vonericbonse 08.05.2021

Lost in EUrope

Eric Bonse, EU-Korrespondent der taz in Brüssel, schreibt hier all das über Europa und seine Krise(n), was die EU gerne verdrängen würde | Bild: dpa

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Es war Merkels letzter Deal als EU-Ratspräsidentin: Kurz vor Toresschluß im Dezember 2020 hat Kanzlerin Merkel das Investitionsabkommen mit China abgeschlossen. Nun ist es geplatzt – wegen der Sanktionen, mit denen sich Brüssel und Peking wechselseitig überziehen.

Angesichts von gegenseitigen Sanktionen sei das Umfeld “für eine Ratifizierung des Abkommens derzeit nicht günstig”, sagt Kommissionsvize Valdis Dombrovskis, als er den Stopp verkündete. Man könne “den größeren Kontext” nicht ignorieren.

Das ist putzig – denn diesen Kontext hat die EU selbst geschaffen. Sie trat den Streit mit China mit ihren neuen Menschenrechts-Sanktionen vom Zaun, die wenige Wochen nach dem Investionsabkommen verhängt wurden.

Einen zwingenden Grund gab es dafür nicht. Schließlich sind die Verletzungen der Rechte der Uiguren, die die EU ahnden will, seit Jahren bekannt. Niemand hat Brüssel dazu gezwungen, ausgerechnet jetzt Streit zu suchen.

Oder vielleicht doch? Klar ist, dass die neue Biden-Administration in den USA versucht, die EU in Stellung gegen China zu bringen.

Klar ist auch, dass dies von den Grünen im Europaparlament unterstützt wird. Auch Kanzlerkandidatin Baerbock ist für einen härteren Kurs gegen China.

Als die chinesische Führung dann ihre Gegensanktionen erließ und dabei auch auf (grüne) Europaparlamentarier zielte, war klar, dass das Abkommen klinisch tot war. Das EU-Parlament würde es nicht mehr ratifizieren.

Damit verliert die EU (und Deutschland) die Chance, ihre Investitionen im Reich der Mitte besser abzusichern. Darum ging es nämlich – und nicht um Freihandel, wie immer wieder fälschlich berichtet wurde.

Für Merkel ist dies ein ernster Rückschlag. Gerade erst hatte sie in bilateralen Gesprächen mit der chinesischen Führung um Vertrauen geworben. Niemand ist von China wirtschaftlich so abhängig wie Deutschland.

Nun entgleitet der Kanzlerin die Macht in diesem wichtigen Politikfeld. Dem steht jedoch kein Zugewinn an anderer Stelle gegenüber. Die Rechte der Uiguren werden durch die Blockade in keiner Weise gefördert.

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass die europäische Sanktionspolitik in die Sackgasse führt – der Streit um den China-Deal hat ihn geliefert…

Siehe auch “Merkels letzter Deal – ausgerechnet mit China” sowie “Biden trommelt gegen China – und stürzt EUropa in ein Dilemma”

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https://blogs.taz.de/lostineurope/baerbock-schlaegt-merkel/

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