von 06.03.2010

taz Blogs


Willkommen auf der Blogplattform der taz-Community!

Mehr über diesen Blog

Nicht nur in unserer übersexualisierten Gesellschaft (nach Bischof Mixa) sitzen ein paar Geistliche immer mal wieder dem Zeitgeist auf (auch nach Bischof Mixa) und meinen, es wäre schon ganz okay, regelmäßig Kinder zu missbrauchen. Auch in den Niederlanden haben sich in der letzten Woche 160 Meldungen über Missbrauch in der Kirche angesammelt.

Wie gut, dass dort die römisch-katholischen Strategen schlauerweise vorgesorgt und sich nicht nur auf Marias ausgebreiteten Schutzmantel verlassen haben. 45 Jahre lang waren sie stattdessen bei der Gesellschaft Aegon gegen irdisches Ungemach versichert, wozu auch Rechtsansprüche gegen kirchliche Mitarbeiter zählten. Bis in die 2000er Jahre lief das so, berichtet das NRC Handelsblad.

Dann meinten die katholischen Brüder, es sei ganz normal, wenn Aegon auch die 43.378 Euro bezahlt, die das Gericht einem Mädchen wegen Missbrauchs durch einen Priester zugesprochen hatte. Aegon sah das nicht so und tat das einzig Richtige: Sie kündigte den Vertrag. Denn mit solchen Typen will man ehrlich nichts zu tun haben. Nicht mal als Versicherer.

Aber so leicht lässt die röm.-kath. Kirche natürlich niemanden von der Leine. Und darum hat man, so fanden die NRC-Jorunalisten heraus, lange mit Aegon gefochten, bis 2006 folgender Kompromiss herauskam: Aegon richtet einen Topf in Höhe von 1 Million Euro ein, mit dem mögliche Schadensersatzforderungen von Opfern abgedeckt werden, die vor dem Jahr 2000 missbraucht wurden. Für alles, was über die Million hinausgeht oder ab 2000 geschehen ist, muss die Kirche selber geradestehen. Eine andere, Missbrauchsprobleme nicht ganz so eng sehende Versicherung war nämlich nicht aufzutreiben, weil der Niederländische Versicherungsbund da inzwischen glücklicherweise einen Riegel vorgeschoben hatte.

Schon wieder also eine Geschichte, wegen der man sich für die Kirche schämen muss. Verantwortung und Demut – das sind eigentlich christliche Kernbegriffe. Die niederländische Amtskirche aber wollte die finanzielle Verantwortung für die Niedertracht ihrer Missbrauchspfarrer auf die Solidargemeinschaft der Versicherten abschieben. Und unser oberster deutscher Zollitsch, der eigentlich ganz ganz kleine Demutsbrötchen backen sollte, plustert sich ultimativ empört bis kurz vorm Herzinfarkt auf, weil die Kirche sich von der Justizministerin undifferenziert kritisiert fühlt. So viel vibrierenden Zorn und solches 24Stunden-Fristsetzungsgeläut aber hatten die Bischöfe für ihre Missbrauchspfarrer und deren Verschleierungshelfer nicht übrig.

Da halten wir es heute doch lieber mal wieder mit anderen Brüdern, um trotz allem noch christlich-versöhnlich schließen zu können:

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=WlBiLNN1NhQ[/youtube]

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/kirche_gut_versichert_ist_halb_missbraucht/

aktuell auf taz.de

kommentare