht gibt und die Männer in den Konferenzen und bei den Ressortleitern dominieren – ist die Quote für die taz-Akademie dann auch eine Strategie, dass man sich nach außen als gleichberechtigt verkauft, obwohl das intern gar nicht so ist?

Konny: Ich finde es wichtig, durch die Quote bei der Akademie ein politisches Zeichen zu setzen. In der taz setzen wir uns auch ab und zu zusammen und schauen uns die Zeitung an: Wie viele Männer sind auf den Fotos in der Zeitung zu sehen, wie viele Frauen? Wie viele Artikel kommen von Männern, wie viele von Frauen? Das bereiten wir dann auf und nehmen das als Anlass, um es in der Redaktion zu diskutieren. Die Quote bei dem Workshop ist keine Außenwerbung, sondern ein echtes Anliegen für mich, um etwas zu ändern.

Philip: Hier in der Gruppe sollten wir am Freitag eine Chefredaktion bestimmen. Da hatten sich zuerst zwei Frauen gemeldet. Dann fiel uns auf: Da ist ja gar kein Mann dabei, dann wollten wir noch einen Mann haben, so kam ich dazu. Ohne den Quoten-Gedanken hätten wir nur zwei Frauen in der Chefredaktion. Zeigt das nicht, dass Frauen in unserer Generation gar nicht mehr benachteiligt werden? Brauchen wir noch die Quote?

Konny: Das finde ich sehr vorbildlich, dass sich bei Euch zuerst zwei Frauen aufgestellt haben. In der taz würde es das nicht geben. Wenn es darum geht, wer Chefredakteur wird, dann würden sich fünf Männer melden. Es sind zwar mehr Frauen an den Unis, es machen mehr Frauen einen Abschluss, aber die Karrieren machen später die Männer. Es gibt eine unsichtbare Wand. Frauen kommen nur bis zu einer bestimmten Hürde, sie kommen nicht auf die Führungspositionen. Die Quote bleibt daher wichtig. Auch, weil sie Vorbilder schafft. Ich habe zum Beispiel viel mit Kindern zu tun. Für Mädchen ist es ganz wichtig, dass die ein Rollenvorbild haben. Dass die zum Beispiel sehen, dass es normal ist, dass eine Frau heute Bundeskanzlerin sein kann.

Vi Vien: Das ist ein sehr feministischer Ansatz. Ich finde es gut, dass die taz sich für Chancengleichheit einsetzt – aber dann doch nicht nur zwischen Männern und Frauen. Heutzutage können sich Frauen und Männer gleich engagieren, jeder kann sich bilden. Wichtiger fände ich eine Quotierung etwa nach Alter oder Berufserfahreung. Oder dass auch Menschen mit eigenem Migrationshintergrund vertreten sind – die fehlten bei uns. Es sollte einen bunten Fächer an Kriterien geben.

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