vonClaudia Mussotter 02.03.2010

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39 Markthallen und sechs spezialisierte Märkte zählt Barcelona, doch der Mercat de Sant Josep – einfach La Boqueria genannt – dürfte mit seiner Glas-Stahl-Konstruktion und den bunten Mosaiken am Haupteingang eine der emblematischsten und mit 6.000 Quadratmetern eine der größten sein. Tritt man in die Boqueria ein, steht man erst mal im Dunkeln. Nur langsam gewöhnen sich die Augen an die Beleuchtung, doch dann nehmen Gerüche, Farben, das bunte Treiben, die Kraft der Nahrungsmittel sofort gefangen. Man kann nicht anders, als vor dem Aufgebot an Produkten zu kapitulieren und sich in den Bann dieser kulinarischen Stätte der Superlative ziehen zu lassen. Etwa 300 nummerierte Stände, „Paradas“, wären da aufzusuchen. Wir begnügen uns mit einer kleinen Auswahl:

Fisch und Meeresfrüchte
Egal von wo man eintritt: von der Seite der Rambla de Sant Josep, der Carrer Hospital, der Plaça de la Garunya oder der Plaça Sant Galdric – geht man geradeaus, trifft man unweigerlich auf das Herz der Markthalle mit seinem Angebot an frischem Fisch und Meeresfrüchten, die auf Eisbergen im Halbrund angeordnet sind.
Frischesten Fisch findet man bei den Schwestern  Marta (paradas 817, 818), Sisa (836, 837) und Carme (795, 796), deren Familie schon lange in der Boqueria vertreten ist. Während Marta sich auf großen Fisch spezialisiert hat wie Riesenzackenbarsch oder Seeteufel, sind Sisas Spezialität Sardellenfilets und Plattfische wie Seezunge oder Butt. Carme wiederum hat allen frischen Fisch der Jahreszeit im Angebot. Ihre Öffnungszeiten sind unterschiedlich; normalerweise ist um 15 Uhr Schluss, aber am Freitag, ein Hauptverkaufstag, bleiben Carme und Marta bis um acht. Die Schwestern sind mit Fischern verheiratet, die Boqueria ist quasi ihr Zuhause.
Luci, Chefin von Marisc Luci i Noemi an den Ständen 747-750, bietet heute Froschschenkel an, Austern, Entenmuscheln, Herzmuscheln oder Venusmuscheln von Carril. Alles lebt, wie sie vorführt, das weiße schleimige Innenleben der Schwertmuscheln windet sich bei Berührung. Weil sich die hübschen großen Schalen der Pilgermuscheln so schön zum Anrichten eines Aperitivo eignen, wird ein Satz mitgenommen. Luci hat Dienstag bis Samstag von 7 bis 20 Uhr geöffnet.
Der Familienbetrieb Marisc Genaro (743-745) verkauft schon seit 1920 die besten, frischesten Meeresfrüchte, die er finden kann, an Restaurants und andere Kunden (Tel. 933 021 242). Er erhält seine Schätze direkt aus Galicien. Kleine Aale, Langusten, Austern, frisch an der Küste gefangener Fisch, Seeschnecken, Hummer, Krebse aller Art, auch Algen, Kokochas (Bäckchen vom Merluza) – Genaro hat alles. Allerdings ist nur am Freitag auch nachmittags offen. Er hat gleich eine kleine Vorspeise parat: „Zwiebeln anschwitzen, Knoblauch, ein Schuss Wein. Das wird eingekocht. Dann kann man Muscheln, Gambas, ein paar Langostinos zufügen…“

Obst und Gemüse, Pilze etc.
Daneben fällt ein alter, nostalgischer Stand auf. Es ist noch früh und keine Kundschaft unterwegs, weshalb Ramona (540-542, 567-568) ihre Saubohnen (habas) aussortiert. In vierter Generation, seit 1889, betreibt die Familie den Stand und verkauft Früchte und Gemüse erster Qualität, aus nationaler oder internationaler Produktion. Trotz ihres Alters steht Ramona Dienstag bis Donnerstag von 7 Uhr morgens bis 15 Uhr an ihrem Stand, freitags und samstags sogar bis abends um acht.
Verdures i fruites Eduard Soley (509-511, 518-520) ist aufgrund der Qualität und Vielfalt seiner Produkte in der Boqueria berühmt. Er bietet in erster Linie exotische Früchte und Gemüse an. Daneben auch mehr als 50 Kräuter, frisch oder getrocknet. Er hat alles, was man sich vorstellen kann, auch Minigemüse, spezielle Salate, tropische Wurzeln und Früchte… Seine Produkte kommen aus Afrika, Asien, Lateinamerika; und er hat sich auch auf die neue Küche spezialisiert. Er hat Montag bis Samstag von 8 bis 20 Uhr geöffnet.
Verdures Colomines (480) besitzt eine umwerfende Auswahl an Trockenfrüchten und allerfeinsten getrockneten Pilzen – das Kilo Múrgula (Morcheln) beispielsweise für perverse  450 Euro. Weiterhin Süßigkeiten, kandierte Früchte, Schokoladen sowie Honig, Gewürze, auch Früchte und Gemüse der Saison, und man ist spezialisiert auf Essig und Öl von höchster Qualität. Der Stand ist den ganzen Tag geöffnet.
Auch Llorenç Petràs ist eine Institution in der Boqueria. Fruits del bosc Petràs (866-870) führt Pilze – frisch, getrocknet oder als Konserve. Weiterhin bietet er Schnecken und eine Auswahl an Foie gras und Magret de Pato an sowie Kräuter und essbare Blüten und Insekten. Der Stand ist Dienstag bis Samstag von 7 bis 14 Uhr geöffnet. Auch er hat einen Vorschlag: „Alufolie. Einen Steinpilz drauf, zwei oder drei Stücke frische Foie gras, Salz und Pfeffer, ein paar Scheibchen Speck von einem guten Schinken, ein bisschen Portwein – und alles gut eingewickelt etwa zwölf Minuten in den heißen Ofen geben. Was für ein Aroma!“

Fleisch, Wild, Geflügel, Eier
Outeria Montse (640) ist nur ein kleiner Stand – aber neben Eiern von Rebhuhn, Gans, Huhn und Ente liegen auch riesige Straußeneier aus. Außer Montag öffnet sie jeden Tag von morgens acht bis abends halb acht.
Cansaladeria Mateo López (395-397) ist Spezialist in Sachen Produkte vom Iberischen Schwein. Star ist dabei der Iberische Schinken, den er in allen Preislagen und Geschmacksrichtungen anbietet – ebenso wie die Würste. Huelva, Guijuelo, Extremadura, Teruel – Mateo López Guerrero kennt sich aus, denn er ist schon mehr als 30 Jahre im Geschäft. Montag bis Donnerstag ist bis 16 Uhr geöffnet, Freitag und Samstag, bis die Boqueria schließt.
Was in keiner Markthalle fehlen darf, ist ein Stand mit Innereien. Menuts Pilar (657) ist zwar eine kleine Parada, aber Josep Macià Marin verkauft große Qualität. Hier findet man Kutteln, Ochsenmaul, Schweinebäckchen, Bries und mehr.
Distribucions Avinova (707) hat sich auf Wild und Geflügel spezialisiert. Was Salvador Capdevila zu bieten hat, kann sich sehen lassen: französische Bresse- und katalanische Prat-Hühner, Enten, Gänse, Straußenfleisch, Känguru, Rebhuhn und vieles mehr. Es ist Dienstag bis Freitag bis 20 Uhr offen, montags bis zwei und samstags bis drei. Außerhalb der Halle, an der C/ de la Morera, unterhält Avinova noch einen kleinen, feinen Laden mit Delikatessen.

Backwaren
Nicht in der Boqueria, außerhalb, an der Rambla 83, sollte man nicht versäumen, in der Pastisseria Escribà den Orangenbiskuit mit Schokolade zu probieren, die Konditorei von Christian Escribà zählt zu den besten der Stadt. Sie ist jeden Tag in der Woche geöffnet.

Bars und Restaurants
Ebenfalls außerhalb der Markthalle, an der Carrer Petxina, ganz in der Nähe der feinen Konditorei, kann man bei Túria ein etwas deftigeres sogenanntes „Gabelfrühstück“ zu sich nehmen. Von 8 Uhr morgens bis nachmittags lässt sich so Sukkulentes wie Schweinepfoten oder Stockfisch mit Bohnen probieren. Für weniger als sieben Euro – Kaffee und Getränke eingeschlossen.
In der Bar El Quim de la Boqueria (584-585, 606-607) steht Quim ab acht Uhr morgens am Herd und bereitet Gerichte mit Zutaten aus der Markthalle frisch auf Bestellung zu. Mit etwa zwölf Euro ist man dabei. Ochsenschwanz, Albondigas oder gebratene Eier mit Chipirones (kleine Sepien), Schweinepfoten, Kutteln sind Spezialitäten des Tresens. Geöffnet ist von etwa 7 bis 16 Uhr.
Als Original in der Boqueria gilt Juanito von der Bar Pinotxo (466-470). Montag bis Samstag von 6 Uhr bis 17 Uhr ist er in der Bar anzutreffen. Bacalao a la crema (Stockfisch) mit jungem Knoblauch, Chipirones mit Bohnen, Kichererbsen mit Butifarra, Schwertmuscheln, Kutteln, Nudeln mit Ei und noch viel mehr zeugen von einer authentischen Markt-Küche. Nur knapp nach Dienstschluss war er aber schon nicht mehr aufzufinden. Dafür haben seine zwei jungen Kollegen für ein Foto hergehalten. Zu essen gab es leider nichts mehr.

Wissenswertes
Die Markthalle Sant Josep liegt im Stadtviertel El Raval an der Rambla 91 und ist am bequemsten mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen. Zum Beispiel mit der U-Bahn-Linie L3 bis zur Haltestelle Liceu fahren. Oder die Busse 14, 38, 59 oder 91 nehmen. Der nächste Parkplatz ist an der Plaça de la Gardunya, gleich hinter der Boqueria. Es gibt auch Parkplätze in den Straßen Doctor Dou und Hospital.
Geöffnet ist von 8 Uhr morgens bis ungefähr 8 Uhr abends. Doch nicht alle Stände machen generell nachmittags auf.
Im Internet ist unter www.boqueria.info, nachdem die Sprache ausgewählt wurde, unter „Mapa“ ein virtueller Rundgang durch die Markthalle möglich. Die Stände sind nummeriert, durch Anklicken erscheint jeweils das Bild und die Beschreibung des Geschäfts mit allen Daten.
Das Rathaus von Barcelona bietet ebenfalls umfangreiche Informationen zu allen Markthallen der Stadt an: www.bcn.es/mercatsmunicipals. Und die Boqueria benutzt auch Twitter: http://twitter.com/Boqueria.
Info-Punkt: geöffnet Dienstag bis Donnerstag und samstags 9.30 bis 15.30 Uhr, freitags 9.30 bis 17.30 Uhr.
Vereinigung der Händler der Boqueria, Montag bis Samstag 9 bis 14 Uhr, Tel. 934 121 315.

Bon profit!

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