vonDominic Johnson 19.06.2011

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Die Kongolesen haben es immer noch nicht geschafft, sich bei der Gestaltung ihrer Zukunft auf sich selbst zu besinnen: dies war die Mahnung des Exilpoeten Muepu Muamba heute beim 26. „Kongotag“ von „Dialog International“, der diesmal in Berlin stattfand. Die alljährliche Veranstaltung stand diesmal unter dem Motto „Der Fall Patrice Lumumba – ein Lehrstück, wie man einem Land die Zukunft stiehlt“.

Besonderer Gast: der Belgier Ludo de Witte, Autor des zum Standardwerk avancierten Enthüllungsbuches „L’Assassinat de Lumumba“, das 1999 erstmals im Detail nachwies, wie der Befreiungsheld und erste Premierminister des Kongo 1961 auf Anweisung und unter Mitwirkung der ehemaligen Kolonialmacht Belgien ermordet wurde. Das Werk leitete in Belgien damals eine Woge nationaler Empörung ein, die zu einer Untersuchungskommission führte, an deren Ende der belgische Staat seine „moralische“ Verantwortung für Lumumbas Tod anerkannte. Doch weitere konkrete Folgen blieben aus. Am kommenden 23. Juni wollen Lumumbas Nachkommen deswegen in Brüssel den belgischen Staat auf Entschädigung verklagen.

Der Mord an Lumumba sabotierte Kongos Unabhängigkeit, und De Witte wies zu Recht darauf hin, dass die fehlende Vergangenheitsbewältigung in Belgien der vor allem aus Belgien immer wieder in scharfen Tönen erhobenen Kritik an Kongos mangelndem Demokratie- und Rechstaatsverständnis die Legitimation entzieht.

Was jedoch nicht heißen darf, daß solche Kritik an sich illegitim ist – wie manche kongolesische Nationalisten gerne glauben machen wollen. Vielmehr bedeutet es, dass kritische Kongolesen sich auf andere Muster berufen müssen als die europäische Demokratie, unter der sie selbst ja so sehr gelitten haben. Noch gibt es aber kein überzeugendes anderes Muster, wie Muepu Muamba, seit der Mobutu-Diktatur im Exil und ein desillusionierter Beobachter der kongolesischen politischen Kultur, deutlich macht.

Als höchste Freiheit gelte die „Freiheit, zu stehlen“, geißelte er, und die intellektuelle Elite des Kongo lege zumeist eine Mischung von „Überheblichkeit und Bettelei“ an den Tag: „Dadurch gesellt sich Tragödie zur bestehenden Mittelmäßigkeit.“

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