vonsaveourseeds 16.07.2009

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Die Sache hat uns keine Ruhe gelassen: „Zensur bei Tchibo“ beklagte sich „NOVO“, ein techno-libertäres Fortschritts-Magazin wider das ökologisch verschwiemelte Gutmenschentum. Der Autor hatte versucht, im online shop des Kaffee- und Gemischtwarenkonzerns sein ganz persönliches T-Shirt zu gestalten: „Gentechnik – ja bittesollte draufstehen und auf der Rückseite „Gentechnik hilft gegen den Hunger auf dieser Welt“. Dies habe Tchibo rundweg abgelehnt. Politisch nicht korrekt? Der NOVO-Aktivist hakte nach und fand seinen Verdacht bestätigt. Tchibo wollte sein Geld einfach nicht. Schlimmer noch: Heute bekamen wir Post vom Tchibo Versand, daß unser T-Shirt mit der Aufschrift „Gentechnik? Nein Danke!“, das wir zur Überprüfung der Sachlage bestellt hatten, soeben in den Versand gegangen ist. Wir leiden mit NOVO und haben ihnen deshalb für’s Erste einen superschicken virtuellen Ersatz gestrickt.

Schlimm, was Tchibo da mit NOVO macht. Denn die Jungs sind ohnehin schon reichlich paranoide in Sachen Gentechnik. „Wir schreiben gegen selbstgefällige Volkserzieher, bürokratische Kleingeister, apokalyptische Rufer und neoreligiöse Moralisten,“ verkünden sie über sich selbst und führen in ihrer Autorenliste so ziemlich jeden zweiten Pro-Gentechnik-Aktivisten, den unsere Republik zu bieten hat, von Miersch über Schiemann bis Happach-Kasan und Spelsberg.

NOVO Chefredakteur Thomas Deichmann hat das Thema zur Mission gemacht und wettert gegen Politiker, die sich hündisch dem Volke anpassen, statt Führungswillen zu zeigen. Ein ganzes Buch hat er soeben zu dem Thema “Warum Angst vor Grüner Gentechnik? Wie Fortschritt in den Biowissenschaften verhindert wird” verfaßt. Mit Zeittafel und einem Vorwort des „Golden Rice“ Erfinders Ingo

Potrykus schildert er darin „wie die Grüne Gentechnik in den Mühlen der deutschen Angstindustrie zerrieben wird.“ Deichmann fiehl uns vor einem Jahr durch eine Vorabkritik unseres Kongresses „Planet Diversity“ auf. Der Schaum, den er dabei vor den Munde nahm, vemittelte uns damals das trügerische Gefühl irgendwie ins Schwarze getroffen zu haben.

Und diesem wackeren Eckermann der Antigentechnik-Bewegung, Feind des „Ökologismus“, treuen Freund der Atomkraft, Klima-Skeptiker und Experten für vielerlei mehr pinkelt nun ausgerechnet Tchibo so ans Bein! Dahinter steckt System! Wir fordern deshalb nachdrücklich: T-Shirt-Freiheit für NOVO! Schluss mit der Tchibo-Zensur!!!

Übrigens zensiert Tchibo nicht nur Gentechnikfreunde. Auch die Mode-Expertin Kirsten Brodde bekam heuer nicht was sie bestellt hatte: „Bio aber unfär“ hätte sie gerne auf ihrem shirt gehabt. Aber selbst mit dem Falschschreib-Trick kam sie diesmal nicht durch. Letztes Jahr hatte ihr der Konzern noch anstandslos „Tchibo-Shirts, gefertigt für Hungerlöhne“ und „Dieses T-Shirt hat ein Kind für Tchibo genäht“ geliefert. Weil sie damit auch noch vor eine Tchibo-Filiale gezogen war, kam sie damit gross im Spiegel raus und verführte Tchibo dazu, dieses Jahr die Hälfte seiner Kollektion in Bio-Baumwolle anzubieten (Oh, Gott Herr Deichmann, fast hätten Sie ja so ein Eckel-Zeug bekommen!). Ihre neue Aktion, schreibt der Spiegel diesmal, zeige wie schwer der Weg zum perfekten T-Shirt ist. Eigentlich ist Kirsten Brodde auf die Fortschritte bei Tchibo ganz stolz: Auch in Sachen Sozialstandards habe sich bei dem Konzern mittlerweile einiges, aber eben noch nicht genug bewegt.

Tja, man hat’s schwer als Kaffee-Röster in der Mode und auf dem Markt der Überzeugungen und Internet-Zensur. Allen kann man’s einfach nicht recht machen. Nur uns, mit diesem blöden „Gentechnik – Nein Danke“ T-Shirt, das wir ganz bestimmt nie anziehen werden. Hinterhältig, uns plötzlich so im mainstream schwimmen und ins Leere laufen zu lassen. Auch bei Tchibo liest man wahrscheinlich Umfragen und paßt sich dem Geschmack der Kundschaft genauso charakterlos an wie Frau Aigner. Da steckt bestimmt schon wieder System dahinter. Und deshalb fordern wir gleiches Recht für alle: Zensur für „Gentechnik – Nein Danke!“, sofort!

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