fragt das Nixon-Center und hat in dieser Frage eine Debatte begonnen. Für Chas Freeman liegt Israel für Washington dabei eindeutig auf der Lasten-Seite.
Chas Freeman einer der wichtigsten Berater und Übersetzer bei Richard Nixons berühmter China-Visite 1972, später Botschafter in Saudi Arabien, stand einst auch dem einflussreichen Middle East Policy Council vor. Beim Amtsantritt Barack Obamas war er für den Posten des National Intellegence Councils im Gespräch, einer Institution, die langfristige Strategien für den US-Geheimdienst erarbeiten soll und die nach dem Sturz des Schahs im Iran und dem damaligen offensichtlichen Scheitern des Geheimdienstes gegründet worden ist. Freeman wäre damit einer der wichtigsten aussenpolitischen Berater Obamas geworden.
Wegen seiner bekannten kritischen Haltung gegenüber der Politik der bedingungslosen Unterstützung Israels, wurde er damals von den Unterstützern Israels im US-Establishment scharf angegriffen und zog seine Kandidatur nach mehreren Wochen zurück.
Freemans Anmerkungen für das Nixon-Center beinhalten viel Stoff zum Nachdenken, weil sie auch einen Hinweis geben, dass sich das strategische Gleichgewicht im Nahen Osten langfristig verändert. (s.a einen meiner Artikel über die neue Rolle der Türkei).
Beiträge, wie der von Freeman, die inzwischen in poltischen Kreisen in den USA diskutiert werden, machen deutlich, dass die bedingungslose Unterstützung Israel bei den US-Strategen Risse bekommt, weil sie mit dem strategischen US-Interesse gegengerechnet wird.
Freemann beschreibt zunächst die US-Unterstützung für Israel.
„Amerikanische Steuerzahler finanzieren je nach Kalkulation zwischen 20 und 25 Prozent des israelischen Verteidigungshaushalts. 26 Prozent, der 3 Milliarden Dollar, die Israel jährlich an als Militärhilfe gegeben werden, werden für israelische Militärprodukte ausgegeben. Es ist einzigartig, das israelische Firmen bei der Auftragsvergabe wie US-Firmen behandelt werden. (…) Wir finanzieren sogar oft die Hälfte der Kosten für Forschungsprojekte des israelischen Militärs (…), die für das US-Militär keinerlei Nutzen bringen. (…) Israel kann sich bei den komplizierten US-Waffensystemen so ziemlich alles aussuchen, was es will und wir zahlen die Rechnung.“
Die US-Regierung habe seit dem 2. Weltkrieg Israel mit 140 Milliarden Dollar subventioniert, zählt Freeman weiter auf. „Israel steht mit einem Pro-Kopf-Einkommen von 37.000 USD auf einer Ebene mit Großbritannien, trotzdem ist es der größte Empfänger von US-Auslandshilfe und erhält mehr als ein Fünftel der Gesamtsumme dieser Hilfe“.
Aber diese militärischen und finanziellen Vorteile seien noch lange nicht das Ende der Geschichte, führt er fort.
„Die US-Regierung arbeitet hart daran, Israel von den internationalen und rechtlichen Konsequenzen in Folge seiner Politik und Taten in den Besetzten Gebieten, gegenüber seinen Nachbarn und zuletzt auf hoher See zu schützen. Die fast 40 Vetos, die die USA eingelegt haben, um Israel im UN-Sicherheitsrat zu schützen, sind nur die Spitze des Eisbergs. (…) Die politischen Kosten, die die USA von ihrem poltischen Kapital auf diese Art und Weise ausgibt, sind hoch“.
Freeman Kernsatz lautet:
„Es ist klar, dass Israel einen sehr guten Deal von uns bekommt. Dennoch ist es Tabu zu fragen, welche Vorteile das eigentlich den Amerikanern bringt.“
Man müsse erkennen, dass die Beziehungen zu Israel niemals von strategischen Erwägungen angeführt wurden. Dennoch hätten sie enorme strategische Konsequenzen, stellt Freeman fest und zählt die Anschläge des 11. Septembers und die Reden Ben Ladens auf, in denen er die Angriffe auf die USA mit deren Unterstützung für Israel rechtfertigt.
„Ein erheblicher Teil uns Kosten an Leben und die Billionen Dollar, die wir im eskalierenden Konflikt mit der islamischen Welt ausgegeben haben, muss zu den Kosten unserer Beziehung zu Israel dazugerechnet werden“.
Freeman zählt auf, was die USA normalerweise von ihren strategischen Bündnispartnern erwarten. Sie stellen Stützpunkte für US-Truppen zu Verfügung oder kämpfen an deren Seite in den Kuweit oder in Afghanistan, oder sie bezahlen einen Teil der in diesen Konflikten entstehenden Kosten. Sie helfen andere Bündnispartner zu rekrutieren. Sie bezahlen für die Waffen, die ihnen die USA schicken.
Israel mache nichts Dergleichen, auch weil es nicht könne. Es habe keine Verbündeten, außer den USA, es habe in der Region keine Freunde. Sollte Israel an einer militärischen Operation zusammen mit den USA teilnehmen, würde das sofort die Kooperation anderer Bündnispartner beenden.
Manchmal werde argumentiert, dass Israel für die USA amerikanischen Waffen einsetzt und testet. Freeman hält dagegen:
„Es sind Jahrzehnte vergangen, seitdem ein israelischer Kampfjet, dass letzte Mal einem feindlichen Kampfjet in der Luft begegnet ist. Die israelische Luftwaffe ist darauf spezialisiert, zivile Infrastruktur zu zerstören und Milizen ohne Luftverteidigung anzugreifen. Für die US-Luftwaffe gibt es da nichts zu lernen. Die israelische Marine ist gleichermaßen keinerlei Bedrohungen ausgesetzt. Ihre Erfahrung, die darin liegt, Leute aufzuspüren, die nach Israel eindringen wollen, Fischerboots und humanitäre Hilfslieferungen aufzubringen, stellt für die US-Navy kein Modell dar“.
Sicher argumentiert Freeman. In seinem fünften Jahrzehnt der Besatzung habe Israel Techniken der Befriedung, Befragung, des Mordes und der Dronenangriffe entwickelt, die auch das US-Militär inspiriert hätten. „Ich habe allerdings ein Problem damit zu sehen, wie diese Philosophie das verkörpert, für was die Amerikaner traditionell gerne stehen“.
Manche behaupten, Israel verlange von den USA nicht, seine Kämpfe zu kämpfen, Es will nur die Waffen und das Geld, das selbst zu machen, führt Freeman die nächste Argumentationslinie ein. Auch das stimme nicht, meint er.
„Keiner möchte einen nuklear bewaffneten Iran, aber Israel ist das einzige Land, das Druck auf die Amerikaner ausübt, in dieser Frage in den Krieg zu ziehen“.
Freeman schlussfolgert:
„Vor diesem Hintergrund ist es bemerkenswert, dass etwas so illusorisches wie die Idee, dass Israel ein strategisches Guthaben ist, in den USA so wenig in Frage gestellt wird. (…) Um wirklich zu blühen, müssten die Beziehung zwischen Israel und den USA auf der Realität, statt auf Mythen und auf Frieden statt auf Krieg aufgebaut sein. „