von 03.06.2011

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Ich hatte es kommen sehen: Irgendwann im Gebet zur Kirchentageseröffnung und noch vor dem Bundespräsidenten bricht die Sonne aus den dunklen Wolkenbänken über Dresdens Silhouette. Die Moderatorin vermerkt das eher beiläufig, und es geht kein Stöhnen durch die Teilnehmerreihen, eher ein leichtes, vielleicht sogar amüsiertes Lachen.  Schräg hinter mir lachen  ein paar Teenager sogar während des Gebets laut quietschend – und niemand greift ein.

Im Schauspiel zum Motto – die Kunst Nr. 1 – gibt es lustvoll – leidenschaftliches Theater: Der Mensch und sein Hab und Gut als irdischer Schatz, wie er schreit, stöhnt, herrscht, zittert, beansprucht, nicht wahrhaben will, stürzt wieder und wieder. Kein Moralisieren, kein Lehrstück, Kunst nicht als Waffe, sondern Schaustück, ja fast Spektakel: so kann es sein, so ist es wirklich, so kommt´s hervor, wenn wir´s euch zeigen!

Das Kirchentagslied ist Kunst Nummer 2  und zeigt das Ziel: Wofür lohnt es sich zu leben? / Ich schlage mal was vor /: Wie wär’s mit Werten wie Frieden, Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie? / Ich steh auch sehr auf das, was schon in der Bibel steht: wie etwa / Nächstenliebe, Mitgefühl und Solidarität./ Ich finde, das sind Werte, die lassen sich durchaus herzeigen. / Setzen wir für diese Schätze uns mit ganzem Herz ein! / Der, der seinem Herzen folgt, wird wirklich reich an Seligkeit, Glück, Selbstzufriedenheit und Ausgeglichenheit.

Die Prinzen werden wohl abgelehnt haben. Sie wären es gewesen. Kunst. Nicht selbstzufrieden. So wird es schon Programmgesang. Ich sag euch mal was. Seien wir Demokraten. Dann sind wir Christen?? Die Bläser sind Kunst Nr. 3. Sie blasen die Alten Weisen vielstimmig, inbrünstig und schmetternd und ziehen dann die Promenade entlang durch das winkend Volk, Formation für Formation in voller Folklore. No comment.

Geld regiert freie Christen nicht!

Der referierende Bischof ist nicht formiert, sondern frei, kommunikativ, ja beseelt. Geld regiert freie Christen nicht! Doch auch ich bin nicht frei von Versuchung. Christen sind nicht die Welt, weil sie deren Angst nicht teilen. Sie suchen Sicherheit nicht in der Weltwährung, sondern in Gott.  Sie finden sie im Glauben und sie brauchen nicht zu missionieren. Sie missionieren ständig, sagt der jüdische Gesandte.

Wir sind gern hier als Juden. Ich rufe allen ein „Schalom“ zu. Wir nehmen das nicht so. Wir haben große Erfahrung in Selbstbehauptung. Wir arbeiten miteinander. Erfolgreich, sehr erfolgreich. Dann kommt der Präsident. Der Ordner räumt schon eine halbe Stunde vorher den Zugang: „Hier wird er kommen. Ich höre schon die Sirenen. Bitte räumen Sie den Zugang. Ja, Sie können nach rechts oder links, nach allen Seiten, nur hier nicht“.

Christian Wulff kommt ganz woanders herein. Er steht auf der Leinwand. Er  sagt dem Kirchenvolk, dass er anders konfessionell sei, aber gläubig. Und dass dieser Glaube jetzt schon Gemeinsamkeit schafft und Zukunft. In dem ganzen Deutschland, in Osteuropa und ganz Europa. Weltweit habe ich nicht gehört. „Wir“ sind Kirche, hat er auch nicht gesagt, aber weitab ist es nicht.

Marx würde wettern, wie er wetterte. Ich empfinde Wulff ganz klar staatlich. Er spricht zum dritten Teil der Staatsorganisation. Wie zu den Parteien. Staat halt. Er folgt damit einer alten Tradition. Wisst Ihr, sagt er, sorgt Euch nicht, wir versorgen Euch durch Eure Werke – die der Maschinen eingeschlossen. Wie die Vögel.  Das haben Wir.
Auf dem Pfosten der vom Verkehr befreiten Brücke zum andern Ufer steht ein Mann und spannt das Tuch in Kreuzpose. Plötzlich steigt er herab, beugt sich mit seiner Büchse vor und sagt dem Geber: Ich kann leider nicht wechseln.

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