vonLars Freudenberger 26.08.2024

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Politische Kämpfe / Zeitgeschehen / Interviews

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 Wenn Pseudojournalist:innen für Schlagzeilen sorgen, wird es meistens ziemlich abenteuerlich. Da ist auch der sogenannte „ÖRR-Blog“ eines CSU-Lokalpolitikers aus Oberfranken keine Ausnahme. Auf dem X Account des Blogs (Stand 27.8.24: 104 000 Follower*innen) wird mit vermeintlichen Fakten um sich geworfen und Medienschaffende der Öffentlich Rechtlichen werden bei nahezu jeder Gelegenheit diffamiert.

Erst kürzlich hing der ÖRR-Blog einem Tweet über die ideologische Positionierung der Gäste im „Presseclub“ eine fehlerhafte Grafik an, die eine unausgewogene Gästewahl in der ARD-Talkshow suggerierte. Wenig später stellten die eigentlichen Urheber der Infografik, Forschende der Uni Mainz, richtig, dass es sich bei der Grafik lediglich um die ideologische Position von 47 zufällig ausgewählten Medien handelte, die in keinem Zusammenhang zum Presseclub stehen. Anschließend löschte der Blog den Beitrag. Für die Art der Berichterstattung steht er dennoch exemplarisch.

So kommen nahezu im Stundentakt neue „Infos“ über vermeintlich fehlerhafte Recherchen, eine redaktionelle Unausgewogenheit oder, das „Go-To“ des „ÖRR-Blogs“, über eine angebliche Vetternwirtschaft innerhalb des öffentlichen Rundfunks. Immer mit dabei: Eine treuer Pool an Konservativen, Rechtsoffenen und offen Rechten, die nur darauf warten einmal mehr ihren Frust über die Verantwortlichen, die Journalist:innen und vor allem die GEZ-Gebühr rauszulassen.

Scrollt man selbst durch den Feed des ÖRR-Blogs, fällt ziemlich schnell auf, dass es um die sonst so kritisierte journalistische Ausgewogenheit beim Blog selbst nicht allzu gut bestellt ist. Details, die nicht der politischen Agenda des Blogs entsprechen, werden meistens bewusst weggelassen.

So warfen die Autoren in einem Tweet vom 22. August dem MDR vor, einen gewaltverherrlichenden Wahlwerbespot der Partei DIE PARTEI gesendet zu haben. Dass sich der Sender selbst dagegen vehement geweigert hatte und der Spot erst durch einen richterlichen Beschluss doch gezeigt werden musste, ist den Betreibern bei ihrer „Recherche“ wohl zufällig durch die Lappen gegangen.

In ihrer Arbeit inszenieren sich die Betreiber des Accounts als kritische Widerständige gegen eine vermeintlich links-grüne Hegemonie innerhalb des Rundfunks. Eine Hegemonie, die angeblich keinen Raum für konstruktive Stimmen lässt. Doch selbst konstruktive Kritik zu äußern und nicht ohne Sinn und Verstand gegen den gesamten ÖRR verbal zu schießen , ist auf X selbstverständlich völlig abwägig.

Stattdessen hetzt der Blog einseitig gegen alles und jeden, der irgendwie in das Feindbild ihrer reaktionären Perspektive passt. Ähnliches berichten progressive Stimmen im „ÖRR-Blog Watch“, ebenfalls auf X. Die Seite hatte sich im Februar gegründet, um die Aktivitäten des Blogs zu dokumentieren und kritisch einzuordnen. Dort finden sich nahezu täglich Beispiele von künstlich herbeigeführten Skandalen, struktureller Irreführung oder gar konkreten Falschaussagen.

Mal solidarisiert sich der Blog des CSU-Politikers mit Personen aus der extremen Rechten, wie bspw. dem kürzlich inhaftierten Aktivisten „Shlomo“, der bereits 2020 wegen Volksverhetzung verurteilt wurde, mal werden Petitionen von Protofaschisten beworben, wie bspw. die des AfD-Mitglieds Patrick Kolek. Dieser hatte den Ausschluss des Satirikers El Hotzo aus dem ÖRR gefordert.

Auch Halbwahrheiten und konstruierte Fakten spielen im Blog eine große Rolle. Erst kürzlich veröffentlichten die Beteiligten des ÖRR-Blogs auf Instagram wiederholt einen „Info“slide, in dem sie der ARD vorwarfen, im Jahr 2017 mit der Sprachwissenschaftlerin Elisabeth Wehling ein Konzept erarbeitet zu haben, um „Zuschauer zu manipulieren“. Zwar hat es damals eine Zusammenarbeit der Wissenschaftlerin mit dem Sender gegeben, jedoch optimierten die Verantwortlichen innerhalb der ARD lediglich interne Prozesse, um die Kommunikation zu den Nutzer:innen zu verbessern. 

 

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