vonHelmut Höge 07.10.2011

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Photo: morassat.de

Der Kairoer taz-Korrespondent Karim El-Gawhary hat seit Anfang des Jahres ganz wunderbar aus Ägypten, Libyen und anderen arabischen Ländern berichtet. Nun hat er daraus bereits ein Buch gemacht: „Tagebuch der arabischen Revolution“ – und das stellt er am 17. Oktober um 19 Uhr im tazcafé, Rudi-Dutschke-Str. 23-25, vor.

Derweil bereitet sich in Kairo die nächste Aufstandswelle vor. Diesmal richtet sie sich gegen das Militär. Es gab schon wieder Tote.

Die Nachrichtenagentur dpa meldet heute:

„Mehrere hundert Menschen haben am Freitag auf dem Tahrir-Platz in Kairo gegen den herrschenden Militärrat demonstriert. Unter dem Motto „Rückkehr in die Kasernen“ forderten die Teilnehmer der Kundgebung eine rasche Übergabe der Macht an zivile Gremien sowie die Aufhebung des erst jüngst verlängerten Ausnahmezustands. Eine weitere Forderung lautete, dass die Militärprozesse gegen Zivilisten eingestellt werden.

Zu der Demonstration hatten Bürgerrechtsgruppen sowie die Vereinigung für den Wandel von Friedensnobelpreisträger Mohammed el Baradei aufgerufen. Die islamistische Muslimbruderschaft, die über große Mobilisierungskraft verfügt, hatte sich dem Aufruf nicht angeschlossen.

Der Tahrir-Platz war das Zentrum der landesweiten Massenproteste, die am 11. Februar zur Entmachtung des damaligen Präsidenten Husni Mubarak führten. Seit dem Rücktritt Mubaraks regiert der sogenannte Militärrat, der mit dem Oberkommando der ägyptischen Streitkräfte identisch ist. Dessen Mitglieder hatten mehrfach erklärt, die Macht nach Wahlen an Zivilisten abgeben zu wollen. Einen konkreten Zeitpunkt für die Machtübergabe nannten sie jedoch bislang nicht.“

Aus Syrien meldet dpa heute:

„Syrische Sicherheitskräfte haben am Freitag nach Angaben von Aktivisten in mehreren Landesteilen auf Demonstranten geschossen und dabei mindestens acht Menschen getötet. Zehntausende waren nach den Freitagsgebeten wieder in vielen Städten Syriens auf die Straßen gegangen, um gegen das Regime von Präsident Baschar Assad zu protestieren.

In Duma, einem Vorort von Damaskus, seien mindestens drei Menschen getötet worden, teilten in London ansässige Menschenrechtler mit. In der zentralen Stadt Homs seien mindestens vier Regimekritiker getötet und 25 weitere verletzt worden. Auch in der Stadt Sabadani an der libanesischen Grenze habe es einen Toten gegeben, sagte der Menschenrechtler Mustafa Osso. Schüsse seien außerdem in Städten im Norden und Osten Syriens gefallen.

Zudem sei ein führender Oppositioneller, Riad Seif, im Damaszener Vorort Midan zusammengeschlagen und in ein Krankenhaus gebracht worden, berichteten die Aktivisten weiter. Es sei noch unklar, wie schwer die Verletzungen des krebskranken Seif seien, hieß es. Der ehemalige syrische Abgeordnete war in diesem Jahr bereits einmal festgenommen worden.

Besonders scharfe Sicherheitsvorkehrungen gab es vor den Freitagsgebeten offenbar in der Oppositionshochburg Rastan. Dem Aktivisten Osso und den Örtlichen Koordinationskomitees zufolge riegelten die Sicherheitskräfte mehrere Moscheen in der Stadt ab.

Die Opposition hatte als Zeichen der Unterstützung des in Istanbul frisch gegründeten Nationalrats zu Protesten nach dem Freitagsgebet in Rastan aufgerufen. Der Nationalrat vereint Kräfte der Opposition. Die syrischen Streitkräfte eroberten Rastan in der vergangenen Woche nach fünftägigen Kämpfen von Deserteuren zurück.“

Aus Libyen meldet AFP:

Kämpfer der neuen libyschen Führung sind am Donnerstag weiter ins Zentrum der umkämpften Hafenstadt Sirte vorgerückt. Bei heftigen Gefechten drängten sie die Truppen des langjährigen Machthabers Muammar el Gaddafi um einen Kilometer ins Stadtzentrum zurück, wie ein AFP-Reporter berichtete. Nahe Tripolis brachen tausend Kämpfer zur Verstärkung der Truppen des Übergangsrates in das ebenfalls hart umkämpfte Bani Walid auf.

Zunächst hatten die Anhänger Gaddafis in der Nacht zum Donnerstag die Frontlinie im Nordosten von Sirte um einige hundert Meter zurückgedrängt. Später gelang es den Kämpfern des Übergangsrates, sie um einen Kilometer in Richtung Stadtzentrum zu verlagern. Die Gaddafi-Gegner waren zum Teil zu Fuß zwischen den Häuserreihen unterwegs, wo sie sich Straßenkämpfe mit den Anhängern des untergetauchten Machthabers lieferten. Andere versuchten mit bewaffneten Fahrzeugen ins Stadtzentrum zu gelangen. Am Nachmittag versuchten sie, eine strategisch wichtige Straße im Stadtzentrum zu erobern.

Sirte ist eine der letzten Bastionen Gaddafis. Seit drei Wochen ist die Stadt heftig umkämpft und steht zudem weiterhin unter Beschuss von NATO-Flugzeugen. Am Wochenende flohen hunderte Zivilisten aus der Stadt, nachdem der Übergangsrat mit einem groß angelegten Angriff gedroht hatte.

Am Donnerstagmorgen setzten sich rund tausend Kämpfer des Übergangsrates mit etwa 100 Militärfahrzeugen von Gargaresch in der Nähe von Tripolis in Richtung Bani Walid in Bewegung. Nach Angaben eines Kommandanten der Rebellen in Bani Walid sollen sie die Südfront verstärken. „Wir werden zuerst über eine friedliche Übergabe verhandeln“, sagte Mussa Ali Junes der Nachrichtenagentur AFP. Die Kämpfer des Übergangsrates vermuten in Bani Walid viele Angehörige Gaddafis, darunter auch seinen Sohn Seif el Islam. Möglicherweise halte sich auch Gaddafi selbst in der Wüstenstadt auf.

Der syrische Fernsehsender Arrai strahlte am Donnerstagabend eine Audiobotschaft Gaddafis aus. Darin rief er die Libyer dazu auf, „zu Millionen“ gegen die neue Führung des Landes zu demonstrieren. „Lasst eure Stimmen gegen die Kollaborateure der NATO hören“, sagte Gaddafi demnach. Der ehemalige Machthaber ist seit der Eroberung der Hauptstadt Tripolis durch die Rebellen am 23. August auf der Flucht.

Schwere Gefechte lieferten sich Kämpfer des Übergangsrates und Gaddafi-Treue zudem am Donnerstag in Ragdalin, rund 130 Kilometer südwestlich von Tripolis. Nach Angaben eines Militärsprechers des Übergangsrates sollen sich rund 900 Gaddafi-Treue mit Panzern und schwerer Artillerie in Ragdalin und Umgebung verschanzt haben.

Aus dem Jemen berichtete AFP gestern:

:“Im Jemen sind bei Protesten gegen Präsident Ali Abdallah Saleh nach Angaben von Ärzten und Augenzeugen erneut mehrere Menschen verletzt worden. Die Polizei schoss demnach am Donnerstag in Taes im Südwesten des Landes auf Demonstranten, die gegen die Bombardierung der Stadt am Vortag durch die Truppen Salehs protestierten. Bei den Angriffen waren sieben Menschen ums Leben gekommen und 145 verletzt worden. Durch die Schüsse am Donnerstag seien acht Menschen verletzt worden, einer davon schwer, hieß es aus dem von den Demonstranten eingerichteten Feldlazarett in Taes.

Auch in der Hauptstadt Sanaa, wo sich desertierte Armeeeinheiten und regierungstreue Truppen seit Monaten immer wieder Gefechte liefern, gingen erneut zehntausende Menschen auf die Straße, wie ein AFP-Journalist berichtete. Sie forderten den sofortigen Rücktritt Salehs und seiner Gefolgschaft. Im Süden des Landes starben unterdessen zwei Kinder durch die Explosion von Munition, mit der sie nach Angaben ihrer Eltern gespielt hatten.“

Heute meldet AFP aus dem Jemen:

„Die jemenitische Frauenrechtlerin Tawakkul Karman, die zusammen mit zwei Frauen aus Liberia den diesjährigen Friedensnobelpreis erhält, widmet die Auszeichnung dem arabischen Frühling. Die Auszeichnung sei eine Ehre für alle Araber, Muslime und Frauen, sagte Karman am Freitag dem in Dubai ansässigen Sender El Arabija. „Ich widme diesen Preis den Aktivisten des arabischen Frühlings.“

Karman ist die erste Araberin, die den Friedensnobelpreis erhält. Der arabische Frühling bezeichnet die Protestbewegungen in zahlreichen Ländern der arabischen Welt gegen autoritäre Herrschaftsstrukturen. In Tunesien und in Ägypten führten diese zu Jahresbeginn zum Sturz der dort seit Jahrzehnten regierenden Präsidenten.

Karman gehört zu den herausragenden Figuren der Protestbewegung gegen Staatschef Ali Abdullah Saleh im Jemen. Saleh ist seit 33 Jahren an der Macht. Ende September kehrte er in seine Heimat zurück, nachdem er sich dreieinhalb Monate zur Genesung in Saudi-Arabien aufgehalten hatte. Der Präsident war am 3. Juni bei einem Angriff auf seinen Palast in der Hauptstadt Sanaa verletzt worden.“

Zur Verleihung des Friedensnobelpreises an Tawakkul Karman weiß AFP über die jemenitische Aktivistin zu berichten:

„Schon ihr Vater hat in ihr stets die „Rebellin“ der Familie gesehen, nun wird die 32-jährige jemenitische Journalistin Tawakkul Karman zum Aushängeschild des Umbruchs in der arabischen Welt. Zusammen mit zwei Liberianerinnen wird Karman in diesem Jahr mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Das norwegische Komitee würdigt damit die „führende Rolle“ der jungen Frau im „Kampf für die Frauenrechte und für die Demokratie und den Frieden im Jemen“.

Schon 2005 hatte Karman die Gruppe „Journalistinnen ohne Ketten“ gegründet. Als der arabische Frühling mit den Umsturzbewegungen in Ägypten und Tunesien begann, forderte Karman in SMS-Nachrichten zu Protesten auch im Jemen auf. Ende Januar wurde sie kurzzeitig festgenommen, im März schlug sie in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa auf dem Platz des Wandels ihr Zelt auf. Tausende junger Leute stehen in dem dortigen Protestcamp unter dem Schutz von Militärs, die dem umstrittenen Präsidenten Ali Abdallah Saleh den Rücken gekehrt haben.

Karman verbucht ihren Friedensnobelpreis als „Sieg der Revolution“ im Jemen und feiert die „Anerkennung der internationalen Gemeinschaft“ für diese Revolution. Vor Jahren verschleierte sie ihr Gesicht noch ganz, so wie die meisten Frauen im Jemen. Inzwischen trägt sie nur noch ein farbiges Kopftuch.

Karman wurde 1979 in der Provinz Taes im Süden des Landes geboren. Sie ist studierte Politikwissenschaftlerin und Mutter dreier Kinder. Einer ihrer größten persönlichen Erfolge besteht darin, dass sie auch ihren anfangs noch skeptischen Vater für den arabischen Frühling gewonnen hat.“

Reuters berichtet aus der islamischen Republik:

„Der Iran hat seinen Ton gegenüber der benachbarten Türkei verschärft. Die Regierung in Ankara müsse ihren politischen Kurs in der Region radikal verändern, ansonsten riskiere sie Auseinandersetzungen mit ihrem eigenen Volk und den Nachbarn, sagte ein hochrangiger Militärberater des geistlichen Führers Ajatollah Ali Chamenei am Samstag in einem Interview der halbstaatlichen Nachrichtenagentur Mehr. Dabei nannte er konkret die türkische Kritik an der Niederschlagung der Proteste in Syrien, die Unterstützung des Nato-Partners für ein Raketenabwehrschild der Militärallianz und das Werben von Ministerpräsident Tayyip Erdogan für eine Säkularisierung des Islam.“

Aus Israel meldet AFP:

„Nach dem Tod zweier israelischer Siedler, darunter ein 18 Monate altes Kind, durch Steinwürfe auf ihr Auto im Westjordanland haben israelische Sicherheitskräfte zwei verdächtige Palästinenser festgenommen. Nach Angaben aus israelischen Polizeikreisen vom Donnerstag gaben sie zu, den Wagen Ende September in der Nähe von Hebron mit Steinen beworfen und dadurch den Unfall verursacht zu haben, bei dem ein 25-Jähriger Israeli und sein Sohn getötet worden waren. Demnach stammen die beiden Palästinenser aus einem Dorf bei Hebron im Süden des Westjordanlands. Zudem wurden den Angaben zufolge drei weitere Palästinenser festgenommen, die nach dem Unfall eine Waffe aus dem Unglückswagen gestohlen haben sollen.

Nach dem Unfall hatte die israelische Polizei angegeben, der Vater sei vermutlich von einem Stein am Kopf getroffen worden und habe dann die Kontrolle über sein Auto verloren. Vater und Sohn stammten aus einer jüdischen Siedlung in der Nähe von Hebron. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu begrüßte die Festnahmen in einer Mitteilung. Darin beklagte er zugleich, dass sein Land Frieden anbiete, während von palästinensischer Seite weiterhin die Sicherheit von Israelis gefährdet werde.“

Ebenfalls aus Israel berichtet AP:

„Für Generationen war es das unverkennbare Zeichen für den höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur. Traditionell schwingen Ultraorthodoxe am Vorabend des Versöhnungstages lebende Hühner über dem Kopf, während sie beten. Anschließend werden die Tiere geschlachtet. Das Ritual symbolisiert die Reinigung der Seele von Sünden. Das Fleisch wird anschließend an Bedürftige gespendet. Seit mehr als 800 Jahren wird Kapparot (hebräisch für Sühne) so praktiziert, doch nun gerät das Ritual zunehmend in die Kritik – auch vonseiten ultraorthodoxer Rabbiner.

Mehrere Rabbiner sprechen sich gegen das Praktizieren des Kapparot mit Hühnern aus. Die grausame Behandlung der Tiere sei nicht mit den Regeln des Judentums vereinbar. „Man kann kein Gebot befolgen, indem man eine Sünde begeht“, sagt Rabbi Meir Hirsch, Mitglied der ultraorthodoxen Gruppe Neturei Karta. Die Schlachter lieferten die Hühner in der Nacht vor dem Feiertag in Plastikkäfigen an. „Sie stehen den ganzen Tag in der Sonne, ohne Futter und Wasser“, sagt der Rabbi. Ihr klägliches Geschrei habe ihn dazu gebracht, das Ritual kritisch zu sehen.

Bereits im 16. Jahrhundert bezeichnete Rabbi Josef Karo, einer der wichtigsten Verfasser jüdischer Vorschriften, das Schwingen von Hühnern als „albernen Brauch“. In der Tradition der sephardischen Juden wird das Kapparot seitdem ohne Hühner praktiziert. Gläubige schwingen stattdessen Säcke mit Münzen über ihre Köpfe. Anschließend wird das Geld gespendet. In der Tradition der Aschkenasim, der mittel- und osteuropäischen Juden, lebte die Tradition mit Hühnern jedoch fort.

Das Spenden von Geld als Alternative zu Hühnern setze sich als Trend in Israel und auf der ganzen Welt durch, sagt Menachem Friedman, Experte für die jüdische Religionsgemeinschaft. „Es ist inzwischen verbreitet, für das Kapparot Geld in die Synagoge mitzubringen. Jeder wählt dann die Organisation aus, an die er es spenden möchte.“ Die Mehrheit der ultraorthodoxen Juden würde aber weiterhin Hühner verwenden.“

AFP meldet aus Israel:

Aus Anlass des jüdischen Jom-Kippur-Festes hat die israelische Armee das Westjordanland und den Gazastreifen abgeriegelt. Sämtliche Übergänge zwischen Israel und den Palästinensergebieten wurden in der Nacht zum Freitag abgesperrt, wie die Armeeführung mitteilte. Die Absperrung sollte bis Samstagabend in Kraft bleiben, Ausnahmen sollten nur bei dringenden medizinischen Notfällen gemacht werden. Das Jom-Kippur- oder Versöhnungsfest gehört zu den höchsten jüdischen Feiertagen. Zu dem Fest kommen Flugverkehr und öffentliche Transporte zum Erliegen, Rundfunk- und Fernsehprogramme werden unterbrochen.

Aus dem Iran berichtet dpa:

„Trotz Internetzensur nutzen mindestens 17 Millionen Iraner das Netzwerk Facebook. Das teilte ein Sprecher der Revolutionswächter am Donnerstag nach Angaben von staatlichen Medien mit. Alle Bemühungen der Regierung, den freien Informationsaustausch in der Cyber-Welt zu kontrollieren, seien gescheitert, gab der Sprecher zu.

Im Iran sind Berichten zufolge mehr als fünf Millionen Seiten im Internet gesperrt. Als Teil der strengen Internetkontrollen hat das Regime in den vergangenen Jahren Filter eingerichtet. Seit kurzem gibt es eine „Cyber-Polizei“, um die Internetaktivitäten der Menschen noch strenger zu überwachen.“

Aus Pakistan berichtet AFP:

Bewaffnete Angreifer haben im Südwesten Pakistans einen Bus beschossen und dabei mindestens 13 Menschen getötet. Zudem seien bei dem Angriff nahe der Stadt Quetta in der Provinz Baluchistan am Dienstag drei Menschen verletzt worden, teilte die Polizei mit. Bei den Opfern handle es sich fast ausschließlich um Schiiten.

Vier bewaffnete Angreifer auf zwei Motorrädern hätten das Feuer auf den Bus eröffnet, der in Richtung Quetta unterwegs gewesen sei, teilte die Polizei mit. Das pakistanische Fernsehen zeigte Bilder des in Flammen stehenden Busses, rings um das Fahrzeug lagen Koffer verstreut, riesige Blutlachen waren zu sehen. Zwölf der Opfer seien Angehörige der schiitischen Hasara-Minderheit und ein Toter sei Paschtune gewesen, sagte ein Polizeivertreter.

Nach der Tat, zu der sich zunächst niemand bekannte, demonstrierten laut Polizei rund 400 Angehörige der Hasara-Minderheit vor dem Krankenhaus, in das die Verletzten des Angriffs gebracht wurden. Sie kritisierten die pakistanische Regierung und warfen ihr vor, ihre Minderheit nicht zu beschützen. Ähnliche Vorwürfe hatten in der Vergangenheit wiederholt Menschenrechtsgruppen erhoben.

In Baluchistan kommt es immer wieder zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen sunnitischen und schiitischen Muslimen. Nach Behördenangaben sind meist Schiiten das Ziel von Anschlägen durch sunnitische Aufständische. Der Anteil der Schiiten an der pakistanischen Bevölkerung beträgt etwa 20 Prozent.

Aus New York berichten alle konservativen Blätter mehr als wohlwollend über die „Tahrirplatz“-Aktivitäten der Demonstranten an der Wall Street. Die taz schreibt heute:

Jetzt ist auch in Washington ein Platz besetzt. Die „Occupy Wall Street“-Aktivisten und die Antikriegsbewegung reichen sich die Hände.

Aus Madrid berichtet die Süddeutsche Zeitung:

Die Bilder, die Steinzeitmenschen vor mehr als 14.000 Jahren an die Wände der Altamira-Höhle gemalt haben, sind durch Touristen bedroht. Trotzdem wollen Lokalpolitiker die Höhle wieder für den Publikumsverkehr öffnen.

Sie gilt als die Sixtinische Kapelle der Altsteinzeit. Mit sicherem Strich malten Menschen vor mehr als 14.000 Jahren dort Hirschkühe, Pferde, Wildschweine und immer wieder Bisons an die Wände.

Aus Athen meldete dpa gestern:

Aus Protest gegen geplante Massenentlassungen haben am Mittwoch tausende Beschäftigte im Staatsdienst das öffentliche Leben in Griechenland weitgehend lahmgelegt. Im Flugverkehr ging wegen eines Fluglotsenstreiks nichts mehr, sämtliche Flüge von und nach Griechenland wurden abgesagt. Da die Fluglinien die meisten ihrer Kunden rechtzeitig informiert hatten, strandeten aber nur wenige Touristen. Die Fluglotsen wollten ihren eintägigen Streik um 24.00 Uhr beenden.

Seit Mitternacht fuhr auch kein Zug mehr. Die Busfahrer in Athen legten um 09.00 Uhr für drei Stunden die Arbeit nieder, ein weiterer dreistündiger Ausstand war für den Abend ab 21.00 Uhr geplant. Taxis und die zwei wichtigsten U-Bahnlinien in Athen fuhren dagegen normal. Ministerien, staatliche Unternehmen und Schulen wurden ebenfalls für 24 Stunden bestreikt. Ärzte in staatlichen Krankenhäusern behandelten nur Notfälle. Auch im staatlichen Fernsehen gab es kein Programm sondern nur Dokumentarfilme. Im staatlichen Rundfunk nur Musik. Auch die staatliche Nachrichtenagentur ANA sendete keine Nachrichten.

Um die Mittagszeit versammelten sich in Athen nach Polizeiangaben etwa 10 000 Demonstranten. Die Gewerkschaften dagegen schätzten die Teilnehmerzahl auf mehr als 20 000. „Es reicht. Wir können nicht mehr“, und „Tag des Zorns“ hieß es auf Transparenten.

Die Polizei hatte aus Angst vor Ausschreitungen starke Einheiten im Zentrum Athens zusammengezogen. Eine Gruppe von rund 300 Links-Autonomen bewarf die Polizei mit Steinen, die Sicherheitskräfte setzen Blendgranaten und Tränengas ein, um die Randalierer auseinander zu treiben. Mehrere Demonstranten wurden festgenommen. Angaben über Verletzte gab es zunächst nicht. Augenzeugen berichteten von mindestens drei Menschen, die leicht verletzt wurden, darunter auch eine Fotografin einer Nachrichtenagentur.

Demonstrationen gab es auch in anderen Städten des Landes. Diese verliefen friedlich, wie das Fernsehen berichtete. In der nordgriechischen Hafenstadt Thessaloniki gingen rund 4000 Menschen auf die Straße. In der südgriechischen Hafenstadt Kalamata und der Hafenstadt Patras im Westen des Landes blockieren nach Augenzeugenberichten Beschäftigte bei der Müllabfuhr mit ihren Lastwagen die zentralen Straßen mehr als drei Stunden lang.

Die arabischen Aufstände begannen jeweils mit einem „Tag des Zorns“ – den auch die Christen kennen: „dies irae“:

„Anfang eines mittelalterlichen Hymnus vom Jüngsten Gericht, der bis 1970 in der römischen Liturgie als Sequenz der Totenmesse  gesungen wurde. Er fand ab dem 14.Jhd. Eingang in das Requiem, und wurde durch das Konzil zu Trient (1545–1563) als fester Bestandteil der Totenmesse bestätigt. Heute kann er – bei Gebrauch älterer Stundenbücher – in der letzten Woche des Liturgischen Jahres  und an Allerseelen „ad libitum“ im Stundengebet gesungen werden.“ (Wikipedia)

Die arabischen „Tage des Zorns“ waren solche der Aufständischen gegen ihre Regime, die palästinensische Hamas drehte kürzlich diesen Zorn gegen sich um – und gegen Israel. Im Taschenbuchverlag erschien der Roman „Tanzende Araber“ des israelischen Palästinensers Sayed Kashua. Er ist von einer schwebenden Ironie getragen, die sich seiner schwebenden Identität und einer daraus resultierenden Schonungslosigkeit verdankt. Das deutsche Feuilleton war von Kashuas großartiger „Selbstdarstellung“ nicht begeistert.

Ich las das Buch in der U2 von Pankow nach Mitte. Der Ich-Erzähler, in Jerusalem lebend, wird derart oft von jüdischen Mitschülern, von Polizisten und Militärs angemacht und gedemütigt, dass er nur noch eins will: Jude sein: „Früher sah man mir an, dass ich ein Araber bin. Man erkannte mich sofort, und daraufhin wurde ich zu einem Experten der Identitätsfälschung.“ Die Entscheidung dazu fiel, als Soldaten einen Bus kontrollierten und ihn zum Aussteigen aufforderten: „Wie habe ich geweint, nie hatte ich mich so erniedrigt gefühlt.“ Es gelingt ihm zwar, sich weitgehend zu entarabisieren, aber dann heiratet er eine Araberin, die dunkelhäutig ist – und wieder muß er bei jeder Kontrolle zittern, wenn sie dabei ist. „Bisweilen denke ich daran, zum Judentum überzutreten, und dann glaube ich wieder, ich müsste mich selbst in die Luft sprengen oder die Soldaten an der Kreuzung Ra’anana überfahren.“

Als ich im Bahnhof Alexanderplatz ausstieg und die Treppe zur U5 runter ging, glaubte ich, noch im Roman zu sein: Es liefen Polizisten mit schußsicheren Westen herum und einige hatten einen Araber an die Wand gestellt: ein Kind noch, es war höchstens 16, seine zwei  Kumpel, die noch jünger waren, standen aschfahl daneben und kuckten, was passiert. „Wir sind hier doch nicht in Jerusalem?“ sagte ich entsetzt zu einer blonden Polizistin, die mich jedoch keines Blickes würdigte, weil sie hektisch versuchte, einen Funkkontakt mit ihrer Einsatzzentrale zu bekommen, derweil ihr Kollege dem Araber nervös befahl: „Beine breit! Noch breiter“

Zwei Wochen zuvor war mir bereits auf dem Alex eine Gruppe Polizisten entgegengekommen, die sich ebenfalls einen Araber geschnappt hatten. Er war so jung und klein gewesen, dass ich ihn inmitten der uniformierten und abgepanzerten Muskelprotze erst gar nicht gesehen hatte. Sie brachten ihn wie einen kostbaren Fang in ihren Mannschaftswagen. Und ein paar Tage zuvor war ich nachts mit dem Taxi von der Kreuzbergstrasse zum Görlitzer Bahnhof gefahren, dabei war ich vier Mal (!) an Polizisten vorbeigekommen, die zwei oder drei Türken bzw. Araber an die Wand bzw. an deren  Auto gestellt hatten – und ihre Ausweise kontrollierten. „Ich kann das gar nicht mit ansehen,“ hatte der Taxifahrer, ein Sudanese, gemeint, „die haben es echt auf die abgesehen. Aber wir – Afrikaner – haben es auch nicht leicht in Deutschland,“ sagte er gequält lachend.

Ich fand es insbesondere schlimm, dass diesen Staatsorganen in ihrer Blödheit  nichts anderes einfällt, als sich immer mehr zu amerikanisieren: Vor der „deutschen Einheit“ gab es das An-die-Wand- stellen-und-Beine-breit-machen nicht, ebensowenig das Mit-Plastikhandschellen-Fesseln und Mit-Gummihandschuhen-Filzen. Und die Uniformen dieser zunehmend nur noch bodygebildeten Beamte mit Spatzenhirn waren auch noch nicht von New Yorker „Cops“ modemäßig inspiriert worden. Sie kuckten damals alle „Derrick“ oder „Der Alte“, während sie sich heute nur noch idiotische US-Bullenserien wie „CSI New York“, „Homicide“ und „The Wire“ reinziehen. Intelligenzmäßig unterscheiden sie sich in Nichts mehr von den Türstehern an den Clubs, die  ebenfalls bloß noch „Schwarzköpfe“ (Türken und Araber) im Visier haben. Die Justiz ist jedoch auch nicht besser: Ein angehender Berliner Richter erzählte mir, dass die Mehrzahl seiner Akten Muslime betrifft. Ähnliches berichtete der holländische Autor Geert Mak – aus seiner Lokalredakteurszeit: „Als ich zum ersten Mal das Verzeichnis der Gerichtsverfahren sah, erschrak ich zu Tode: Die Liste stand voll junger Alis und Ahmeds.“ Gleichzeitig beklagen sich die staatstragenden Medien über „das offiziöse Herunterreden von Migranten-Kriminalität“ (FAZ) und dass die muslimische Bevölkerung die meisten „Streitfälle“ nicht vor Gericht austrägt, sondern mit Hilfe von Mullahs oder anderen Autoritäten unter sich. Das Problem liegt eindeutig bei den staatlichen Organen: Wenn man eine bestimmte Bevölkerungsgruppe unter genaue Beobachtung stellt, dann findet man immer was – und zwar massenhaft. Überwacht z.B. nur die taz genau – über kurz oder lang werden sämtliche Mitarbeiter vor Gericht landen und mit Strafen überzogen sein!

Aber es bleibt bei den islamischen Minderheiten: Am Herrmannplatz werden zwei junge Araber von drei BVG-Kontrolleuren gebeten, ihre Fahrscheine zu zeigen, Sie sagen, sie wollen gar nicht mit der U-Bahn fahren, sondern warten dort nur auf jemanden. Das Gespräch wird sofort aggressiv, einer der Kontrolleure ruft telefonisch die Polizei – und schwuppdiwupp liegen die zwei Araber schon gefesselt auf er Erde, wo sie liegen bleiben müssen bis der Mannschaftswagen kommt, der sie abtransportiert.

Am Wochenende war die Innenstadt voller Amüsierpöbel, betrunkene Jungmänner, die sich betranken und gröhlten, im Bahnhof Alexanderplatz rief eine Gruppe dieser deutschen Drecksäcke einem Araber irgendwas Ehrabschneidendes hinterher. Der drehte sich um und rief ebenfalls irgendwas. Dann ging er auf eine Gruppe von drei Polizisten und drei BVG-Kontrolleuren zu, die am Rand der großen Halle standen, um sich bei ihnen über die deutschen Drecksäcke zu beschweren. Diese kamen daraufhin angelaufen und redeten ebenfalls auf die Polizisten und Kontrolleure ein. Der Araber machte schließlich seinen Oberkörper frei – er war sehr muskulös, und deutete damit an, dass er bereit sei, sich zu schlagen. Und dann ging es auch schon los. Von allen Seiten rannte Amüsierpöbel darauf zu – „Ej, da ist was los, die prügeln sich da mit einem Araber!“ Als ich ins Freie trat hörte ich schon Polizeisirenen von allen Seiten sich dem Alex-Event nähern. Man sollte diesen Ostberliner Hotspot des deutschen Dreckgesindels Sarrazin-Platz nennen.

Die Journalistin Lilli Brand berichtete aus Westberlin:

Dass es die Polizei in Berlin zunehmend auf terroristisch aussehende Ausländer abgesehen hat, dürfte selbst der Blindeste inzwischen gemerkt haben. Sogar die Polizeiwerbeanzeigen selbst, mit denen die Behörde zum Beispiel V-Leute sucht, bestätigen das, indem sie mit der Sachleistung „eine Ausrüstung mit szenetypischen Accessoires wird gestellt“ immer den Kanak-Chic meinen. In der Mittenwalder Straße mieteten die derart getürkten Polizisten unlängst eine ganze Parterrewohnung an, um von dort aus eine kurdische Jugendgang, die an der Kreuzung herumlungerte, zu überwachen. Und am Kottbusser Damm laufen die staatlichen Fake-Drogendealer allesamt als pseudoarabischen Hiphoper verkleidet herum. Während sie im Presse-Café am Zoo als Istanbuler Junkies verkleidet herumsitzen – um von dort aus am U-Bahn-Eingang zuzuschlagen.

Dass sie unten in der U-Bahn einen eigenen Folterraum haben, wo sie die Festgenommenen „vernehmen“, wurde unlängst von einem Polizisten, der es wissen musste, persönlich in der taz bestritten. Inzwischen wissen wir aber, dass dort die männlichen Beamten zumindest gern weibliche Verdächtige „durchsuchen“. Am Dienstag kam es auf dem Wochenmarkt vor der Weddinger Nazarethkirche zu einem Polizeieinsatz. Zwei betrunkene junge Araber und ein Osteuropäer hatten am Stand des Korbflechters Stephan erst rumgepöbelt und dann einen von ihm gebauten kleinen Kinderwagen in Richtung Nazarethkirche geworfen, wobei sie eine Frau fast an den Kopf getroffen hätten. Diese rief daraufhin die Polizei. Zuerst versuchten die fünf herbeigeeilten Polizisten, den Kinderwagenwerfer zu beruhigen. Als der aber nicht aufhörte, sie zu beschimpfen, sprühten sie ihm kurzerhand Tränengas ins Gesicht. Er war sofort k. o. und fiel um. Im Fallen verletzte er sich an den Händen. Sofort stürzten sich zwei Polizisten auf ihn und legten ihm moderne Handschellen an. Als der Gefesselte aufzustehen versuchte, brüllte einer der Polizisten: „Liegen bleiben!“, und riss ihn an den Haaren wieder zu Boden. Dabei verletzte sich der Festgenommene auch noch am Kopf.

Seine beiden arabischen Kumpel protestierten die ganze Zeit gegen diese „Bullenbrutalität“. Besonders einer echauffierte sich derart, dass er schließlich einen der Beamten einen „blonden Nazi“ nannte. Der Beschimpfte geriet darüber völlig außer Rand und Band – und nahm sofort Alex‘ Personalien auf, um ihn wegen schwerer Beamtenbeleidigung zu belangen. Alex nahm es jedoch gelassen: „Meine Mutter ist Anwältin, meinte er, und zu den Polizisten gewandt: „Nicht wir, sondern ihr solltet hinter Gitter!“ Während dieses Vorfalls sammelten sich immer mehr Passanten drum herum. Viele waren anschließend der Meinung, dass die Polizei seit dem neuen Ausländergesetz immer brutaler gegen Ausländer vorgehe: „Sie versucht die immer mehr in die Enge zu treiben“, so sagte es einer. Ein anderer behauptete hingegen, dass die Ausländer hier im Vergleich zu anderen Ländern noch viel zu gut behandelt würden. So ähnlich sah das auch der betroffene Korbflechter Stephan.

Der evangelische Pressedienst meldet:

Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Nikolaus Schneider, hat an die Gemeinden seiner Landeskirche appelliert, sich noch mehr im christlich-muslimischen Dialog zu engagieren. „Integration fällt nicht vom Himmel, sondern ist mühsame Arbeit“, sagte Schneider am Donnerstag in Düsseldorf, wo er das Buch „Es geht doch!“ mit Beispielen christlich-islamischer Zusammenarbeit im Rheinland vorstellte. Die darin beschriebenen Projekte aus nordrhein-westfälischen Städten zeigten, dass Christen und Muslime die Gesellschaft gemeinsam gestalten könnten.

„Wir brauchen Austausch und Begegnung, um Vorurteile und Falschurteile zu überwinden“, sagte Schneider, der auch Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist. Seit 50 Jahren lebten Muslime in Deutschland, „doch wir realisieren erst seit kurzer Zeit, dass sie bleiben, und dass es jetzt Deutsche muslimischen Glaubens gibt“. Die Muslime in Deutschland seien zu einer gesellschaftlichen Größe geworden, die auch an der gesellschaftlichen Verantwortung beteiligt werden müssten. „Wir können die Zukunft nur gemeinsam meistern.“

Photo: palaestina-portal.eu

Diese Krippe aus Olivenholz (15 x 15 cm) wird von Claire Anastas in Bethlehem hergestellt und verkauft. Ihr Souvenirladen befand sich an einer Hauptstraße – bis die israelische Regierung dort ihre Mauer errichtete. Das Haus der christlichen Palästinenserin befindet sich seitdem an drei Seiten von einer acht Meter hohen Mauer umgeben in einer Sackgasse. Aus Protest integrierte Claire Anastas daraufhin eine Mauer in die Bethlehem-Krippen („Nativity scene“ in ihrem Online-Store genannt). Als Souvenir eignet es sich auch für Mauertouristen in Berlin und Mexiko. Das „Mauer“-Segment vor der Krippe ist abnehmbar (www.anastas-bethlehem.com) .

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