vonClaudia Mussotter 06.08.2010

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Wenn das Thermometer über den Appetit entscheidet, gilt es sich an der hiesigen Küche zu orientieren und sich mit viel frischem Obst und Gemüse der Saison Flüssigkeit und Vitamine zuzuführen. Zum Beispiel in Form eines kalten Süppchens wie dem Gazpacho, der heute in schöner Eintracht mit Paella und Tortilla zu den beliebtesten Gerichten im Land zählt.
Der Gazpacho basiert, seit die Neue Welt mit all ihren Schätzen entdeckt wurde, in erster Linie auf Tomaten. Enthalten sind in der traditionellen Variante grüne Paprika, Gurke, Zwiebeln, Knoblauch, Salz, Olivenöl, Essig und vor allem Brot und auch eiskaltes Wasser.
Typisch ist, eine klein gewürfelte Garnitur mit zu servieren, in der Regel noch mal dasselbe, was in der Suppe ist. Nur der Knoblauch wird durch Zwiebeln ersetzt. Die Zusammensetzung der Zutaten macht aus jedem Gazpacho ein Unikat, gibt es doch so viele verschiedene Varianten, wie Köche ihn mixen. Ab Beginn der warmen Jahreszeit jedenfalls steht das kühle Süppchen, in Karaffen gefüllt, in nahezu jedem Kühlschrank des Landes.
Der Gazpacho aus der bäuerlichen Küche Andalusiens mit ihrem römischen und arabischen Einfluss – der ursprünglich nur aus Brot vom Vortag, Knoblauch und Öl bestand, parfümiert mit etwas Essig – ist längst in die gehobene Gastronomie eingezogen; jeder mehr oder weniger renommierte Küchenchef hat mittlerweile seine eigenen Varianten – die nicht immer den gängigen Vorstellungen eines Gazpacho entsprechen.

Tomate, Knoblauch, Paprika, Gurke sind für den Gazpacho des 21. Jahrhunderts nicht unbedingt nötig. Nur die Grundzutaten – Öl, Essig, Salz und Brot – bleiben bestehen, der Rest ist der Einbildungskraft des Kochs überlassen: Wassermelone, Erdbeeren, Kirschen, Kürbis, Mango, Spinat, Brunnenkresse oder gar Tofu …, alles ist möglich, dazu Sherry-, Champagner-, einschließlich Balsamessig – und natürlich Öl, virgen extra, gepresst aus Oliven wie Arbequina, Cornicabra, Hojiblanca … Und selbst das Brot kann variieren und darf auch mal aus Mais oder Roggen gebacken sein.
Als Einlage dienen Fisch und Meeresfrüchte, Obst, Gemüse, da sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Auch nicht bei der Konsistenz des Gazpacho oder dem Zeitpunkt seines Servierens: In Form von Eis, Granité, Sauce oder kalte Suppe kann er zum zweiten Frühstück, zu Mittag oder etwa als süß-säuerliches Dessert auf den Tisch kommen.
Hier ein Beispiel eines dieser neuen kalten Süppchen: Man kann es „Gazpacho verde“, grünen Gazpacho, nennen, zusammen gemixt werden Tomate Raf, Kopfsalat, Spinat, Brunnenkresse, Olivenöl aus der Arbequina, Sherryessig, Wasser und Salz. Begleitet wird das Ganze von dünnem knusprigem Brot, Mozzarella, Anchovis, Schinkenstreifen sowie ein paar grünen Blättern als Garnitur!

Auch Ferran Adrià, der große Küchenmeister, ist ein ausgesprochener Fan des Gazpacho. 1989 präsentierte er im El Bulli eine Version mit Hummer, die die Gastronomiewelt überraschte. Sie bestand aus Suppe sowie Salat, konnte quasi als „flüssiger Salat“ bezeichnet werden.
Adrià – der übrigens anerkennt, dass es mittlerweile sehr guten hausgemachten Gazpacho auf dem Markt gibt (Kaiku, Santa Teresa, Alvalle, ArteOliva) – schlägt auch Folgendes vor:

Gazpacho ohne Brot
Im Mixer 3/4 Kilo reife Tomaten mit einer Gurke, einer grünen Paprikaschote, einer Knoblauchzehe, zwei Esslöffeln nativem Olivenöl, einem Schuss Essig und Salz nach Gusto mixen. Durch ein Sieb streichen und zugedeckt in den Eisschrank stellen, bis das Ganze gut gekühlt ist.
Das ist zwar ziemlich dick, aber danach gibt man ja noch Eis dazu, und dann stimmt die Konsistenz wieder. Übrigens: Der größte Fehler, den man machen kann, ist, zu viel Knoblauch oder zu viel Gurke zuzufügen, dann wird der Gazpacho bitter. Außerdem: Gibt man kein Brot dazu, hält sich das Süppchen länger im Kühlschrank, denn die Hefe bewirkt eine Fermentation.
Den Gazpacho kurz vor dem Servieren aus dem Kühlschrank holen und mit Eiswürfeln mixen. Jetzt ist auch der Moment, Basilikumblätter und Olivenöl dazuzugeben.

Gazpacho mit Tomate und Wassermelone
Zwei Drittel Tomate mit einem Drittel Wassermelone mixen. Salz, Pfeffer und ein bisschen Olivenöl zufügen. Das war’s schon.

Gazpacho-Granizado mit festem Olivenöl
4 dl Gazpacho, 1 dl Olivenöl
Man gibt das Olivenöl über Nacht in einem Behälter ins Gefrierfach. Am nächsten Tag herausholen und in den Kühlschrank stellen. Das Öl wird zwar langsam auftauen, aber fest bleiben.
Den Gazpacho in ein flaches Gefäß füllen und gefrieren, dabei häufig durchrühren, damit er nicht zum Block gefriert, sondern die typische Konsistenz eines grobkörnigen Granizados bekommt.
Gazpacho-Granizado und festes Olivenöl zusammen – etwa in einem Glas – servieren.

Gazpacho am Stiel
„Polo“ nennt sich Eis am Stiel – muss aber nicht immer aus der Eisdiele kommen. Kinder sind da ganz einfallsreich. In der „Eis“-Zeit stecken sie einfach einen Löffel in ihren Joghurtbecher und stellen ihn ins Gefrierfach.
So ein Polo kann man also mit allen möglichen Substanzen machen, warum nicht auch einen Gazpacho in Förmchen füllen, Löffel oder Stäbchen rein und gefrieren. Das ist eine lustige Sache und lässt sich auch mit anderen kalten Suppen, einem Saft aus Tomaten und Wassermelone etc. herstellen.
Begleiten kann diesen ganz anderen Aperitif zum Beispiel ein mit Basilikum oder Pfefferschote aromatisiertes Öl.

Gazpacho, der klassische
Für 8 bis 10 Pers.: 1 kg Tomaten, 50 ml bestes Olivenöl, 2 Knoblauchzehen, 200 g Zwiebel,  400 g Gurken, 2 grüne Paprikaschoten, 200 g Weißbrot, 25 ml Sherryessig, für eine schöne rote Farbe kann man zwei Pimientos del piquillo (die kleinen dreieckigen Paprikaschoten aus Glas oder Dose) zugeben
Wie schon gesagt: Jeder Gazpacho ist ein Unikat. Mal hängt das Ergebnis von der Tagesform ab, mal ist das Gemüse nicht so toll im Geschmack oder hat einen höheren Wassergehalt.
Beim Kauf der Tomaten ist darauf zu achten, dass sie fleischig und sehr reif sind; zurzeit würden sich auch Flaschentomaten (tomates pera) anbieten.
Manche Gazpacho-Fans ziehen es vor, die Zutaten mit Essig und Öl getränkt einen Tag ziehen zu lassen. Das bliebe auszuprobieren.
Also: Alle Zutaten säubern und in kleine Stücke schneiden – die Tomaten, die Gurken, die grünen Paprikaschoten, die Knoblauchzehen, leicht mit Salz zerstoßen.
Wenn das Brot alt ist: in Essig und Öl und ein bisschen Wasser einlegen, damit es weich wird und sich besser schneiden lässt. Dann wird es zu dem klein geschnittenen Gemüse gegeben. Das Ganze lässt man, gut vermischt, bis zum nächsten Tag ziehen.
Dann mit ein bisschen Wasser pürieren. Salz, Essig, Öl und Wasser, alles muss gut abgeschmeckt sein. Nach dem Mixen wird die Mischung durch ein Sieb gestrichen.
Jetzt bleibt nur noch, die Garnitur zuzubereiten. Sie besteht im Grunde aus denselben Zutaten, nur werden sie in sehr kleine Würfel geschnitten.

Gazpacho, der moderne
Für 4 Pers.: 1 kg reife Tomaten, 1/4 kg Gurke, 100 g grüne Paprikaschote, 1 geschälte Knoblauchzehe, 2 EL Sherryessig, 2 Mokkalöffel Salz
Für die Garnitur: 3 EL natives Olivenöl, 1 Scheibe weißes Bauernbrot, 8 Tomaten und die schwabbligen „Filets“ mit den Kernchen, die herausgelöst werden, 12 kleine Kirschtomaten vom Strauch, die sind schön süß, 1 Gurke, geschält, entkernt und in einen Zentimeter große Würfel geschnitten, 4 kleine runde Zwiebeln, geviertelt und auseinander genommen, 1 EL Sherryessig, Meersalz, ein bisschen Schnittlauch (in Stücke von 3 cm geschnitten)
Strunk der Tomaten entfernen, Tomaten (etwa zehn Stück) in vier Teile schneiden. In den guten alten Standmixer werfen.
Eine Gurke schälen und in Stücke schneiden. Zu den Tomaten geben. Paprikaschote säubern und etwa ein Viertel davon ebenfalls dazugeben. Knoblauch, Sherryessig und eine halbe Tasse Wasser zufügen, das Ganze mixen.
Nun muss man wissen, dass dabei kein Tomatenrot herauskommt, allenfalls ein Rosa. Abschmecken, vielleicht fehlt noch etwas Essig, wenn die Tomaten sehr süß sind. Olivenöl und Salz zugeben. Noch mal alles zusammen mixen.
Gazpacho in eine Glaskaraffe sieben. Im Kühlschrank mindestens eine halbe Stunde kühlen.
Währenddessen die gerösteten Brotwürfel vorbereiten: einen Esslöffel Olivenöl in einer kleinen Pfanne erhitzen und die Brotscheibe in ein paar Minuten von beiden Seiten rösten. Dann die Scheibe zerstoßen, sodass 16 Stücke herauskommen.
Der Gazpacho wird im tiefen Teller oder einer Schüssel serviert. Dahinein kommen zuerst pro Nase vier geröstete Brotwürfel, zwei „Tomatenfilets“, sechs Kirschtomatenhälften, drei Gurkenwürfel und drei Zwiebelspalten. Ein paar Tropfen Olivenöl über die Zwiebeln träufeln und ein bisschen mehr über den Teller. Ebenso ein paar Tropfen Essig auf die Gurkenstücke geben und eventuell noch etwas auf den Teller. Tomaten mit etwas Salz bestreuen, zum Schluss den Schnittlauch drüberstreuen. Kalten Gazpacho aufgießen und servieren.

Tomatensalat & Gazpacho
Milder Gazpacho, fertig gekauft (Gazpacho suave), 3 Tomaten, 2 Frühlingszwiebeln, schwarze Oliven
Tomaten waschen und in dünne Scheiben schneiden. Frühlingszwiebeln putzen und in feine Streifen schneiden. Tomaten auf Tellern anrichten, Frühlingszwiebeln darüber aufhäufen. Schwarze Oliven auf dem Teller verteilen und das Ganze mit dem Gazpacho begießen.

Bon profit!

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