vonDetlef Guertler 27.09.2011

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Ich werde den Teufel tun und hier einen Kollegen dafür beschimpfen, dass er sich selbst zitiert. Man kann ja gar nicht so viel neue Gedanken haben wie man Texte schreiben muss, weshalb natürlich der eine oder andere Gedanke oder Begriff mehrfach verwertet werden kann, soll und darf. Für wissenschaftliche Veröffentlichungen in Fachzeitschriften mag es da klare Vorschriften bezüglich Originalität und Mehrfachverwertung geben, und wer die verletzt, muss sich harsche Kritik gefallen lassen, aber im Journalismus sind Selbstplagiate ziemlich üblich.

So üblich, dass eigentlich gar kein Hahn und erst recht kein Bildblog danach krähen dürfte, wenn Wolfram Weimer die „verantwortungslosen Kreditteufel“, die er in einem Text im Jahr 2008 erfand, im Jahr 2011 bei seinem Neueinstieg als Handelsblatt-Kolumnist wieder ausgräbt. Wenn, ja wenn da nicht jene zwei kleinen Details wären:

1. verwendet Weimer die Kreditteufel in genau jener Kolumne, in der er diesen Begriff vor drei Jahren geschöpft hatte. Das ist ein bisschen sehr plump: Ich habe früher bei meinen Handelsblatt-Kolumnen ja auch darauf geachtet, Selbstplagiate allenfalls aus anderen Quellen einzustreuen, aus taz, Welt oder Büchern zum Beispiel. So wie ich möglicherweise auch den einen oder anderen Gedanke aus meinen Handelsblatt-Kolumnen anderweitig untergebracht habe – aber eben nicht noch mal im Handelsblatt. Ich hätte das Gefühl gehabt, da wäre mein bearbeitender Redakteur sauer geworden, wenn er das bemerkt hätte.

2. verwendet Weimer die „verantwortungslosen Kreditteufel“ nicht als Selbst- sondern als Fremdzitat. Ich zitiere:
Dass Berlin also die Banken in Frankfurt als „verantwortungslose Kreditteufel“ attackiert, ist ein Witz.
Die Verwendung als Zitat lässt gar keine andere Deutung zu als dass „Berlin“ (in diesem Zusammenhang irgend jemand aus der Bundespolitik, ob Regierung oder Opposition) diese Formulierung verwendet hat. Und zwar nicht in einem heimeligen Kamingespräch mit Wolfram Weimer, sondern öffentlich, denn da steht ja auch „attackiert“. Aber der einzige, der den Kreditteufel bisher verwendet hat, ist Weimer selbst (und die Zürcher SVP-Kantonsrätin B. Steinemann, die Ende 2008 Weimer plagiierte). Somit handelt es sich hier um eine glatte Lüge. Ich habe das Gefühl, da sollte der bearbeitende Redakteur sauer werden, wenn er das bemerkt.

Ach ja, zum Wort Kreditteufel selbst: Das ist natürlich eine geradezu grotesk dämliche Wortschöpfung. Von Zeit zu Zeit sieht man einen -teufel in zusammengesetzten Substantiven, so zum Beispiel den Fehlerteufel oder den Feuerteufel. In diesen Fällen sorgt der hintere Teufel dafür, dass der vordere Schaden eintritt. In Analogie dazu könnte man möglicherweise von einem Schuldenteufel oder einem Pleiteteufel reden – aber die Kreditvergabe selbst als Teufelswerk zu bezeichnen, das sollte im Handelsblatt nicht passieren.

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