Alle Jahre wieder im März kommt der Internationale Drogenkontrollrat in Wien zusammen, um den seinen Jahresbericht vorzustellen. Alle Jahre wieder werden die Andenländer darin aufgefordert, den traditionellen Kokakonsum zu verbieten, da das Kokablatt nach der UN-Drogenkonvention zu den verbotenen Substanzen zählt. Wie bereits an anderer Stelle berichtet, käme das in etwa einer Aufforderung an die EU gleich, den Kaffeeausschank zu verbieten.
Dieses Jahr nutzte Evo Morales, der die Streichung des Kokablatts aus der Drogenkonvention zur Chefsache gemacht hat, die Gelegenheit, um den Vereinten Nationen diesen „historischen Irrtum“ persönlich vorzuhalten. Auf dem Podium der UN-Drogenkonferenz kaute er genüsslich ein paar der verpönten Blätter, um die Delegierten dann über die medizinischen und kulturellen Werte der Pflanze aufzuklären, die seit Tausenden von Jahren in den Anden angebaut wird.
In seiner sehr persönlich gehaltenen Ansprache an die Konferenz kritisierte er die vermeintlichen medizinischen Argumente, die dazu geführt hatten, dass das Kokablatt in die Liste der verbotenen Substanzen aufgenommen werde: das Kokakauen verursache weder Unterernährung, noch führe es zu Bewusstseinsveränderungen, stellte Morales in seiner Rede klar, die mehrfach von Applaus unterbrochen wurde. Er unterstrich, dass es sich bei dem Verbot der Kokapflanze um ein neokolonialistisches Relikt handele: „Das Verbot ist ein Attentat auf die Rechte der indigenen Bevölkerung“.
Gleichzeitig betonte er das Ziel seiner Regierung, entschieden gegen Drogenhandel und Kokainproduktion vorzugehen. Dieser lässt sich an den Zahlen ablesen, die die UN veröffentlich: Der Drogenkontrollrat bescheinigt Bolivien in seinem Jahresbericht, dass 2007 doppelt so viel Kokain beschlagnahmt wude als im Jahr zuvor. Auch seien 2007 6200 ha illegale Kokaplantagen zerstört worden, 24 % mehr als im Vorjahr.
Ob die anwesenden Autoritäten dem Beispiel von Evo Morales folgten und sich ein paar Kokablätter in die Wangen schoben, um den Rest der Sitzung im wachen Zustand zu überstehen, konnte leider nicht bestätigt werden.
Foto: Abi.bo