vonHelmut Höge 17.01.2011

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Formes de vie/Lebensformen/Existenzweisen

Vor der Pollerkette

Und hinter der Pollerkette

In dem Manifest “Einführung in den Bürgerkrieg” der Gruppe Tiqqun (wir erinnern uns: mit Hobbes “Leviathan” wurde er staatlich “pazifiziert”) heißt es an einer Stelle:

“In der ziemlich reichhaltigen Sammlung von Mitteln, welche der Westen bereit hält, um sie gegen jegliche Form von Gemeinschaft anzuwenden, findet sich eines, das ungefähr seit dem 12. Jahrhundert eine gleichermassen vorherrschende als auch über jeden Verdacht erhabene Stellung einnimmt: ich meine das Konzept der Liebe. Man muß ihm, über die falsche Alternative, die es jetzt allem aufzwingt (“liebst du micht oder liebst du mich nicht?”), eine Art ziemlich furchterregender Effizienz bezüglich dem Vernebeln, Unterdrücken und Aufreiben der hochgradig differenzierten Palette der Affekte und der himmelschreienden Intensitätsgrade, die beim Kontakt zwischen Körpern entstehen können, zugestehen. So half dieses Konzept mit, die gesamte extreme Möglichkeit der differenzierten Ausbildung der Spiele zwischen den formes-de-vie einzuschränken. Sicherlich schuldet die gegenwärtige Misere der Ethik, die als Art ständiger Erpressung zum Paar funktioniert, ihm eine ganze Menge.”

An anderer Stelle des Tiqqun-Manifests heißt es: “Es genügt, sich in Erinnerung zu rufen, wie im Laufe des Prozesses der ‘Zivilisation’ die Kriminalisierung von allen Leidenschaften mit der Heiligsprechung der Liebe als einzige und einzigartige Leidenschaft, als der Leidenschaft par excellence einherging…Selbstverständlich gilt dies nur für das Wort und nicht für dasjenige, was sie unabsichtlich trotzdem hat stattfinden lassen…”

Neben Tiqquns Aufstandsanleitung gab es schon einmal eine “Negative Anthropologie” – von Ulrich Sonnemann. Der Kasseler Sozialphilosoph sprach dabei, ähnlich wie Günter Anders in Wien, von “Vorstudien zur Sabotage des Schicksals”. Der Spiegel schrieb 1969 über Ulrich Sonnemanns “negative Anthropologie” – unter der Überschrift “Unerwartetes tun”:

Befreiung aus der Abhängigkeit von unbewußten Triebmechanismen — wie Freud laut Sonnemann formulierte oder von ehernen Gesetzen der Menschheitsgeschichte — wie Marx nach Sonnemann annahm — ist nur möglich, wenn die Menschen ein neues “utopisches” Bewußtsein verwirklichen, sich “anders” verhalten, “den Berechnungen sich entziehen, das Unerwartete tun”.

Diese Möglichkeit, unvorhergesehen, “spontan” zu handeln, habe der Mensch durch seine “originäre Intelligenz”, die weder meßbar noch vorherbestimmbar noch manipulierbar sei. Ihre Wesenszüge sind die “Überraschung” und der “Durchbruch durch Schranken”. Solches spontanes, eine konkrete Situation reflektierendes Handeln ist laut Sonnemann nicht triebhaft-impulsiv, sondern intelligent und zugleich moralisch, weil es die “Einheit von Wahrheit und Wille”, von Theorie und Praxis intendiert.

Von der Möglichkeit dieses Denkens und Handelns aus versteht Sonnemann seine “negative Anthropologie” als “Möglichkeit einer Macht im Geschehen”, als “Theorie des Engagements”. Im Unterschied zu den positiven Menschen- und Sozialwissenschaften, die den Menschen als berechenbares Objekt und sein Verhalten als voraussehbar behandeln, nennt Sonnemann seine Menschenlehre negativ, weil er den Menschen ausschließlich als “Möglichkeit” begreift, deren Verwirklichung noch aussteht.

Im Zusammenhang des Begriffs “Bürgerkriegs” sei hier noch an eine Bemerkung Rosa Luxemburgs erinnert: Machen wir uns nichts vor, sagte sie, ich glaube, zum sozialdemokratischen Bürgerkriegsverhüter Eduard Bernstein gewandt, der Bürgerkrieg ist nur ein anderes Wort für den Klassenkampf. Zuletzt fragte sich der französische Philosoph Michel Foucault – bloß noch rhetorisch: “Was gibt es überhaupt in der Geschichte, was nicht Ruf nach oder Angst vor der Revolution wäre?”

In Tiqquns „Einführung zum Bürgerkrieg“” heißt es nun:

“Ich spreche vom Bürgerkrieg, um ihn auf mich zu nehmen, um ihn in Richtung seiner erhabensten Erscheinungsweisen auf mich zu nehmen. Das heisst: meinem Geschmack entsprechend.

Und Kommunismus nenne ich die reale Bewegung, die überall und jederzeit den Bürgerkrieg zu zunehmend elaborierter Beschaffenheit vorantreibt.” An anderer Stelle ist in diesem Zusammenhang auch von “einer gewissen Ethik des Bürgerkriegs” die Rede.

Mit der Pollerwand im Rücken


Die junge US-Kommunistin Edith Anderson lernte während des Krieges in New York den dort exilierten deutschen Kommunisten Max Schroeder kennen. 1947 folgte sie ihm als Ehefrau nach Ost-Berlin, wo Marx Schroeder inzwischen Chef des Aufbau-Verlags geworden war. Edith Anderson starb 1999, ich bekam neulich ihre Biographie „Liebe im Exil“, die 2007 im Basisdruck-Verlag erschien.

Ich bin damit noch nicht durch, bisher habe ich mir erst einmal folgende Sätze darin angestrichen:

„Ist es ein gutes Projekt, hierherzukommen?“ (fragte sich und sie Max Schroeder in einem Brief, bevor Edith Anderson die USA verließ)

„Ich war jetzt dreißig und hatte immer noch kein Verständnis dafür entwickelt, welche Ernte die Schönheit eines Mädchens einfahren konnte. Ich verkaufte mein Klavier.“

„Wir glauben vielleicht, wir hätten keine genauen Plan. Aber Pläne formen sich in einer Region des Gehirns, von der unser Gehirn nichts weiß. Während ich mich noch mit der Entscheidung quälte, ob ich alles, was mir lieb war, für einen Mann verlassen sollte, fragte mich meine kluge Freundin Helen Cole: ‚Hast du Angst, dass du glücklich wirst?'“

Als ihr Schiff New York verließ, weinte sie, aber als sie am nächsten Morgen aus ihrer Koje aufstand, war sie „unerwartet verändert, leicht wie der Mensch auf dem Mond. Die Dünung des Ozeans hob mich hoch, und meine Stimmung schwang sich auf wie die Möven, die unserem Schiff immer noch folgten.“

„…eine fürchterliche Erkenntnis quälte mich, sie war nicht neu, aber aufs neue schmerzhaft begriffen: daß Intimität nicht Kenntnis des anderen bedeutet, sondern in Wirklichkeit gegen solche Kenntnis arbeitet.“

„Max war erstaunlich extrovertiert. Seine eigene Psychoe interessierte ihn überhaupt nicht, auch nicht die anderer Leute, mich eingeschlossen.“

„Er sprach sarkastisch von dem, was er ‚amerikanischen Eheterror‘ nannte. Ich glaubte zu wissen, was er meinte.“

„Aber ich habe mich nicht in dich verliebt, sagte ich irgendwann gegen Morgen.“

„Gehen Sie regelmäßig zum Zahnarzt,“ ermahnte sie Gerhart Eisler, ein Kommunist muß sicher stellen, „dass er in Kampfform“ ist.

Ein Schriftsteller fragte sie, was für einen Roman sie schreibe: „Es geht um die Liebe zwischen Frauen, gestand ich. (…) Ich war zutiefst überzeugt, ein Nichts zu sein, wie die meisten Frauen.“

Der schwarze Schriftsteller Richard Wright schrieb ihr, an was er arbeite: „Ich versuche eine Brücke zu schlagen vom Roman der Erfahrung zum Roman des Wollens. Ich habe nicht verstanden, was er damit meinte.“

In Berlin angekommen, bemerkt sie in den „formes de vie“ der  Deutschen: „Sie wußten, daß die Welt sie verabscheute, das stand auf ihren Gesichtern geschrieben, und sie wollten davon nichts mehr hören. Ihr habt es nicht anders gewollt, dachte ich.“

Regelmäßig bricht ein Schwarm Spatzen in ihre Friedenauer Wohnung ein – und stiehlt Lebensmittel.

„Ich hatte chronische Sehnsucht nach einer Freundschaft, die über dem Geschlechterkampf stand.“

„Unsere erste Zwiebel in Friedenau war ein Geschenk…Glücklich verheiratet. Wien in einem Frauenjournal.“

„Sie fragten mit schmeichlerischem Lächeln ‚Und wie gefällt Ihnen Berlin?‘ Sie hatten kein Gefühl für die niederschmetternde Unangemessenheit dieser Frage. Fast jeder hat sie gestellt.“ Und jeder fügte dann hinzu: „Natürlich war Berlin ‚vor dem Krieg‘ oder ‚damals‘ viel viel schöner.“

„Nationalsozialisten war der feinere Ausdruck für Nazis.“

Als sie schwanger wurde, bemerkte sie: „Seine Zärtlichkeit für den Inhalt meines Bauches kannte keine Grenzen. Er schien zu verstehen, dass aus Gründen jenseits meiner Macht mein Gehirn sich in seiner Schale zusammengerollt hatte wie ein kätzchen in der Ofenecke und der nun steuerlose Körper durch ungekannte Aufgaben navigierteund ihm ein Versuch nach dem andern mißlang. Er war viel zu taktvoll, um danach zu fragen, wie ich mit dem Romand vorankam.“

Im Einschlafen legte er „seine linke Hand auf meinen leicht geschwollenen schwangeren Bauch. Von dorther zog Ruhe in ihn ein. ‚Meine neue Welt,‘ flüsterte er. ‚Alte Welt‘, antwortete ich im Traum.“

„Ich brauche dich, sagte er, deine Reaktionen auf das Hier und Heute. Ich brauche dich wie ein Nachschlagewerk. Wenn ich eine Orientierungshilfe für das Jetzt war, war er Vergangenheit und Zukunft für mich.“

„Nur in des Schlafes Umarmung konnten wir einander beherbergen.“ (S. 140)

Alte Montana-Pollerreihe. Photos: Peter Grosse


3 Veranstaltungen zum Thema:


Kriegsgesang
Über den kommenden Aufstand

Diskussionsveranstaltung in Berlin

Das Pamphlet „Der kommende Aufstand“, das es sich zur Aufgabe macht, „ein bisschen Ordnung in die verschiedenen Allgemeinplätze dieser Epoche zu bringen“, erfreut sich hier wie auch in vielen anderen Ländern größter Beliebtheit, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Sogar die Bürgerpresse ist begeistert. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung meint, es „könnte das wichtigste linke Theoriebuch unserer Zeit werden“.

Tatsächlich scheint mit diesem Buch erstmals seit langer Zeit das gesellschaftliche Elend in all seinen Facetten, von der Paarbeziehung bis zum Krieg, illusionslos ausgeleuchtet zu werden. Mehr noch, das „Unsichtbare Komitee“ belässt es nicht bei einer Bestandsaufnahme, sondern zieht praktische Schlussfolgerungen für einen radikalen Bruch.

Um „ein bisschen Ordnung in die verschiedenen Allgemeinplätze“ der Diskussion um das Buch zu bringen, soll in einleitenden Thesen gezeigt werden, warum dieser Anspruch nicht eingelöst wird. Anstatt sich mit den Schranken der gegenwärtigen Kämpfe zu konfrontieren, flüchten sich die Autorinnen in die Pose von Verschwörern. Weil letztlich nebulös bleibt, wie das gesellschaftliche Elend produziert wird, bleibt auch die Möglichkeit seiner Abschaffung im Dunkeln.

Montag, 24. Januar 2011, 19:30 Uhr

Versammlungsraum des Mehringhof, Gneisenaustr. 2a

Veranstalter sind die „Freunde der klassenlosen Gesellschaft“/Redaktionskollektiv „Kosmoprolet“

Samstag – 22.01.2011, 20.00 Uhr:

„Lulu –  die Nuttenrepublik“:  Inszenierung: Volker Lösch (ca. 100 min.) in der Schaubühne am Kudamm (Lehniner Platz).

Dazu heißt es im Programm:

In Volker Löschs Inszenierung »Lulu – Die Nuttenrepublik« wird Wedekinds Jahrhundertwerk ergänzt und aufgeladen durch die Erfahrungen von Berliner Frauen, die in unterschiedlicher Weise als Sexarbeiterinnen (Bizarr-Lady, Domina, erotisches Fotomodell, Escort-Lady, Hausdame, Hure, Kurtisane, Pornodarstellerin, Puffmutter, Sklavia, Stripteasetänzerin, Tabletänzerin, Tantra-Masseuse, Zofe) tätig sind oder waren. Diese Berlinerinnen sind Fachfrauen für die Sexualität, die Ängste und Wünsche von Männern, Profis für Selbstinszenierung und Rollenspiel – und nicht zuletzt Geschäftsfrauen, die ihre Ware auf dem Markt verkaufen. Sie werden als Sprechchor auftreten und mit ihren Geschichten eine Hauptrolle in »Lulu – Die Nuttenrepublik« spielen.

15 Jahre Partisan-Trend-Onlinezeitung

Veranstaltungswochenende

Reform und Revolution/Wege aus dem Kapitalismus

Täglich hören wir von sozialen Auseinandersetzungen in Betrieben und im Stadtteil aber auch an Schulen und Unis. Dort wo wir leben, nehmen wir an ihnen teil. Auch wenn sich diese Kämpfe zunächst nur gegen persönlich erfahrene Ausbeutung, Ausgrenzung und Unterdrückung richten, sie gewinnen an Breite und es wächst darin die Erkenntnis, dass Produktion, Verteilung und Reproduktion anders als nach kapitalistischen Gesetzmäßigkeiten organisiert werden könnten. Damit setzt sich nach 20 Jahren des Scheiterns der realsozialistischen Staaten der Kommunismus wieder auf die Tagesordnung.

In vielen Teilkämpfen entwickelt sich derzeit der Wunsch nach Vernetzung. Es entstehen Bündnisse. Sie reichen von der Einpunkt-Aktion bis zu bundesweiten Kampagnen. Nun kommt es darauf an, anstelle pragmatischer Bündnisse eine dauerhafte Vernetzung für das Ziel der Aufhebung der kapitalistischen Produktionsweise schaffen.

Wie müsste HEUTE so eine revolutionäre Organisation aussehen? In welchem Verhältnis stünde sie zum Proletariat? Entsteht sie in den Kämpfen der Klasse? Was wären ihre programmatischen Grundlagen? Wie wären die Tageskämpfe mit dem Kampf für eine menschwürdige Gesellschaft jenseits des Kapitalismus zu verbinden? Welche Strukturen müsste diese Organisation haben? Was gäbe es aus den Fehlern und Niederlagen der Vergangenheit zu lernen? Was sollte sich nicht wiederholen? Was hieße HEUTE Reform und was Revolution. Hieße die Antwort nach wie vor: Diktatur des Proletariats?

Freitag, den 21. 1. 2011 – 19.30 Uhr Mehringhof, 10961 Berlin Gneisenaustraße 2, Veranstaltungsetage

Braucht eine sozialemanzipatorische Bewegung eine Partei?
Eröffnungsveranstaltung

Inputreferat Harry Waibel
Notwendige Lehren aus dem Scheitern des Marxismus-Leninismus für den Klassenkampf heute.

Es diskutieren mit Harry Waibel:
Anne Seeck, Peter Djordjevic, Peter Nowak, Robert Schlosser und Bernard Schmid

Der Marxismus-Leninismus ist historisch und politisch gescheitert. Da aber eine proletarische Organisierung unumgänglich ist, müssen die marxistisch-leninistische Ideologie und ihr Parteikonzept, wie es von Lenin und Trotzki entwickelt und durchgesetzt wurde, entschieden kritisiert werden. Ihr Konstrukt vom „Demokratischen Zentralismus“ entspringt der militärischen Auffassung einer vertikaler Organisierung, deren wesentliches Merkmal die allmächtige Dominanz der an der Spitze der Pyramide stehenden Führer ist. Im Sinne von Rosa Luxemburg kann die Rolle der Kommunisten im Klassenkampf nicht die von Chefs über ihre Angestellten oder von Offizieren über ihre Soldaten sein. Vielmehr gilt heute mehr denn je, dass die proletarische Organisierung eine horizontale Struktur hat. Schließlich wird mit einer horizontalen Organisierung bereits heute der Keim für eine Ausbeutungs- und Unterdrückungsfreie Gesellschaft gelegt.

Sonnabend, den 22. 1. 2011 Uhr Mehringhof Veranstaltungsetage
11-13 Uhr Bernard Schmid (Paris)
Klassenkämpfe und revolutionäre Organisierung in Frankreich
Seit Mai 2003 wechselten in Frankreich breit geführte Klassenkämpfe in schneller Reihenfolge ab. Zuletzt nahmen im Herbst 2010 an zehn „Aktionstagen“ der Gewerkschaften und der sozialen Opposition rund acht Millionen Lohnabhängige teil. Mit Ausnahme der Auseinandersetzung um den Kündigungsschutz im Frühjahr 2006 liefen diese Kämpfe allerdings auf Niederlagen hinaus. Das Bewusstsein dafür, dass die Gewerkschaftsführungen in ihrer Mehrheit eher am Selbsterhalt ihrer Apparate denn an der Durchsetzung von Klasseninteressen der Lohnabhängigen interessiert sind, wuchs. Aber die alternative Organisationsansätze blieben in allen zurückliegenden Kämpfen zu schwach. Die Parteigründung NPA 2009 als „Partei der sozialen Kämpfe“ stagnierte. Wie analysieren wir diese Bewegungen, wo liegen ihre Stärken, wo ihre Schwächen? Wie steht es um politische Bewusstseinsformen der Lohnabhängigenklasse, wie um Organisierungsversuche außerhalb der etablierten Apparate?

13-15 Uhr Uhr Peter Nowak (Berlin)
Von den sozialen Kämpfen zur revolutionären Organisierung
Der Verlauf der Sozialproteste in den vergangenen Monaten hat einmal mehr das Fehlen einer kommunistische Organisierung deutlich vor Augen geführt. In dem Workshop soll über die Gründe diskutiert werden, warum eine solche Organisierung oft in Ansätzen stehen bleibt? Liegt es nur an Fehlern der unterschiedlichen linken Gruppen oder sind die veränderten Arbeitsbedingungen im Postfordismus dafür verantwortlich, dass klassische Organisierungsmodelle nicht mehr greifen? Dabei soll nicht der Eindruck erweckt werden, dass früher alles besser war. Es sollen auch über aktuelle Organisierungsansätze diskutiert werden.

15-17 Uhr Uhr Anne Seeck (Berlin), Peter Djordjevic (Oldenburg), Gerhard Foss (Stadtteilinitiative Schillerkiez) und Lars Röhm (FAU)
Kämpfe im Stadtteil und Betrieb – ein Erfahrungsaustausch

In der Erwerbslosenbewegung tritt die Forderung „Weg mit Hartz IV“ zunehmend in den Hintergrund. Ausgehend von einer Kritik an dieser Entwicklung wollen KollegInnen aus der Stadtteilgruppe Schillerkiez und der FAU Berlin, ihre Erfahrungen aus Stadtteil- und Betriebskämpfen diskutieren. Sie werden den Schwerpunkt auf die Frage legen, wie durch Selbstorganisation der Subjekte sich basisdemokratische Strukturen bilden. Dabei geht es nicht um die Organisierung von Bittstellerei sondern um Widerstand. Hierbei gilt es zu untersuchen, wem die Forderungen nicht nur kurzfristig, sondern auch langfristig nützen.

17-19 Uhr Uhr Robert Schlosser (Bochum)
Kommunismus und Klassenkampf

Die bisher gestarteten Versuche, Kommunismus zu realisieren, sind allesamt mit verheerenden Folgen gescheitert. Zentrale Voraussetzung waren von der objektiven Seite revolutionäre Situationen und von der subjektiven Seite die mehr oder weniger gelungene und vollendete „Bildung des Proletariats zu Klasse in Gestalt von Parteien, Gewerkschaften und anderen Organisationen. Heute ist in den Kernländern des entwickelten Kapitalismus diese subjektive Voraussetzung für den Beginn einer sozialen Revolution nicht einmal in Ansätzen verwirklicht, das Klassenbewusstsein der alten Arbeiterbewegung weithin zerstört, die kommunistischen Kräfte bedeutungslos und zersplittert. Dieser aktuelle Zustand von subjektiver Ohnmacht ist auch Produkt einer durch das Kapital bewirkten objektiven Veränderung in der Zusammensetzung der Klasse der LohnarbeiterInnen. Sind wir am Ende oder stehen wir vor einem neuen Anfang? Wie können KommunistInnen den notwendigen Prozess der „Bildung des Proletariats zur Klasse“ als Bedingung für eine soziale Revolution heute unterstützen und voranbringen?

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