Habe ich diese Islamkritiker eigentlich richtig verstanden, dass sie natürlich keineswegs xenophob, diskriminierend oder gar rassistisch sind, weil sie ja gar nichts gegen die Muslime an sich haben, sondern nur gegen deren Religion, die ja eben keine richtige Religion ist, sondern eine unterdrückerische Ideologie, was man ja schon daran sieht, dass es im gesamten islamischen Raum nicht eine einzige richtige Demokratie gibt? Und dass man deswegen jetzt auf keinen Fall das protestierende Volk in Ägypten in die Demokratie entlassen darf, weil sie, sobald man sie nicht mehr mit einem harten despotischen Regime regiert, sich selbst ein hartes despotisches Regime organisieren und eben keine richtige Demokratie veranstalten, was man ja eben daran sieht, dass es keine einzige Demokratie im islamischen Raum gibt? Womit bewiesen wäre, dass der Islam vollständig reformunfähig ist?
Und verstehe ich das eigentlich richtig, dass die Amerikaner, Briten und ihre Alliierten damals deswegen in den Irak einmarschiert sind, weil dort unter Saddam Hussein ein schlimmes Tyrannenregime an der Macht war, das es zu entmachten galt, zum Wohle der Menschen im Land? Und dass die Sache mit den Massenvernichtungswaffen nur ein Vorwand war, um eben das eigentliche Ziel, nämlich den Tyrannen zu stürzen und dem Land Freiheit und Demokratie zu bringen, ehrenwert, aber rein völkerrechtlich und PR-mäßig nicht so gut zu vermitteln war? Und dass die Amerikaner aber dennoch der Überzeugung waren, dass, wenn man einmal damit anfängt, Demokratie in den Nahen Osten zu importieren, die Menschen diese schon annehmen würden und alles besser wird?
Und verstehe ich das richtig, dass eben diese Amerikaner, Briten und nun auch die Deutschen jetzt aber nicht wollen, dass Mubarak in Ägypten einfach so verschwindet, weil die Menschen dort unten so recht mit Demokratie ja nichts anzufangen wissen und am Ende diese komischen Muslimbrüder wählen? Dass Demokratie also nur dann ein schönes Exportgut ist, wenn die so Beglückten dann auch das wählen, was sie sollen? Beziehungsweise zumindest nicht so ein krudes Islamersystem wie im Iran installieren? Jenem Iran, mit dem dieselben Europäer aber lange Jahre ganz hervorragende und lukrative Wirtschaftsbeziehungen pflegten und das dann Wandel durch Dialog oder so ähnlich nannten? Selbst wenn der einzig erkennbare Wandel darin bestand, dass eben jenes miese Unterdrückersystem noch mieser und unterdrückender wurde?
Sehe ich das eigentlich richtig, dass der Westen deswegen nicht die gegen Mubarak protestierenden Menschen in Ägypten unterstützen darf, weil wir uns nun einmal nicht in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten einmischen dürfen? Und dass wir, weil wir uns in die inneren Angelegenheiten anderer Staaten nicht einmischen dürfen, dem Mubarak-Regime bis dato schön regelmäßig hübsche Milliardensümmchen überweisen? Ganz unparteiisch?
Habe ich das richtig verstanden, dass der deutsche Außenminister eben deshalb keine Partei in Sachen Ägypten ergreifen wollte, weil Deutschland stets nur auf der Seite der Menschenrechte steht und nicht auf der Seite irgendeiner politischen Richtung? Und dass es deswegen natürlich nicht geht, sich gegen Mubarak auszusprechen, weil man ja nicht so genau weiß, welche der beiden Parteien jetzt gegen die Menschenrechte verstößt: diejenige, die seit Jahrzehnten morden und foltern lässt, die bei Demonstrationen das Internet und das Handynetz abstellt und die kriminelle Schläger losschickt, um die Protestierenden mal ein bisschen aufzumischen. Oder ob nicht doch die andere Seite viel schlimmer ist, die ja beispielsweise mit ihrem dauernden Herumdemonstrieren die Nachtruhe empfindlich stört, die Touristen erschreckt und oft auch gar nicht gut aussieht?
Habe ich all das richtig verstanden? Na, dann ist ja gut. Und ich wollte mich schon wundern.
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