von 04.02.2011

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„Der schwäbische Pflasterstein“ ist die taz-Titelseite des Jahres 2010. Das ist das Ergebnis der Abstimmung auf taz.de, an der sich 2.250 Leserinnen und Leser der Zeitung beteiligt hatten. 766 hatten für diese Seite Eins vom 2. Oktober votiert.

Klaus Hillenbrand, Chef vom Dienst und Seite Eins-Macher an diesem Tag erzählt, wie es zu der Seite kam:
„Nach dem gewalttätigen Polizei-Einsatz bei der Demonstration am 30. September 2010 war die Empörung nicht nur unter den Gegnern des Stuttgarter Bahnhofsprojekts groß. Die Polizei hatte kurz danach behauptet, sie sei von aggressiven Demonstranten mit Reizgas und Pflastersteinen angegriffen worden. Tatsächlich, so die Stuttgart-21-Gegner, seien aber nur vereinzelt Kastanien geflogen. Damit war auch die Idee für sie Seite 1 der taz geboren: ‚Der schwäbische Pflasterstein‘ war in Wahrheit eine Kastanie. Von der Idee zur Umsetzung war es dann ein einfacher Weg. Tatsächlich musste die Polizei ihre Behauptung von Pflastersteinwürfen bald zurückziehen.“

Titelseite der taz vom 2.10.2010

Für die Wahl der taz-Titelseite 2010 hatten wir den Leserinnen und Lesern 30 Titelseiten der tageszeitung zusammengestellt. Jeder konnte für bis zu 3 Titel stimmen. Es war die zweite Abstimmung nach der Wahl der besten Titelseite aus den ersten 30 Jahren der taz.

Die zweitbeliebteste Titelseite 2010 war die mit der Schlagzeile „Kundus 13.30 Uhr: Die Frisur sitzt“. 566 Stimmen hat sie auf sich vereinigt. Wie es zu dieser Schlagzeile kam, erzählt Stefan Kuzmany, damals Chef vom Dienst und Seite Eins-Macher:
„Eigentlich war wenig los an diesem 14. April, aber dann kam die Nachricht vom unangekündigten Truppenbesuch des Verteidigungsministers in Kundus herein. Mittlerweile ist er ja alle zwei Wochen dort, aber damals war das noch eine Überraschung. Es war klar, dass zu Guttenberg mit der heroischen Landung im Kriegsgebiet in erster Linie PR für sich selbst machen wollte, jetzt mussten wir diese Aussage nur noch auf den Punkt bringen. Schöner Mensch verlässt Flugzeug, das erinnerte mich doch an irgendetwas: Haarspray-Werbung! Die Zeile stand. Jetzt musste ich nur noch herausfinden, wann genau der Minister gelandet war – schließlich schulden wir unseren Leserinnen und Lesern exakte Information. Es freut mich sehr, dass diese Seite 1 so gut angekommen ist – sie ist eine meiner liebsten.“

Titelseite der taz vom 15.4.2010

Auf Platz drei kam die Ausgabe mit der Schlagzeile „Finde den Fehler“ vom 23. April. In dieser Woche hatten die jungen Kollegen, die U-31, die taz übernommen. An diesem Tag war tazzwei-Ressortleiter Daniel Schulz deshalb ausnahmsweise Seite Eins-Chef. Er erinnert sich:
„Bischof Walter Mixa war zurückgetreten, für die taz eine Elfmeter-Situation. Man erwartete von uns etwas besonders Ausgefallenes. Es war die U31-Woche, und wir jungen Redakteuere bekamen von vielen Seiten zu hören, wie langweilig wir das doch alles machten. Der Druck war also hoch. Von einem älteren Kollegen kam der Vorschlag wir sollten doch ‚Protestanten: 1 – Katholiken: 1‘ titeln und so gleich nochmal Margot Käßmann nach ihrem Rücktritt durch den Kakao ziehen.“
„Ein Knalleffekt, aber wir vom Einserteam – Verena Schneider (CvD), Mathias Königschulte (Foto) und ich – fanden, dass dies nicht den Kern des Problems traf. Der war die Hierarchie der Kirche selbst. Und so entschieden wir uns für eine recht lakonische, reduzierte Zeile und Aufmachung. Die Einschätzung der erfahrenen KollegInnen war: zu intellektuell und zu leise, das sahen auch mehr als die Hälfte der Jungredakteure so. Ich war sehr unsicher, folgte aber meinem inneren Impuls. Um so schöner, dass die Leser diese Seite mögen, weil das zeigt, dass auch Reduktion und Subtilität einen Platz auf der Eins haben.“

Titelseite der taz vom 23.4.2010 - Finde den Fehler

Die Bilderstrecke mit allen Titeln finden sie hier. Unter den Teilnehmern der Abstimmung verloste die taz drei Einkaufsgutscheine für den tazshop. Die Gewinner werden benachrichtigt. Den Titel „Der schwäbische Pflasterstein“ hatte übrigens der tazshop im Oktober noch einmal herausgebracht: Als T-Shirt.

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