Der radikale südafrikanische Jugendführer singt neuerdings „Kiss the Boer“ statt „Kill the Boer“
Angesichts einer dramatischen politischen Wende in Südafrika ruft der kontroverse ANC-Jugendführer Julius Malema seine Anhänger seit Neustem dazu auf, Buren und Farmer zu küssen, statt sie zu erschießen.
Anlass für den radikalen Sinneswechsel – oder sagen wir lieber: Wortwechsel – scheint das ANC-interne Disziplinarverfahren gegen Julius Malema in den letzten Wochen gewesen zu sein.
Das südafrikanische Enfante terrible stellte seinen neuen Song-Remixe von „Kill the boer, Shoot the Farmer“ letzten Samstag während einer ANC-Jungendkonferenz in der Provinz KwaZulu-Natal vor. Die anwesenden Delegierten sangen begeistert mit und Malema gab zu „Kiss the Boer“ sogar noch einen kleinen Tanz zum Besten.
Allerdings ließen diese Neuigkeiten alle gestandenen Afrikaansen Farmer noch mehr erschaudern als die die ganzen Meldungen die Wochen davor, als Julius Malema in seinen Liedern zum Mord gegen sie aufrief.
Für die „ultra-heterosexuellen, mit doppeltem Y-Chromosom ausgestatteten Macho-Farmer“ sei diese Aussicht nämlich „schlimmer als der Tod“ analysierte die südafrikanische Satire-Website Hayiboo. Der Sprecher der North West Agricultural Laage (Nord-Westlichen Landwirtschaftlichen Burenvereines Südafrikas), Trompie Windpomp-Fouche, habe sogar laut Angaben von Hayiboo gesagt, „dass sich die Farmer bereits auf das SCHLIMMSTE vorbereiten“. Er persönlich habe „die ganze Nacht damit verbracht Farmer-Genossen zu zeigen, wie sie unwillkommene (Zungen-) Küsse von der ANC-Jugendliga sabotieren können.“
Aber den kleinen Spaß beiseite – was ist in den letzten vier Wochen hier eigentlich passiert, was den notorisch Weißen-feindlichen Jugendführer dazu bewegt haben könnte, seinen Anhängern Liebeslieder statt Hetztiraden über Buren vorzusingen?
Die Antwort ist: Er ist zu weit gegangen. Er hat nämlich den südafrikanischen Präsidenten Jakob Zuma andeutungsweise kritisiert. Daraufhin wurde er vor eine ANC-interne Kommission zitiert und mit dem Ausschluss aus dem ANC bedroht. Die Kommission ließ allerdings alle Anklagepunkte gegen Julius fallen – und die Liste war wirklich, wirklich lang – als er sich dazu bereit erklärte, sich für seine Kritik an Jakob Zuma zu entschuldigen.
Den Präsidenten zu kritisieren ist schließlich auch viel schlimmer als alle anderen Anklagepunkte gegen Julius Malema zusammengenommen: Aufruf zum Mord gegen Farmer, Versuch zur Spaltung des Landes, Bedrohung der fragilen Regierungskoalition in Zimbabwe, Unterstützung Robert Mugabes und im Grunde das ganze Land Südafrika so kurz vor der WM vor laufender Kamera zu blamieren.
Hierzu sei auf den Vorfall mit dem BBC-Reporter hingewiesen, den Julius Malema als „bloody agent“ und „bastard“ beschimpfte – und schließlich aus der Pressekonferenz hinauswarf, weil dieser es wagte, Malemas Ansichten über Morgan Tsvangirai in Frage zu stellen. Genau genommen fing alles damit an, dass Julius Malema behauptete, Morgan Tsvangirai sei eine Witzfigur und kein ernstzunehmender Politiker, weil er in Sandton (**gehobenes Viertel von Johannesburg) arbeite, statt bei seinen Leuten auf dem Land, woraufhin der BBC-Reporter bemerkte, dass Julius Malema ja genauso in Sandton arbeite. Malema explodierte angesichts dieser völlig unerhörten Aussage und warf dem britischen Reporter vor, er habe „weiße Tendenzen“ und ganz sicherlich „nur Müll in der Hose“. ( –> Das lustige You-Tube Video zu dem Vorfall gibt es hier.)
Julius Malema muss übrigens im Rahmen seiner Strafe nicht nur befürchten, vom ANC ausgeschlossen zu werden, sollte er den Präsidenten in den nächsten zwei Bewährungsjahren noch einmal kritisieren, „Kill the Boer“ singen oder anderweitig unangenehm auffallen, sondern auch einen mehrwöchigen Aggressionsbewältigungs-Kurs besuchen. Wie so ein richtiger cholerischer Star eben.
Naja, immerhin. SO schwierig war es also doch nicht, Julius Malema den vorlauten Mund zu stopfen. Da kann man nur sagen: Gottseidank hat Südafrika einen Präsidenten mit einem sensiblen Ego.
Das hält Zapiro, der berühmsteste südafrikanische Karikaturist, von Malema – und die große Mehrheit der Südafrikaner auch..
Elena Beis. My Name is not Sisi. Kulturkollison x 11. Ein deutsches Pärchen reist durch Südafrika. Erschienen März 2010 bei Conbook Medien, 9,95€