vonClaudia Mussotter 15.05.2009

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Wer kennt das noch? – Erbswurst, eines der ältesten industriell hergestellten Instantprodukte. In Wasser aufgekocht, ergaben die traditionell in eine Papierrolle gewickelten Portionstabletten aus u. a. Erbsenmehl, Speck, Zwiebeln und Gewürzen in kurzer Zeit eine sämige Erbsensuppe – einst eiserne Ration nicht nur für Soldaten, sondern auch als Notbehelf in jedem deutschen Haushalt vorrätig. Denn die Erbswurst war billig, nahrhaft, nahezu unbegrenzt haltbar und einfach zuzubereiten.
Erbsen sind ein uraltes Nahrungsmittel; in wilder Form schon von Steinzeitvölkern kultiviert. Auch Moor- und Pfahlbauern kannten die Erbse. Im Alten Ägypten und später in Mitteleuropa galt sie als Totenspeise; Erbsensuppe wurde als Leichenschmaus und bei der Totenwache gereicht. Erbsen kamen aber auch als Fruchtbarkeitsbringer und Hochzeitsspeise zum Einsatz. Im 16. Jahrhundert waren sie eines der gebräuchlichsten Gemüse.
Dies hat sich in der Literatur, bei den Märchen und Sagen, niedergeschlagen. Wer kennt nicht Aschenputtels: „Die schlechten ins Kröpfchen, die guten ins Töpfchen.“ Oder die Prinzessin auf der Erbse. Die durch 20 Matratzen und 20 Daunendecken noch eine harte Erbse spürte. Denn früher handelte es sich nicht um die uns heute bekannten grünen Erbsen, bis weit ins Mittelalter hinein aß man nur die Hülsenfrucht, das reife Korn. Grüne, also unreife, Erbsen kamen erst ab dem 16./17. Jahrhundert durch Züchtung auf den Tisch. Und waren so teuer, dass sie zunächst den Königshöfen vorbehalten blieben. Trockenerbsen wurden erst durch moderne Konservierungstechniken wie Eindosen und Tiefkühlen vom Speisezettel verdrängt.
Zarte junge Saubohnen und grüne Erbsen sind übrigens die einzigen Hülsenfrüchte, die man roh essen kann.
Man unterscheidet verschiedene Erbsenarten (Pisum sativum), die Wichtigste ist die Unterart Pisum sativum sativum. Darunter fallen für den menschlichen Verzehr die Palerbsen, deren trockene Körner meist zum Kochen verwendet werden, und die süßen Markerbsen, die in Dose oder Kühltruhe wandern.
Zuckererbsen wiederum, auch Zuckerschoten, Kefen oder Kaiserschoten genannt, sind mit ihrer Hülse essbar. Die zarten Zuckerschoten sind schnell in der Pfanne sautiert oder im Dampf gegart. Sie machen sich auch gut in einem lauwarmen Salat.

Man stelle sich vor: das heutige Brno in Tschechien in einem Frühling Mitte des 19. Jahrhunderts. Im Garten des Augustinerklosters experimentiert Gregor Mendel mit 27.000 verschiedenen Erbsenpflanzen und entdeckt durch ihre Kreuzung die Regeln der Vererbung. Die unscheinbaren, einfachen Erbsen legten den Grundstein für das Wissen um die Genetik im 20. Jahrhundert.
Das hat die uralte Kulturpflanze kräftig aufgewertet. Denn häufig waren die grünen Perlen wie die anderen Mitglieder aus der Familie der Hülsenfrüchte – Bohnen, Linsen, Saubohnen – gastronomischem Spott ausgesetzt. Sie galten als Brot der Armen.
Die hatten mit der Erbse alles, was sie brauchten. Erbsen sind reich an Eiweiß. Kalium ist in hoher Konzentration enthalten. Sie sind mit ihren Kohlenhydraten sehr energiereich und besitzen Vitamine der Gruppen B und C sowie Ballaststoffe. Erbsen regulieren den Zucker- und den Cholesterinspiegel. Nebenbei stärken sie noch unser Nervenkostüm. Es lohnt sich also, Ausschau zu halten nach den frischen grünen Boten des Frühlings. Denn so fein wie zur Zeit kommen sie so schnell nicht mehr auf den Tisch. Sie sind auch nicht lange haltbar, ein Grund, weshalb sie heute überwiegend gefroren oder in Dosen auf den Markt kommen.
Um wirklich gute Erbsen zu bekommen, ist beim Einkauf darauf zu achten, dass die Schoten eine fast perfekte Form und eine glänzend grüne Farbe haben, die Spitzen sollen fest und gerade sein.

Erbsen mit frischer Minze und Wurst
Als Tapa für 4 Pers.: 3 EL Olivenöl virgen extra, 1/2 Tasse gehackte Zwiebeln (etwa eine halbe große Zwiebel), eine mittelgroße Stange Lauch, gut gewaschen, ohne die äußeren Blätter,gehackt, 50 g Speck (ca. eine dicke Scheibe, in Würfel geschnitten), 1 Butifarra (katalanische Bratwurst, oder andere Wurst, ohne Pelle und zerteilt, 1 EL Mehl, 2 EL Anislikör, 1/2 Tasse Hühnerbrühe oder Wasser, 1 Minzzweig und 12 kleine Blättchen, gewaschen, 1 1/2 Tassen frisch gepulte Erbsen (entspricht in etwa 3/4 kg in Schoten), 125 g frischer Spinat  oder Blütenstiele der Erbsen, wenn es gibt, Salz
In einem mittelgroßen Topf auf mittelstarkem bis kleinem Feuer Olivenöl erhitzen, darin Zwiebeln und Lauch anschwitzen, ab und zu umrühren, bis die Zwiebeln weich und leicht gebräunt sind (zehn bis 15 Minuten).
Einen Esslöffel Wasser zufügen, um die Zwiebeln weicher zu machen. Das Wasser wird verdampfen, und die Zwiebeln sind perfekt, ohne anzubrennen. Den Speck zufügen und die Wurst, langsam braten, bis die Butifarra gebräunt ist. Das dauert etwa vier Minuten.
Mit Mehl bestreuen und Anis dazugeben, rund eine halbe Minute anschwitzen.
Hühnerbrühe zugießen, die Hitze erhöhen. Minzzweig hineingeben und das Ganze zum Kochen bringen. Danach die Hitze auf Minimum stellen, Erbsen und Spinat zufügen und köcheln, bis sie weich sind. Nach Belieben mit Salz abschmecken.
Tipp: Wenn es keine frischen Erbsen gibt, gefrorene verwenden, diese aber nicht zu lange kochen. Findet man keine gute Butifarra, eignet sich jede frische Wurst vom Schwein. Man könnte aber auch Wurst und Speck einfach weglassen, das Ergebnis wird immer noch schmecken.

Bon profit!

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