vonericbonse 30.05.2020

Lost in EUrope

Eric Bonse, EU-Korrespondent der taz in Brüssel, schreibt hier all das über Europa und seine Krise(n), was die EU gerne verdrängen würde | Bild: dpa

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Am 26. Mai 2019 ist die Europawahl zu Ende gegangen. Ein Jahr später steht die Demokratie ziemlich lädiert da. Das Scheitern des Spitzenkandidaten-Modells und die Ausnahmegesetze wg. Corona haben das “demokratische Defizit” vergrößert.

Nur in Deutschland scheint die Welt noch in Ordnung. Kanzlerin Merkel erfreut sich neuer Beliebtheits-Rekorde, das Vertrauen in die Bundesregierung ist hoch. Die Proteste auf den Straßen werden auf “Verschwörungstheorien” zurückgeführt und kaum ernst genommen.

In fast allen anderen EU-Ländern hingegen beoachten wir eine massive Vertrauens- und Demokratiekrise. Auch das Europaparlament ist geschwächt. Weil es immer noch nicht in Brüssel tagt, kann es seine Rechte allenfalls virtuell wahrnehmen – wenn überhaupt.

Parlamentspräsident Sassoli ist zur Randfigur geworden, in Brüssel gibt die – in der Europawahl nicht legitimierte – CDU-Politikerin von der Leyen den Ton an. Doch selbst sie wird an den Rand gedrängt, wenn es um die “Recovery” und andere große Themen geht.

Derweil werden die Bürgerrechte immer mehr ausgehöhlt. Und zwar nicht nur in Ungarn und Polen, sondern auch in Frankreich, Spanien oder UK, wo der Staat immer mehr in die Meinungsfreiheit eingreift, natürlich im Namen der Demokratie.

Die Bürgerkonferenz zur “Zukunft Europas”, die eigentlich am Europatag Anfang Mai starten sollte, wurde auf unbestimmte Zeit verschoben. Mittlerweile darf man schon froh sein, wenn sie noch in diesem Herbst beginnt – unter deutschem EU-Vorsitz.

Das wäre dann eineinhalb Jahre nach der Europawahl, und rund ein Jahr nach dem Start der neuen EU-Kommission. In der Zwischenzeit ist die europäische Demokratie erschreckend erodiert – höchste Zeit, sie neu zu erfinden…

Siehe auch “Das Parlament meldet sich ab” und “Wo bleibt die demokratische Kontrolle”. Alle Beiträge zur Europawahl 2019 hier

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