vonHelmut Höge 07.07.2011

taz Blogs


Willkommen auf der Blogplattform der taz-Community!

Mehr über diesen Blog

„Arabia felix“. Photo: inspiratiesite.n

Ein Potpourri der Guten Laune

Neben den „Wüstenfüchen“ reanimiert die bundesdeutsche Presse nun auch gerne noch die „Wüstenfestung“ – zur Charakterisierung der letzten wüsten arabischen Schweineregime, die sich weigern, von den „Rebellen“ verjagt zu werden – und  sogar die Frechheit besitzen, zu ihrer Verteidigung Panzer aus Deutschland kommen zu lassen. Arabische Kommentatoren erinnert die Zustimmung der friedliebenden Bundesregierung zu diesem „mörderischen Deal mit den Wahabiten“ an Lenins Satz: „Die Kapitalisten sind so geldgierig, das sie uns sogar den Strick verkaufen, an dem wir sie eines Tages aufhängen werden!“

Weil noch immer „aus fast allen Ländern zwischen dem Maghreb und dem Persischen Golf Demonstrationen gemeldet werden“, sprach die FAZ kürzlich bereits von einer „permanenten Revolution“ (Trotzky). Wenn es stimmt, was Albert Camus behauptet, dass die Revolte die Bedingung der Möglichkeit einer Existenz ist: „Ich revoltiere, also sind wir“ – dann ist der Trotzkysche Revolutionsbegriff bloß die logische Konsequenz aus dem französischen Existentialismus. Und diese wird von der FAZ dann auch begrüßt: „Dort, wo die arabische Revolution begonnen hat, ist eine Entwicklung zum Positiven zu bemerken,“ heißt es in dem Artikel. Die Junge Welt sieht dagegen vor allem die Entwicklung zum Negativen: dass das Kapital und seine westlichen Regierungen stetig an Einfluß im Nahen Osten gewinnen. Aber vielleicht ist es genau das, was die FAZ auf der anderen Seite (der Elbe) so optimistisch macht.

Der Kurdologe M.M. van Bruinessen gibt den „Modernisierern“ am Ende seiner großartigen Feldforschung über die kurdischen Stämme „Agha, Scheich und Staat – Politik und Gesellschaft Kurdistans“ zu bedenken:

„Sowohl nationalistische als auch sozialistische Revolutionäre sollten sich dessen bewußt sein, daß es weder ausreicht, ursprüngliche Loyalitäten zu zerschlagen, noch befriedigen kann, wenn Nationen- und Klassenloyalitäten nur bei einer Gelegenheit bekundet werden; eine ‚permanente Revolution‘ scheint erforderlich zu sein.“

ap: Der Saudi-Arabien-Experte der Stiftung Wissenschaft und Politik, Guido Steinberg, hat angesichts der aktuellen Debatte vor dem Einsatz von „Leopard-II“-Panzern zur Aufstandsbekämpfung im Inneren Saudi-Arabiens gewarnt. Militärisch könnten die Saudis „die Panzer gar nicht nutzen, weil sie zu wenig qualifizierte und motivierte Soldaten haben“, sagte er der in Halle erscheinenden „Mitteldeutschen Zeitung“.

„Es geht Saudi-Arabien hauptsächlich darum, Beziehungen zu pflegen, um Interesse am eigenen Fortbestand zu sichern.“ Außerdem fühle sich das Königreich „durch den Iran in seiner Existenz bedroht“. Steinberg fügte allerdings hinzu: „Das Problem ist, dass man die Panzer zur Aufstandsbekämpfung etwa gegen oppositionelle Schiiten im Osten des Landes einsetzen kann.“

dpa: Aktivisten der Initiative Campact haben am Mittwoch vor dem Reichstagsgebäude in Berlin gegen den geplanten Export von Kampfpanzern nach Saudi-Arabien protestiert. Im Bundestag war das umstrittene Geschäft zur gleichen Zeit Thema in der Fragestunde des Parlaments. Auf den menschengroßen schwarzen Pappen mit dem Umriss eines Panzers standen die Namen verschiedener Städte, etwa Ost-Berlin, Prag, Peking und Damaskus. „Immer wieder wurden in den vergangenen Jahrzehnten Demokratiebewegungen mit Panzern niedergewalzt. Merkel und Westerwelle müssen verhindern, dass so etwas in Riad passiert“, heißt es in einer Mitteilung von Campact. Der Verein organisiert seine politischen Kampagnen via Internet.

ap: Libyen hat der NATO vorgeworfen, mit verstärkten Luftangriffen einen Vormarsch der Rebellen auf die Hauptstadt Tripolis vorzubereiten. Angeblich sollen kolumbianische Sympathisanten als Mitkämpfer zu den libyschen Rebellen gestoßen sein.

Die Rebellen übernahmen am Mittwoch die Kontrolle über die Städte Kawalisch und Kikla im Nafussa-Gebirge, wie ein Mitglied eines örtlichen Militärrates mitteilte.  Die libysche Regierung kündigte an, mehrere Rebellenführer wegen Hochverrats vor Gericht zu stellen. 21 Vertreter der Aufständischen im Osten des Landes, darunter auch der Vorsitzende des Nationalen Übergangsrats, Mustafa Abdul Dschalil, sollten angeklagt werden, sagte der mit dem Fall beauftragte Richter Chalifa Isa Chalifa am Mittwoch.

afp: In der nordsyrischen Stadt Hama sind nach Angaben einer Nichtregierungsorganisation mindestens 22 Zivilisten von Sicherheitskräften getötet worden. Mehr als 80 Menschen seien zudem verletzt worden, einige davon schwer, erklärte der Chef der syrischen Menschenrechtsorganisation, Ammar Kurabi, am Mittwoch. Die Verletzten seien in zwei Krankenhäuser gebracht worden. Die Sicherheitskräfte seien in eines der Krankenhäuser eingedrungen, erklärte Kurabi, ohne weitere Details zu nennen.  Die Sicherheitslage habe sich in Hama weiter verschlechtert, zudem gebe es weiterhin Hausdurchsuchungen, Ermordungen und Festnahmen durch die syrischen Sicherheitskräfte, sagte der Aktivist. Die Menschen seien in großer Zahl aus der 800.000 Einwohner zählenden Stadt in Richtung des nahegelegenen El Salamja und in Richtung der Hauptstadt Damaskus geflohen. Die Armee bewacht nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten mit Panzern fast alle Zufahrten nach Hama.  In Hama wurden 1982 bei der gewaltsamen Niederschlagung eines Aufstands der Muslimbrüder durch den damaligen Präsidenten Hafis el Assad, dem Vater des heutigen Staatschefs, bis zu 20.000 Menschen getötet. Die Stadt am Orontes-Fluss ist daher in Syrien bis heute von besonderer politischer Bedeutung. Wegen ihrer Geschichte war es nach dem Beginn der Proteste gegen Staatschef Assad Mitte März in der Stadt lange ruhig geblieben. Seit mehreren Wochen kommt es aber auch hier regelmäßig zu Protesten.

ap: Bei Gefechten zwischen islamischen Kämpfern und jemenitischen Sicherheitskräften sind im Jemen acht Menschen getötet worden. Das Verteidigungsministerium teilte am Donnerstag in Sanaa mit, bei den Kämpfen am Mittwoch nach Sindschibar seien sieben Kämpfer getötet worden. Aus Medizinerkreisen verlautete, es sei auch ein Soldat getötet worden. Bei Taiz seien zwei weitere Soldaten getötet worden. Militante islamische Gruppen, von denen einige auch Verbindungen zum Terrornetzwerk Al-Kaida haben sollen, brachten kürzlich Sindschibar und andere südliche Gebiete unter ihre Kontrolle.

ap: Bei Bombenanschlägen im Irak – nördlich von Bagdad – sind am Dienstag  mindestens 37 Menschen getötet und 54 weitere verletzt worden. Aufständische hätten nahe des Gebäudes der Stadtverwaltung von Tadschi, 20 Kilometer nördlich von Bagdad, eine Autobombe gezündet, teilte die Polizei mit. Als sich Zivilisten und Sicherheitskräfte versammelten, um den Opfern der ersten Explosion zu helfen, sei ein zweiter am Straßenrand versteckter Sprengsatz detoniert.

Nach den Anschlägen im vorwiegend von Sunniten bewohnten Tadschi warfen sunnitische Politiker den Sicherheitskräften vor, nicht genug gegen Anschläge zu tun. Vizepräsident Tarik al Haschemi, ebenfalls ein Sunnit, rief den schiitischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki auf, die Posten des Innen- und Verteidigungsministers zu besetzen. Wegen Streitigkeiten über die Parteizugehörigkeit der Kandidaten sind die Stellen seit über sechs Monaten vakant.

Dem Anschlag ging eine Serie von Angriffen auf Polizisten und Soldaten voraus, bei denen in den vergangenen Tagen mindestens zehn Personen getötet wurden. Nach Angaben der US-Streitkräfte finden im Irak durchschnittlich weiter 14 Angriffe pro Tag statt.

Bei einem Raketenangriff auf die stark gesicherte Grüne Zone in Bagdad sind nach Behördenangaben vier Iraker getötet worden. Extremisten hätten am späten Montagabend eine Katjuscha-Rakete abgefeuert, während die Amerikaner in der US-Botschaft den Unabhängigkeitstag gefeiert hätten, sagte ein Polizist. Die Rakete habe eine Wohnanlage für Arbeiter getroffen, sagte der Beamte. Zehn weitere Personen wurden verletzt. Der Arzt eines nahegelegenen Krankenhauses bestätigte die Opferzahlen.

dpa: Der Iran hat bei Manövern am Mittwoch zwei neue Kurzstreckenraketen getestet, die angeblich von Radargeräten nur schwer zu erfassen sind. Die vom Iran entwickelten Raketen „Tondar“ und „Persischer Golf“ wurden erfolgreich während des Manövers „Prophet 6“ der Revolutionsgarden getestet. Dies berichtete die Nachrichtenagentur Fars.  Die Fateh-110 wurde als mobile Kurzsstreckenrakete beschrieben. Im Oktober hatte das iranische Verteidigungsministerium den Angaben zufolge Modelle der dritten Generation an die Revolutionsgarden geliefert. Nun sind Tests mit weiter entwickelten Raketen der vierten Generation geplant.  Der Westen hatte sich zuletzt besorgt über die iranische Schahab-3-Langstreckenrakete gezeigt. Mit einer Reichweite von bis zu 2000 Kilometern kann sie Siedlungen in Israel oder US-Stützpunkte in Afghanistan erreichen. Auch diese Rakete war vor wenigen Tagen beim Manöver „Prophet 6“ getestet worden.

epd: Etwa 70.000 Ordnungskräfte sind der staatlichen iranischen Nachrichtenagentur IRNA zufolge allein in der Hauptstadt Teheran auf der Suche nach Modesündern ausgerückt. Mit den Sommertemperaturen wandern in Teheran auch die Ärmel der modebewussten Iranerinnen nach oben. Doch um unbedeckten Unterarmen und zu locker getragenen Kopftüchern Einhalt zu gebieten, ist Irans Sittenpolizei wieder unterwegs. Allerdings werden in diesem Jahr auch die Männer kontrolliert. Schmuck und westliche Frisuren stehen ebenso auf dem Index wie westliche Tattoos.

Seit den Massendemonstrationen gegen die Wahl im Sommer 2009 kümmern sich die Sittenwächter verstärkt auch um das Aussehen junger Männer. Im vergangenen Jahr übergab eine Modeüberwachungsorganisation dem Kulturministerium eine Aufstellung erwünschter Haarschnitte, um die „Invasion der westlichen Kultur“ einzudämmen. Pferdeschwanz, Spikes – zu Stacheln geformte Haarbüschel – oder fransige Justin-Bieber-Frisuren sind nicht vorgesehen. Auch Halsketten für Männer gelten als „unislamisch“ und sind verboten.

Reuters: Bis zu 600 Kämpfer aus Afghanistan haben der Polizei zufolge am Mittwoch zwei pakistanische Grenzdörfer im Nordwesten angegriffen und sich stundenlange Gefechte mit Soldaten geliefert. Den Eindringlingen hätten sich auch regierungstreue Stammesmilizen entgegengestellt, von denen vier verletzt worden seien.  Innerhalb eines Monats sind nach pakistanischen Angaben mehr als 55 Soldaten bei Angriffen aus Afghanistan heraus getötet worden. Nach Darstellung des US-Verbündeten sind viele Taliban-Kämpfer in Afghanistan untergekommen. Am Montag hatte die Armee bekanntgegeben, in einer anderen Grenzregion mit Luft- und Bodentruppen Stellungen von Kämpfern angegriffen zu haben.

afp: Bei einem US-Drohnenangriff sind am Dienstag in den pakistanischen Stammesgebieten an der Grenze zu Afghanistan mindestens vier mutmaßliche Aufständische getötet worden. Die Drohne habe zwei Raketen auf ein Gästehaus in Mir Ali in Nord-Waziristan abgefeuert, erklärten örtliche Vertreter der Sicherheitskräfte. Das Haus in der rund 25 Kilometer östlich der Bezirkshauptstadt Miranshah gelegenen Ortschaft sei völlig zerstört worden.  Mindestens vier Aufständische seien getötet und fünf weitere verletzt worden, sagte einer der Sicherheitsvertreter. Ein anderer Vertreter der Sicherheitskräfte sprach dagegen von mindestens sechs Toten. Beiden Angaben zufolge waren auch ausländische Kämpfer unter den Opfern. Das Haus befand sich demnach rund 200 Meter vom Basar von Mir Ali entfernt.

ap: Eine mit dem (christlichen) südsudanesischen Militär verbündete Einheit hat Informationen der Nachrichtenagentur AP zufolge wenige Tage vor der für Samstag geplanten Unabhängigkeitserklärung des Südsudans eine Stadt im Norden des Landes erobert. Ein Video, das der AP am Montag vorlag, zeigt, wie die Kämpfer am vergangenen Freitag die Vertreibung der (islamischen) nordsudanesischen Kräfte aus der Stadt El Hamra im zum Nordsudan gehörenden Staat Südkordofan feierten.  Ob sich die Stadt noch immer in der Hand der zum Volk der Nuba gehörenden Kämpfer befindet, war zunächst unklar. In den vergangenen Wochen kam es immer wieder zu gewaltsamen Auseinandersetzungen, die die Angst vor einem erneuten Ausbruch des Konflikts schürten.

ap: Hunderte Ägypter haben am Mittwoch die Zentrale der Sicherheitskräfte in Suez mit Steinen beworfen und damit ihrem Ärger über die Freilassung von sieben Polizisten Luft gemacht. Den Beamten wird vorgeworfen, während der Unruhen zu Jahresbeginn 17 Demonstranten getötet zu haben. Ein Gericht in Suez lehnte am Mittwoch die Berufung gegen das Urteil eines Kairoer Gerichts ab, das am Montag die Freilassung der Polizisten gegen Kaution verfügt hatte. Bereits danach kam es zu schweren Ausschreitungen.  Für viele Ägypter ist der nachsichtige Umgang der Gerichte mit Polizisten und Exfunktionäre ein Zeichen dafür, dass die neuen Herrscher aus den Reihen des Militärs nicht gewillt sind, die für den Tod von fast 900 Demonstranten verantwortlichen Personen zur Rechenschaft zu ziehen.

Seit der Entscheidung des Kairoer Gerichts am Montag und den folgenden Auseinandersetzungen protestieren auf einem Platz in Suez hunderte Menschen mit einem Sitzstreik gegen die Entscheidung. Dieser werde so lange aufrechterhalten, bis sie Genugtuung hätten, verkündet ein aufgestelltes Schild.

dpa: Ägypten steuert auf eine neue Protestwelle zu. Die Jugendbewegung und die Muslimbruderschaft haben für diesen Freitag zu Massenkundgebungen aufgerufen. Sie wollen gegen die aus ihrer Sicht zu lasche Strafverfolgung brutaler Polizeioffiziere und korrupter Ex-Politiker protestieren.

Der Nachrichtensender Al-Arabija berichtete vor den geplanten Demonstrationen, Innenminister Mansur al-Issawi wolle Hunderte Beamte und Offiziere in den vorzeitigen Ruhestand schicken. Sie stünden im Verdacht, an der Niederschlagung von Demonstrationen während der Revolution am 25. Januar beteiligt gewesen zu sein. Einzelheiten zu diesen „größten Veränderungen in der Geschichte des Ministeriums“ wolle er in einer Woche bekanntgeben.

afp: Der tunesischen Tourismusbranche steht das schlimmste Jahr seit ihren Anfängen in der 50er Jahren bevor. Seit Jahresbeginn seien bereits 3000 Stellen gestrichen worden, sagte der Chef der tunesischen Tourismusbehörde (ONTT), Habib Ammar, am Dienstag in Tunis. Im ersten Halbjahr 2011 habe die gesamte Branche rote Zahlen geschrieben. Grund ist, dass die Touristen seit den Unruhen in Tunesien zu Jahresbeginn und der Flucht des langjährigen Präsidenten Zine El Abidine Ben Ali das Land als Urlaubsziel meiden. Die Zahl der Touristen sei um 39 Prozent gesunken, sagte Ammar.

afp: Ein UN-Bericht hat der israelischen Armee unverhältnismäßige Gewalt bei ihrem Vorgehen gegen Proteste am Jahrestag der palästinensischen „Nakba“ (Katastrophe) vorgeworfen. Die Soldaten hätten am 15. Mai an der Grenze zum Libanon „das Feuer mit scharfer Munition direkt auf unbewaffnete Demonstranten“ eröffnet, zitierte die israelische Zeitung „Haaretz“ am Mittwoch aus dem ihr vorliegenden Bericht. Dies hätte nicht „im Verhältnis zur Bedrohung der Soldaten“ gestanden.

ap: Die israelische Regierung hat zusätzliche Polizeikräfte mobilisiert, um möglichen Protesten gegen die Seeblockade des Gaza-Streifens zu begegnen.

Ein israelischer Panzer ist am Donnerstag an der Grenze zum Gazastreifen von einer am Straßenrand versteckten Bombe getroffen worden. Dabei wurde ein Soldat leicht verletzt, teilten die israelischen Streitkräfte mit. Die Bombe sei von militanten Palästinensern gelegt worden, hieß es weiter.

Die Zeit: Saudi-Arabiens Herrscher fühlen sich vom Arabischen Frühling bedroht. Sie starten eine Gegenoffensive. Als die Ägypter auf dem Tahrir-Platz jubelten, herrschte in Riad Grabesstimmung. Doch inzwischen sind die Saudis zur Gegenoffensive übergegangen. Sie haben Soldaten nach Bahrain geschickt, um dort die Protestbewegung zu ersticken. Sie bauen den Golfkooperationsrat (GCC), eine politische Nachbarschaftsorganisation, zum Pakt gegen die Revolution aus. Und sie verteilen Wohltaten nach innen und außen, um den Status quo zu festigen – den verhassten Rivalen Iran stets im Blick.

faz.net: Die radikalislamische Bewegung der Salafisten wächst in Deutschland nach Angaben der Sicherheitsbehörden in besorgniserregender Weise. „Salafisten streben eine völlige Umgestaltung des Staates, der Gesellschaft und unserer freiheitlich-demokratischen Ordnung an. Deswegen muss die Sicherheitspartnerschaft zwischen muslimischen Verbänden und Behörden weiterhin gestärkt werden“, sagte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU).

Die Ausbreitung der Bewegung wird nach Beobachtungen des Verfassungsschutzes wesentlich durch Kräfte in Saudi-Arabien unterstützt. „Die salafistische Bewegung in Deutschland wäre ohne den saudischen Einfluss niemals so groß geworden“, sagte Benno Köpfer, Islamwissenschaftler beim baden-württembergischen Verfassungsschutz, der F.A.S.  Missions-Büros, Islam-Seminare, Info-Tische und zum Teil auch die Propaganda im Internet seien nur möglich durch die finanzielle und logistische Unterstützung aus dem arabischen Land. „Saudi-Arabien gibt dafür sehr viel Geld aus“, sagte Köpfer.

Zwar sind bei weitem nicht alle Anhänger des Salafismus Befürworter des gewaltsamen Dschihad, des heiligen Krieges. Doch sind, so vermerkt der gerade veröffentliche Verfassungsschutzbericht 2010, „fast ausnahmslos alle Personen“, die den Dschihad befürworten, durch den Salafismus geprägt.

dpa: Bei der ersten Stierhatz in der nordspanischen Stadt Pamplona sind am Donnerstagmorgen vier Menschen leicht verletzt worden. Nach Krankenhausangaben zogen sich die Männer Verletzungen an Brust, Kiefer und Nase zu.  Bei dem lebensgefährlichen Spektakel werden bis zum 14. Juli jeden Morgen sechs Kampfstiere und mehrere zahme Leitochsen durch die Gassen der Altstadt bis in die Arena gejagt, wo sie abends von Toreros getötet werden. Hunderte wagemutige oder leichtsinnige Männer, die „Mozos“, rennen auf der 825 Meter langen Strecke vor den Tieren her. Als einzige „Waffe“, um die Bullen von sich fernzuhalten, ist eine zusammengerollte Zeitung erlaubt.

afp: Vier Griechen sind mit Entschädigungsforderungen gegen Deutschland wegen eines Massakers von Mitgliedern der Waffen-SS im Juni 1944 vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gescheitert.

Die Eltern der Kläger gehörten zu insgesamt 218 Menschen, die bei dem Massaker in Distomo getötet wurden. Die Kläger selbst waren damals Kinder und überlebten nur durch Zufall. Das Massaker war ein Vergeltungsschlag für einen Partisanenangriff. Zunächst hatten sie in Griechenland zusammen mit 250 anderen Klägern Entschädigungsansprüche gegen Deutschland geltend gemacht. Sie bekamen teilweise Recht, das griechische Justizministerium gab aber nicht die notwendige Zustimmung zu einer Zwangsvollstreckung.  In Deutschland hatten Gerichte zwar anerkannt, dass die Hinterbliebenen unermessliches Leid erdulden mussten. Die Klagen wurden aber in allen Instanzen mit dem Hinweis abgelehnt, weder im Völkerrecht noch im deutschen Recht gebe es eine Grundlage für einen Anspruch auf Entschädigung. Das Bundesentschädigungsgesetz vom Jahre 1953 gelte für Opfer der NS-Verfolgung, nicht aber für Opfer von Kriegshandlungen.

ap: Taxifahrer in Griechenland sind am Mittwoch in einen 24-stündigen Streik getreten, um gegen die Öffnung ihres Berufsstandes durch die Regierung zu protestieren. In Athen begann der Taxifahrerstreik am Mittwochmorgen mit einem von Hupen begleiteten Autokorso in der Nähe des Parlaments.

der spiegel: Stuttgart – Kriminalpolizei und Staatsanwaltschaft durchsuchen seit Donnerstagmorgen die Büroräume von Stuttgart-21-Gegnern. Betroffen sind die Räume der Initiative „Parkschützer“ sowie die Privatwohnung des Sprechers, wie die Polizei mitteilte. Die Aktion stehe im Zusammenhang mit dem gewaltsamen Protest gegen das umstrittene Bahnprojekt im Juni.

taz: CDU-Politiker wollen Facebook-Partys verbieten. Die Facebook-Generation rächt sich, indem sie  sich via Facebook zu lokalen Parteiversammlungen verabreden, die dadurch gesprengt werden.

tagesspiegel: Von der Facebook-Party zur Revolution. Party, Mob und Rebellion: Soziale Netzwerke mobilisieren. Aber wie funktioniert das? Wo beginnt der Hype? Und wie kommt er aus dem Netz auf die Straße?

Was in Spanien und in der arabischen Welt politische Massenproteste, ja Revolutionen beförderte, ist in Deutschland nun Instrument der Hedonisten. Ein kleiner Impuls, eingespeist in das große, amorphe Ganze, entwickelte eine Wucht, die selbst die Impulsgeber überrascht. „Der harte Kern bestand aus rund zwanzig Personen“, schreibt die tunesische Bloggerin und Aktivistin Lina Ben Mhenni in ihrem kleinen Buch „Vernetzt euch“ und erzählt, wie diese kleine Gruppe über Skype und Facebook zum 22. Mai 2010 zu einer Demonstration aufrief – und Tausende auf die Straßen der Innenstadt von Tunis brachte.

Der Politologe an der Uni Bamberg untersucht gemeinsam mit seinem Kollegen Pascal Jürgens aus Mainz die Verbreitung von politischen Twitterbotschaften. Als Datenbasis dient der Austausch zwischen politisch interessierten Nutzern des Kurznachrichtendienstes im Vorfeld der letzten Bundestagswahl. In einem Netz, so die Nachwuchswissenschaftler, sind nie alle mit allen verbunden. Netze bestehen vielmehr aus vielen kleinen Welten, die lediglich durch schmale Stege miteinander verknüpft sind. Einige besonders gut vernetzte Akteure dominieren den Informationsfluss. „Diese Brücken sind nicht neutral“, sagt Jungherr, im Gegenteil: Einige wenige wählen aus, welche Nachricht weitergeleitet wird – und an wen.  Wer diese „Türsteher“ sind, kann wiederum einem stetigen Wandel unterworfen sein. „In den meisten Netzgemeinschaften gibt es eigentlich keine Autoritäten und keine Hierarchien“, sagt Mary Joyce. Die Amerikanerin organisierte in Obamas Wahlkampf 2008 die Kommunikation über Neue Medien. „Es gibt nur Leute, die vorübergehend Einfluss ausüben, ihn aber auch wieder verlieren können.“

Wieso mobilisierte Thessas Partyeinladung ebenso erfolgreich wie die Facebook-Aufrufe zu „Tagen des Zorns“ während der arabischen Revolutionen? Und wieso versagte die Facebook-Gruppe „Wir wollen Guttenberg zurück“ beim Versuch, ihre zahlreichen Anhänger für deutschlandweite Pro-Guttenberg-Demonstrationen zu aktivieren? Fragen, die sich nur schwer beantworten lassen, auch, weil es – etwa im Fall der arabischen Revolutionen – schlicht noch keine empirische Forschung zum Zusammenhang zwischen Aktivität im und außerhalb des Internets gibt, wie Cilya Harders, Leiterin der Arbeitsstelle Politik des Vorderen Orients am Otto-Suhr-Institut, sagt: „Alles, was wir zu diesem Zeitpunkt sagen können, ist, dass Facebook ein Medium ist, das es möglich macht, viele Menschen in kurzer Zeit zu erreichen.“

Was den Begriff der „Facebook“-Revolution angeht, gibt Harders sich dann auch skeptisch: „Das scheint mir deutlich zu weit gegriffen. Was die Menschen bewegt hat, waren die unerträglichen Lebensbedingungen unter bestimmten Diktatoren. Was die Diktatoren zum Abtreten bewegt hat, war die Massenmobilisierung auf den Straßen. Facebook und Co hatten da nur eine Relaisfunktion. Die entscheidende Schlacht in Ägypten haben die Muslimbrüder gemeinsam mit Fußball-Ultras und Jugendgruppen geschlagen – nicht im Netz, sondern auf dem Tahrir-Platz.“ Die emotionalen Grundlagen für diese Allianz seien über Jahre gewachsen – in der Zeit vor Facebook und Twitter. In der Kernphase des Protestes habe dann auch wieder ein anderes Medium entscheidende Funktion übernommen: das Satellitenfernsehen, namentlich der Sender Al-Dschasira.

Die tunesische Bloggerin Lina Ben Mhenni ist sich dagegen sicher: Ohne Facebook wäre alles anders gekommen – nicht nur für die arabische Welt, sondern auch für sie persönlich. „Das Netz überwindet sämtliche Schranken, Zäune und Mauern, Verbote und Grenzen, Parteizugehörigkeiten und sogar individuelle Hemmungen“, schreibt sie. „Hemmungen – wie in meinem Fall die Schüchternheit.“

Die deutschen Blogger denken zur Überwindung ihrer Schüchternheit nicht wie die Tunesier gleich an eine Art „Arabellion“ (FAZ), sondern eher an sofort wirksame amerikanische Mittel:

Silencer: Ich bin total verzweifelt. Ich bin verdamt schüchtern. Dadurch habe ich kaum freunde und von einer freundin kann ich momentan nur träumen. Und das belastet mich am meisten. Ich hatte mit 22 Jahren noch nie eine freundin. Ich bin total in einem teufelskreis gefangen und schaffe es dort einfach nicht mehr raus. Es wird von tag zu tag immer schlimmer.

Ich weis das mein problem meine schüchternheit ist. Ich bin in den letzten monaten total depressiv geworden und gehe kaum noch aus dem haus raus. Ich mache seit einem halben jahr eine therapie. Doch ich finde das sich mein zustand sogar verschlechtert hat.

Ich hab durch zufall von dem medikament seroxat gehört. Es soll gegen depressionen und extremer schüchternheit helfen. Es soll einem lockerer und glücklicher machen.

Falls das wirklich stimmt, dann wäre es die erlösung für alle meine probleme. Allein die vorstellung, ein normales leben führen zu können, klingt unglaublich. Wen es wirklich so ein medikament gibt, bin ich bereit jeden preis dafür zu zahlen.

ich wollte euch fragen ob das wirklich stimmt, ob seroxat wirklich die antwort auf den ganzen kummer ist? Hat damit jemanden schon erfahrungen gemacht? Bringt es was? Und ist es rezeptpflichtig?

Moderatorin Marianne: Hallo Silencer, es stimmt, daß Seroxat gegen Depressionen angewendet wird. Es kann auch sein, daß bestimmte Ängste geringer werden, solange Du die Tabletten schluckst. Auf Dauer gesehen ist es aber die Psychotherapie, die Dir wirklich was bringt.

Hast Du schon mal mit Deinem Therapeuten darüber gesprochen, daß Du das Gefühl hast, Dein Problem verschlimmert sich? Oder auch darüber, daß Du unterstützend ein Medikament nehmen möchtest?  Welches es sein soll, solltest Du unbedingt von einem Arzt abklären lassen. In diese Richtung eigenständig etwas zu unternehmen, ist einfach zu gefährlich. Wünsche Dir alles Gute!

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/kairo-virus_96/

aktuell auf taz.de

kommentare