vondorothea hahn 08.05.2011

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Tot – mit zerschossenem Kopf – soll die Welt Osama bin Laden nicht sehen. Wohl aber lebendig. Und erbärmlich. Das Pentagon hat heute fünf kurze Videos veröffentlicht, die den Al Kaida-Chef in einem neuen Licht zeigen: Alt. Grau. Unsicher. Und eitel.

Die Videos sollen zu den Dokumenten gehören, die die US-Eliteeinheit “Seal Team 6” bei Bin Laden in Abbottabad mitgenommen hat. Warum das Pentagon gerade diese Szenen zur Veröffentlichung ausgewählt hat, ist unklar. Sie liefern keine Informationen über die Aktion vom vergangenen Sonntag. Der Ton der Videos ist ausgeblendet (das Pentagon argumentiert, es wolle dem Bin-Laden-Kult keinen Vorschub leisten). Und wann und wo die Videos entstanden sind, ist unklar (laut Pentagon stammen sie aus der Zeit seit letztem Oktober).

Eines der Home-Videos zeigt den Al Kaida Chef als alten Mann, der mit Mütze und Wolldecke in einem billig möblierten Raum vor einem kleinen Fernseher hockt und sich selber visioniert. Ein anderes zeigt ihn bei der Aufnahme für eine Rede, von der das Pentagon sagt, es hätte eine Ansprache an die USA werden sollen. Dabei scheint Bin Laden immer wieder den roten Faden zu verlieren. In allen Szenen wirkt er viel älter, als die Welt ihn aus seinen Propagandavideos kennt. Für letztere färbte Bin Laden seinen schlohweissen Bart schwarz.

Nach der vergangenen Woche, in der das Weiße Haus, die CIA, das Aussenministerium und das Pentagon täglich neue, abenteuerliche und oft widersprüchliche, Geschichten über den Ablauf der Ereignisse in Abbottabat geliefert haben, müssen wir davon ausgehen, dass diese Filme Teil der offiziellen Nachbereitung der Operation sind. Besonders interessant dürften sie für Geheimdienstler und Militärs in Pakistan und für Führungskader von Al-Kaida sein, die jetzt um Bin Ladens Nachfolge kämpfen. An sie geht die Drohung aus Washington: Wir haben jede Menge Material.

Parallel zu den Videos setzen die USA weiterhin Drohnen in ihrem “war on terror” ein. Einer von Bin Ladens potenziellen Nachfolgern, der in den USA geborene, im Jemen lebende, Prediger Anwar al-Awlaki,  ist am Donnerstag knapp einer Raketen-Attacke aus einem solchen unbemannten Flugzeug entkommen. Statt Al-Awlaki tötete die Rakete zwei andere Männer, die sein Vehikel im letzten Moment übernommen hatten. Al-Awlaki soll sowohl Kontakt zu mehreren Attentätern vom 11. September 2001 als auch zu dem Todesschützen von der Militärbasis in Fort Hood in Texas, sowie zu dem verhinderten Unterwäschebomber von Weihnachten 2009 gehabt haben.

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