Paster Terry Jones Er steht da weit weg, der unbedeutende Pastor vor einer unbedeutenden Kirche in einem unbedeutenden Nest irgendwo in Florida. Was geht er mich an, dachte ich noch bis heute Morgen? Da lag über Kairo noch die übliche angenehme Ramadan-Stille, wenn die Fastenden der 18-Millionen-Stadt noch nicht ganz in die Gänge gekommen sind.
Da klingelt mein Telefon. Eine befreundete Redakteurin erklärt, dass ihre Zeitung heute die Geschichte des Pastors Terry Jones etwas größer bringen möchte. Jenem Mann, der sich ausgedacht hat zum Jahrestag des 11. September in seinem „Burn-a-Koran-Day“ ein paar Koranexemplare vor seiner kleinen Freikirche in Florida mit 30 Mitgliedern anzuzünden. Dazu bräuchte sie dringend auch Redaktionen aus meiner Region.
Ich rolle mit den Augen. Medien regieren seit dem dänischen Karikaturenstreit wie pawlowsche Hunde. Irgendein Idiot sucht Aufmerksamkeit, beschimpft den den Muslimen heiligen Propheten Muhammad oder verbrennt den Koran und schon ist ihm die ungeteilte Aufmerksamkeit der Medien weltweit gewiss. Und alles starrt gebannt in meine Region und wartet auf wutentbrannte Reaktionen. Zumindest ein paar brennende US-Flaggen sollen schon drin sein.
Vielleicht mache ich das inzwischen zu lange und sollte mich nach etwas anderem umsehen, Australien-Korrespondent beispielsweise. Ist dort auch Alles so berechenbar? Aber pflichtbewusst mache ich mich auf die Suche nach Reaktionen in den arabischen Medien, vielleicht einem scharfen Kommentar, der die gesamte westliche Zivilisation oder das Christentum verdammt. Ein erster Blick: Fehlanzeige. Ich rufe ein paar Kollegen an. Null.
Den Artikel mit der Reaktion sage ich ab. Stattdessen habe ich heute einen Kommentar geschrieben mit dem Titel:
„Wegschauen ist die richtige Reaktion“.