Manchmal passiert es, dass ein Virus von einem anderen Virus vorübergehend quasi überlagert wird. Zwar breiten sich derzeit die Zeltlager-Proteste – „Tentifada“ in Israel genannt – aus, gleichzeitig gibt es jedoch auch ein sozusagen weltumspannendes „Drei Schwestern“-Coming-Out:
Hier inszenieren drei saudische Schwestern in einer Einkaufszone von Riad Tschechows Stück als Street-Performance. Im Buch der Regeln von Ibn Kaldaun heißt es: „Wenn Du drei Schwestern hast, mußt du höllisch aufpassen.“ Photo: koptisch.wordpress.com
Hier haben drei Schwestern aus Baden-Baden nach der Lektüre des gleichnamigen Tschechows-Stückes spontan die Schlüsselszene am Birkenwald nachgestellt – obwohl es in und um Baden-Baden gar keinen Birkenwald gibt, wie man sieht. Photo: Archiv Hoege
Gleichzeitig wird derzeit bzw. demnächst an 24 Gymnasien, vom „Theaterprojekt Berlin-Istanbul“ sowie am Basler Theater, am Wiener Theater in der Josefstadt, am Thalia-Theater Hamburg, am Schauspiel Frankfurt, am Theater Konstanz, am Schauspielhaus Bochum, an den Münchner Kammerspielen, auf der Neuen Bühne Senftenberg, im Puppentheater Erfurt und auf einer Berliner Kudamm-Bühne das Stück „Die drei Schwestern“ gezeigt: Einmal keck-doof, ein andern Mal eher schwer nachdenklich oder auch resignativ-feministisch bzw. facebooker-optimistisch. In Bremen brachte die Spirituosenfirma Quasselmotor einen neuen Drink namens „Drei Schwestern“ auf den Markt. Und im Knaur Verlag erschien der australische Roman „Drei Schwestern zum Verlieben“ von Monica McInerney.
Aus Oslo kam die Meldung: Der Pakistanier Shazad Khan wurde zu 21 Jahre Haft verurteilt. Er hatte im Oktober 2006 seine drei Schwestern ermordet. Das Gericht bezeichnete die Morde als „grotesk“. Er behauptete, seine tote Mutter habe ihm die Morde befohlen. Gleichzeitig munkelten Bekannte der Familie jedoch auch von einem „Ehrenmord“. Während des Prozesses konnte ein Motiv trotzdem nicht ermittelt werden.Das Gericht war desungeachtet der Meinung, dass es ein Mord unter Einfluss von Stimulantia war. Eine Wiederholungsgefahr bestünde aber nicht. Der stern berichtete: „Eine Familientragödie im Elsass erschüttert ganz Frankreich: In einem teilweise abgebrannten Wohnhaus in Haguenau entdeckte die Feuerwehr die Leichen von drei Schwestern zwischen fünf und 13 Jahren. Die Mädchen waren jedoch nicht Opfer des Feuers geworden. Sie wurden ermordet. Den Mädchen waren von ihrem Vater die Kehlen durchgeschnitten worden, teilte die Staatsanwaltanschaft mit.“
„Drei Schwestern sind’s, von sanftem Reiz umstrahlt,/Ihr eigner Vater hat sie uns gemalt,/Sich ähnlich an Gestalt und an Gesicht,/Sogar an Augen, nur an Mienen nicht,/Und lieblicher hab’ ich den Horentanz/Noch nie erblickt in seinem Zauberglanz“ (Friedrich Hebbel).Porträt der Drei Schwestern. Photo: andrea-imhaeuser.de
Die Drei Schwestern in einer Volksbühnen-Inszenierung auf dem Parkplatz des Pankower Supermarkts „Norma“. Photo: Archiv Hoege
Die Drei Schwestern in einer raffinierten Montage. Photo: photofrieze.de
In Kreuzberg eröffnete kürzlich im Künstlerhaus Bethanien das Restaurant „Drei Schwestern“.In der Prenzlauer Berg Kneipe Baiz wurde der DDR-Fernsehfilm „Drei Schwestern“ aus dem Jahr 1984 gezeigt. Im selben Jahr – berichtete der Spiegel: „Mit großem Publicity-Aufwand wurden die drei Tiffany-Schwestern vermarktet, sie sind am Millionenumsatz ihrer Stücke beteiligt – und die Firma fährt offenbar gut dabei. Tiffany-Umsatz 1983: 125 Millionen Dollar.“ In der Charlottenburger Kneipe „Zwiebelfisch“trafen sich die drei zerstrittenen Schriftstellerinnen-Schwestern Hanni, Christiane und Ulrike zu einem ersten Wiedervereinigungs-Treffen (3 plus 2 genannt, weil H. und U. ihre Männer dabei hatten.)
Hier posieren Drei Schwestern am Drei-Schwestern-Steig: dem Wanderweg zum Drei-Schwestern-Massiv, das die Grenze zwischen West- und Ostalpen bildet. Photo: Archiv Hoege
Hier lesen drei usbekische Schwestern während einer Literaturveranstaltung im Stadtpark von Taschkent Teile aus dem Tschechowschen Stück „Die Drei Schwestern“ vor.
Hiermit gedenkt die Dominikanische Republik der Drei Schwestern. Photo: briefmarken-forum.com. Am 25. November 1960 wurden die drei Schwestern Patria, Minerva und Maria Teresa Mirabal vom dominikanischen Geheimdienst im Auftrag des Diktators Rafael Leonidas Trujillo in einem Hinterhalt brutal ermordet. Der Roman „Die Zeit der Schmetterlinge“ von Julia Alvarez thematisiert dieses Verbrechen. Der Tag, an dem es geschah, ist seit 1981 der internationale Gedenktag „Nein zu Gewalt an Frauen“, der 1999 von den vereinten Nationen als offizieller internationaler Gedenktag anerkannt wurde.
Die WAZ meldet heute: Drei Schwestern wurden bei einem Verkehrsunfall in Huckarde schwer verletzt. Eine 21-jährige Dortmunderin war mit dem VW unterwegs. Aus bisher nicht bekannten Gründen prallte sie mit ihrem Fahrzeug vor einen Baum. Sie sowie ihre beiden Schwestern, 16 und 19 Jahre alt, wurden schwer verletzt. Alle drei wurden in verschiedene Krankenhäuser eingeliefert.
Die Drei Schwestern unterwegs wartend – in Bayern. Photo: Archiv Hoege
Die drei schwulen Schwestern – abwartend daheim. Photo: besonderefilme.blogage.de
Drei Schwestern (aus Montana) – Hetero-Schlampen spielend. Photo: cinema.de
In der Nordeifel las Angelika Harten anläßlich einer Geburtstagsfeier ihr Märchen „Die drei Schwestern“ vor. In Liechtenstein veröffentlichte der pensionierte Lehrer Alf Schumpel im Rahmen seiner „Historischen Reihe“ das Liechtensteiner Märchen „Die Drei Schwestern:
In Vorpommern, auf dem Sommerfest der dort domizilierten Kulturschaffenden Meier/Baum las die Geo-Abenteuerreisende Gabriele Riedle am Lagerfeuer der Mütter aus ihrem demnächst in der „Anderen Bibliothek“ erscheinenden Roman über eine Freiburger Übersetzerin vor, die sich daran macht, für das Stadttheater Ulm Anton Tschechows „Drei Schwestern“ neu zu übersetzen. Dazu kommt es jedoch nicht. In dem Kapitel, das Gabriele Riedle ihrem Roman entnahm, ging es konkret um die sozialdemokratische Bildungsreform in den Siebzigerjahren – und was daraus geworden ist.
In Basel hatte das Stück „Die drei Schwestern aus Isfahan“ des iranischen Schriftstellers Mostaffa Darabi Premiere. Es geht darin um den Beweis, dass es in den islamischen Ländern psychoanalytisch gesprochen weniger um Vatermord, sondern um Sohnmord geht, wobei diese sich ihrerseits vorher noch um Schwesternmord bemühen. Photo: 20min.ch
In Hamburg baten „Die Drei OP-Schwestern“ zu einer „SM-Nacht voller Peitschen und Peinlichkeiten“, u.a. wurden aus englischen Teenie-Zeitschriften die beliebten Rubriken „My most embarrassing moments“ vorgetragen. Die FAZ kündigte heute an: „Frank Castorf will im Moskauer Mossowjettheater die „amerikanische“ Härte aus Tschechows „Drei Schwestern“ hervorholen.“
Über eine Inszenierung von Tschechows „Drei Schwestern“ der Folkwang-Hochschule Essen schrieb die Kritik:
„Die minimalistische und stark gekürzte Inszenierung von Ruth Schultz untersucht, wie sich Menschen in starre, selbstgebaute Systeme fügen, um ihre Idealvorstellung vom sinnvollen, selbstbestimmten und also glücklichen Leben unangetastet und unausprobiert aufrecht erhalten zu können. Die drei Schwestern und ihr Bruder erscheinen als anstvoll- und genervt-passive Figuren, die einen ewigen Kompromiss leben, der sich auf ihr emotionales, soziales und politisches Handeln (bzw. Nicht-Handeln) auswirkt: So verlassen im Laufe des auf sieben Figuren reduzierten Stückes die Schwestern niemals ihre Welt, die Hollywoodschaukel. Einzig in den sehnsuchtsvollen Gesangsmomenten lösen sich die Figuren der drei Schwestern aus ihrem inneren Käfig und treten auf den Zuschauer zu. So konzentriert sich diese Inszenierung auf die Enge des familiären Systems und nur als von Außen auftretende Figuren (Tuzenbach, Versinin und Anfissa) nutzen die Darteller den Freiraum der Bühne – und führen auf dieser Ebene die Konflikte der Geschwister fort, ohne sie jemals zu lösen. Die von Tschechow beschriebene Langeweile wird so zum Symptom der ängstlich aufgeschobenen Sinnsuche unserer Zeit. Gerahmt wird diese Zustandsbeschreibung vom Flimmern und Rauschen der Medien, das Fabian Kollakowski für diese Inszenierung gestaltet hat. Eingeladen zur Young Actors Week (Salzburg) und zum outnow!-Festival (Bremen).“
Die drei berühmten Birger-Schwestern hier auf dem Kreuzfahrtschiff „Marco Polo“ in einer Regen-Parodie auf Tschechows „Drei Schwestern“. Sie wurde vom Publikum als zu wenig anzüglich empfunden. Photo: Archiv Hoege
„Die Zeit urteilte ähnlich – über eine Berlin-Mitte-Tschechow-Inszenierung:
„Michael Thalheimer missversteht Tschechows „Drei Schwestern“ am Deutschen Theater in Berlin Alles „Klebrige“ ist ihm verhasst. Klebrig sind ihm Stimmungen, in denen das Theater dekorativ badet. Klebrig sind ihm auch nostalgische Milieus, in denen es, etwa bei Tschechow, Sofas, wehende Gardinen, Teegeschirr und Samoware gibt. Michael Thalheimer hat eine ausgeprägte Phobie vor Requisiten. Also stellt er seine Inszenierungen stets in kalte, leere Räume, in denen die Menschen vor hohen Holz- oder Steinwänden nomadisieren – Räume, die ihm sein Bühnenbildner Olaf Altmann baut. Nichts in ihnen, was historische oder soziale Kontexte aufriefe. Einzig das Zeit- und Ortlose interessiert diesen Regisseur an den alten Stücken, er will ihnen die Tiefenstruktur, den „Kern“ entlocken – alles Beiwerk störte nur. Und wenn er, wie jetzt in den seinem ersten Tschechow, nun doch einen Samowar ins Spiel bringt, dann nur, um ihn vom Darsteller Bernd Stempel wie eine Monstranz hereintragen und sogleich auf dem Boden zerschlagen zu lassen. SamowarZertrümmerung: Diese Szene ist Programm.“
Völlig verrissen wurde diese Open-Air-Inszenierung von Tschechow bei Udenheim, wo die Regisseurin mit dem Stück auf eine lokale Sage anspielte:
„Es lebten einst drei Schwestern, die durch Erbschaft in den Besitz eines so großen Vermögens gekommen waren, daß sie den gemeinsamen Schatz an barem Gelde nicht zählen, sondern nur mit Hilfe eines Scheffelmaßes teilen konnten. Eine der Schwestern war blind, und dies Gebrechen benutzten die anderen, um Sie zu übervorteilen. Für sich selbst füllten sie das Hohlmaß jedesmal bis zum Rande, während sie, wenn die Reihe an die Blinde kam, dasselbe umdrehten und nur den flachen Boden mit Geldstücken belegten. Vor der Teilung waren sie übereingekommen, daß jede von ihnen eine Kirche bauen sollte, und die Bauplätze waren auf Anhöhen, von deren jeder man auch die beiden anderen sehen konnte, bereits ausgewählt. Als nun die Blinde merkte, daß sie von ihren Schwestern betrogen wurde, verwünschte sie dieselben und sprach die Prophezeiung aus, daß die von dem unrecht erworbenen Gute erbauten Gotteshäuser keine Dauer haben, sondern bald wieder zerfallen würden. Und so ist es gekommen. Die beiden Kirchen auf dem Nazarienberg und auf dem Petersberg bei Gau-Odernheim liegen längst in Trümmern, während die von dem schmalen Erbteil der Blinden erbaute auf der Anhöhe bei Udenheim noch heutigen Tages steht.“ Photo: Archiv Hoege
Der Spiegel schreibt über diese Westberliner Tschechow-Inszenierung: „Die drei Mädels sind sich treu geblieben. Denn unter Mithilfe der Regisseurin Amina Gusner schaffen sie das rare Kunststück, selbst Tschechow wie ein verspätetes Neunziger-Jahre-Yuppie-Filmchen aussehen zu lassen. Schon die Bühne von Uta Kala und José Eduardo Luna Zankoff hilft derartigen Assoziationen auf die Sprünge: Im Zentrum thront eine Art gläserner Wintergartenverschnitt, der zwar an der Geschmackssicherheit, nicht aber an der Finanzkraft der Bewohner zweifeln lässt und ein großes Bett beinhaltet, auf dem die Schwestern barfüßig lümmeln und gelegentlich ein paar Takte auf der Gitarre klampfen – schließlich verdienen alle drei ja auch als Sängerinnen und Musikerinnen ihr Geld.“ Photo: komoedie-berlin.de.
Drei Schwestern vom Heiligen Orden der drei guten Schwestern von den Feldern, gegründet 1026 nach einer Vision von Throndwig von Bregelsaum. Photo: kath.net. Einige „Comboni-Schwestern“ arbeiten quasi heimlich in Saudi-Arabien – unter den dortigen Gastarbeitern. Das Forum „moschee-schluechtern.de“ meldete, im Jemen wurden drei Missionsschwestern ermordet.
Drei Schwestern aus dem Orden der Kleinen Schwestern des Heiligen Franz. Photo: st-maria-voerde.de
Drei Schwestern aus Detmitten besuchten im Frühjahr 2011 den Originalschauplatz in der russischen Provinz, wo Tschechow einst seine „Drei Schwestern“ ansiedelte. Viel hat sich seitdem nicht verändert. Photo: kreisgemeinschaft-wehlau.de