Jakob Hein, Schriftsteller und wöchentlicher Vortragender bei der Reformbühne Heim & Welt (jeden Sonntag, 20.15 Uhr, Kaffee Burger, Berlin-Mitte) zu den Vorgängen rund um Herrn Williamson und Herrn Benedikt:
Endlich ein Machtwort
Der Streitfall um die Wiederaufnahme des – wie seine Freunde sagen – ultrakonservativen Bischoffs Williamson hat nun eine überraschende Wendung genommen. Nachdem Papst Bendedikt XVI. sich vielfach Kritik von innerhalb und außerhalb der Kirche für diesen Schritt anhören musste, liegen nun die Dinge anders. Die – wie seine Feinde sagen – Nazisau Williamson hatte in einem Interview mit dem schwedischen Fernsehen sieben Minuten lang erläutert, warum Konzentrationslager wie Auschwitz oder Dachau keinesfalls der Tötung von Juden gedient haben können. Er berief sich dabei auf gewichtige Argumente wie die mangelnde Dichtheit der Gaskammertüren und die unzureichende Höhe der dort errichteten Schornsteine. Laut Williamsons Schätzungen sind im zweiten Weltkrieg etwa 200.000–300.000 Juden überhaupt gestorben, eine Zahl, die wohl nah dran an einer natürlichen Sterblichkeit, insbesondere in Kriegszeiten liegt. Keine diese Personen sei jedoch durch Gas umgekommen, es sei denn im Rahmen eines Missgeschicks im eigenen Haushalt. Jedenfalls hätte beispielsweise Adolf Hitler nichts mit dem Tod eines einzigen dieser Juden zu tun. Allerdings bittet er den schwedischen Reporter, diese Aufnahmen zunächst niemandem zu zeigen. Da das Interview in Regensburg stattfand, weist Bischof Williamson den Reporter darauf hin, dass in Deutschland die soeben von ihm gemachten Äußerungen strafrechtlich sanktioniert sind. Als Grund für den historischen Irrtum, dass Juden durch die Schuld von aufrechten deutschen Nationalsozialisten angeblich zu Schaden gekommen sein sollen, nannte Williamson Milliardenzahlungen, die sich die Juden durch diesen Mythos gesichert hätten. Als der Reporter ihn daraufhin fragt, ob dies nicht möglicherweise etwas antisemitisch sei, antwortet der Gottesmann, dass Antisemitismus eine gute Sache sei, wenn sie der Wahrheitsfindung diene, aber eine schlechte, wenn sie der Wahrheitsfindung entgegenstehe. Das Wort an sich interessiere ihn nicht.
Überraschend hat sich nun das höchste Kirchenoberhaupt selbst in den Streit eingemischt. Der allmächtige Vater, besser bekannt unter seinem Namen Gott, hat nun in einem Interview Bischoff Williamson und die Entscheidung seines Stellvertreters verteidigt. Der Weltenlenker, der sich seit dem tragischen Unfalltod seines Sohnes nicht mehr öffentlich geäußert hat, gab nun zu Protokoll, er sei mit der Entscheidung seines Leitungsteams im Vatikan vollkommen einverstanden. Williamson sei ein „großartiger Christ und echter Überzeugungstäter“. Es wurde erkennbar, dass Gott den Tod seines Sohnes immer noch nicht verwunden hat und tatsächlich nicht die Römer, sondern die Juden für schuldig daran hält. Vater und Sohn hatten Zeit des recht kurzen Lebens Jesu ein nicht unkompliziertes Verhältnis. Jesus war deutlich populärer als sein Vater, hielt seine Mutter für eine Jungfrau und war selbst Jude. Dies alles mag zur Verbitterung des Vaters im Himmel beitragen.
„Eine Kirche, in der kein Platz für Williamson ist, da ist auch kein Platz für mich“, sagte Gott, der damit eine schwere Drohung an alle Katholiken aussprach. Allgemein wird davon ausgegangen, dass nur zwei Säulen der heiligen Dreifaltigkeit nicht zur Aufrechterhaltung der Kirche ausreichen könnten. Ganz abgesehen davon halten es Beobachter für mehr als unsicher, dass nach dem Weggang des Vaters der Sohn und der heilige Geist in jedem Fall bei der Kirche bleiben würden.
„Wo liegt eigentlich das Problem?“, fragte der Weltenschöpfer in dem Gespräch, das vom Fernsehsender El-Jazeerah ausgestrahlt wurde. Auf das Thema der Leugnung des Holocausts angesprochen, gab der Allwissende zu verstehen, dass er auch nichts vom Holocaust halte. „Wieso sollte ich so etwas zulassen?“, fragte Herrgott mit einem erkennbar zornigen Gesichtsausdruck. „Ich habe die Menschheit nach meinem Ebenbild erschaffen, nun werde ich doch nicht zulassen, dass Menschen andere Menschen umbringen. Oder möchte mir etwa jemand so etwas unterstellen?“ Der himmlische Vater gab zu verstehen, dass es einer Person, die ihm so etwas unterstelle, sehr schnell sehr schlecht gehen könne, hypothetisch gesprochen. Für solche Personen könne auch sehr rasche eine Lösung gefunden werden, eine ziemlich endgültige, wenn man ihn richtig verstünde, sagte der etwas in Rage gekommene Allgütige.
Zum Schluss befragten ihn noch die Reporter, wo denn dann die vielen Millionen Juden verblieben seien, die mysteriös in der Regierungszeit von Herrn Hitler verschwanden und deren Häuser, Fabriken, Geschäfte und Synagogen plötzlich leerstanden. Ausweichend gab der Gottvater an, dass nach seiner Vermutung die meisten von ihnen in Israel leben würden und dass ein großer Teil von ihnen sich auch auf einem verlängerten Urlaub befände. Genau wisse er es nicht, da er nun auch sehr müde sei. Abschließend empfahl er allen Menschen, viel Obst zu essen und sich keinesfalls vor irgendetwas zu fürchten. Natürlich sei auch der so genannte Klimawandel ein Mythos von vermutlich jüdischen Wissenschaftlern. Er selbst bereite die Schaffung zweier neuer Weltmeere vor, die groß genug seien, um „selbst die Sonne auf Körpertemperatur herunterzukühlen.“