vonEva C. Schweitzer 06.07.2009

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Eigentlich wollte ich heute die Serie fortsetzen, Der Redakteur, das unbekannte Wesen, aber vorher würde ich noch gerne ein paar Worte über Telefonzentralen verlieren. Und zwar in Berlin. Früher war der Berliner rauh, aber herzlich, na gut, das stimmt nicht, bloß rauh, aber immerhin schnell. Man rief also an und eine Stimme brummte ins Telefon: „Abschnitt 35, Meier“. Oder, wenn es sich um einen östlichen Betrieb hatte, der über Telefon verfügte (nicht selbstverständlich). „Teilnähmer?“

Heute geht es viel, viel höflicher zu. Man ruft bei einer im Osten ansässigen Zeitung an, der Name tut nichts zur Sache, jedenfalls, „Berliner“ kommt darin vor, und wird begrüßt mit: „Herzlich willkommen im Berliner Verlag, Herausgeber von Berliner Zeitung, Berliner Kurier und TIP, im Besitz der Dumont-Gruppe aus Köln, vereint mit der Frankfurter Rundschau, dem Kölner Stadtanzeiger und der Mitteldeutschen Zeitung, in der Karl Liebknecht-Straße am Alexanderplatz. Mein Name ist Annamaria Elisabeth Katharina Hinterhuber-Radlmeier, ich wünsche Ihnen einen guten Tag. Was kann ich für Sie tun?“

An dem Punkt hat man, aus New York anrufend, bereits fünf Dollar ausgegeben und möchte gerne brüllen: „Maul halten und weiterverbinden“, aber andererseits soll doch die seltene Pflanze der Berliner Höflichkeit gehegt werden und nicht zertreten. Man sagt also, man möchte Hans Meier sprechen. Darauf hebt eine Suche sondergleichen an. „Hans Meier? Sind Sie sicher? Den finde ich in meiner Liste nicht.“ Nach wenigen Minuten klärt sich das Missverständnis auf, Annamaria Elisabeth Katharina Hinterhuber-Radlmeier hat in ihrer Liste „Maier“ nachgeguckt und nicht „Meier“.

Nun kommt der schwierige Teil: Warum will ich Herrn Meier überhaupt sprechen? Ich habe nicht die spanische Inquisition erwartet – andererseits, niemand erwartet die spanische Inquisition. Gleichviel, weitere fünf Minuten vergehen, ich habe meinen Fall dargelegt und werde weiterverbunden, allerdings nicht zu Herrn Meier, sondern ins Sekretariat und das ist nicht besetzt. Kein Wunder, es ist inzwischen nach Redaktionsschluss, deswegen rufe ich auch an, nämlich um zu sagen, dass der Artikel später kommt.

Deshalb, liebe Redakteure, hier der erste Hinweis zur Verbesserung der Gesamtstuation: Wenn ihr ein email schickt, schreibt eure Telefonnummer hinein, samt der Durchwahl. Es gibt inzwischen sogar Programme, die das automatisch erledigen, seit, etwa 1965. Das gleiche gilt für Anrufe, insbesondere welche auf die Voice Mail vom Handy. „Hallo, hier ist der Hans, ruf mich mal zurück“, ist irgendwie blöd, wenn ich gerade die Eighth Avenue hinunterlaufe und am Akzent raten muss, bei welcher Zeitung der Hans arbeitet.

In der nächsten Folge lesen wir: Die Typologie des Redakteurs. Typ 1): Die Plaudertasche.

Eva C. Schweitzer, Manhattan  Moments. Geschichten aus New York, erschienen bei Droemer-Knaur, Juni 2009,Taschenbuch, 9,95 €

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