Fünfundzwanzig Jahre nachdem die USA am 15. April 1986 Tripolis bombardiert haben, ist Libyen erneut im Visier von US-Militärs. Dieses Mal sind nicht drei in einer Berliner Diskothek ermordete US-Soldaten, sondern der Schutz der libyschen Zivilbevölkerung und der Rebellen in ihrer letzten Hochburg Bengasi der Grund. Und dieses Mal sind die USA auch nicht allein: Zehn Staaten haben am Donnerstag Abend im Weltsicherheitsrat die Resolution 1973 verabschiedet. Die Resolution erklärt den Luftraum über Libyen zu einer No-Fly-Zone, erlaubt Angriffe auf militärische Ziele von Gaddafi und legt als einzige Grenze für die Militärintervention fest, dass ausländische Truppen kein libysches Territorium (am Boden) besetzen dürfen.
Es ist der erste Krieg der Ära Barack Obama. Der demokratische Präsident hat sich wochenlang dagegen gesperrt. Er wollte Kriege beenden. Nicht anfangen. Während er zögerte, verlangten republikanische Politiker, und humanitäre Interventionisten aus den Reihen der Demokraten, sowie Aussenministerin Hillary Clinton die Einrichtung einer No-Fly-Zone. In einem Spiel mit vertauschten Rollen, warnten Militärs und Verteidigungsminister Robert Gates, es gehe nicht um eine symbolische Aktion, sondern um Krieg.
Seit am Wochenende sowohl die Arabische Liga, als auch die Islamische Konferenz, als auch die Afrikanische Union die Menschenrechtesverletzungen durch Gaddafis Truppen verurteilt haben, und nachdem mehrere arabische Staaten (darunter nach nicht bestätigten Meldungen auch Saudi Arabien) ihre Bereitschaft zur Beteiligung an dem Militäreinsatz erklärt haben sollen, stand Obama unter Zugzwang.
Nach Annahme von Resolution 1973 können die Militärschläge jeden Moment beginnen. Noch am Donnerstag Abend konferierte Obama mit David Cameron und Nicolas Sarkozy. Der Franzose und der Brite hatten ihre Finger schon seit Tagen am Abzug. Frankreichs Aussenminister Alain Juppé engagierte sich im Weltsicherheitsrat stark für Militärschläge. An demselben Ort war acht Jahre zuvor sein Amtsvorgänger Dominique de Villepin der Wortführer der weltweiten Opposition gegen den Irak-Krieg.
Fünf Staaten haben sich enthalten: die beiden festen Weltsicherheitsratsmitglieder Russland und China, sowie Brasilien, Deutschland und Indien. Der deutsche UN-Botschafter Peter Wittig warnte vor einem langen militärischen Konflikt, der die ganze Region mit einbeziehen könnte. Trotz der deutschen Enthaltung begrüssten nach der Abstimmung EU-Präsident Herman Van Rompuy und Catherine Ashton die Resolution.
Ob die Flugverbotszone eine militärische Wende in Libyen bringen kann, ist umstritten. Nicht nur, weil die meisten Kampfhandlungen am Boden stattfinden. Sondern auch, weil die Rebellen auf dem Rückzug sind und weil ihnen sowohl Waffen, als auch militärische Ausbildung fehlen.
„Ob die No-Fly-Zone den Rebellen hilft, ist ungewiss“, sagt am Donnerstag Abend der pensionierte Oberst Jack Jacobs in der Fernsehsendung: „Ed Show“ (ab Minute 7.05), „auf jeden Fall ist es eine Eskalation“. Die Militärexperten in Washington diskutieren bereits darüber, was sie nach der No-Fly-Zone tun können. Im Gespräch ist eine „No-Drive-Zone“.