vonImma Luise Harms 08.11.2013

Land Weg

Das Land ist Ressource und Erweiterungsgebiet für die Stadt, aber auch ihre bestimmte Negation. Grund zum Beobachten, Experimentieren und Nachdenken.

Mehr über diesen Blog

Wiedererkennen heißt im englischen recognize. Recognize heißt im deutschen erkennen und wiedererkennen. Aber da gibt es einen großen Unterschied. Wenn ich etwas erkenne, kann ich es kontextualisieren. Ich verstehe seine Bezüge und kann mir eine Vorstellung machen, wie es gemeint ist. Beim Wiedererkennen ist der Faktor der Wiederholung das entscheidende. Die Wiederholung verstärkt ein Muster.
Wenn ich jemanden erkenne, ist das etwas ganz anderes, als wenn ich ihn oder sie wiedererkenne. Mit dem Wiedererkennen kontextualisiere ich mich selbst. Es ist das Phänomen des Heimatgefühls. Vertraute Gesichter. Bekannte Ansichten. Zeichen, die mir wieder begegnen, geben mir Orientierung. Zeichen, die mir immer wieder vorgeführt werden, versprechen mir Orientierung. So funktioniert das Merchandizing. So funktionieren die Medien insgesamt, immer mehr, immer mitreißender. Ein entfesseltes Rückkopplungssystem, das mich mit dem Erlebnis des kollektiven Wiedererkennens in der Mitte der Meinungsgleichen situiert, mich sanft leitet und in die Schlachthäuser der Verwertung führt. Von der “angesagten” Kneipe, dem Label, das “in” ist, bis zum “Kultfilm”.

Interessant auch hier die Begriffsabschleifung durch die englische Übertragung. Einmal ins recognize geschoben und zurückgeholt, und schon ist der Unterschied zwischen Erkennen, der ein Aneignungsprozess ist, und Wiedererkennen, der ein Musterbildungsprozess ist, verschwunden.

Ich will nicht gemustert werden.

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/jottwehdeh/2013/11/08/worter-wiedererkennen/

aktuell auf taz.de

kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert