vonericbonse 20.09.2025

Lost in EUrope

Eric Bonse, EU-Korrespondent der taz in Brüssel, schreibt hier all das über Europa und seine Krise(n), was die EU gerne verdrängen würde | Bild: dpa

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Ein Festival in Gent hat den israelischen Dirigenten Shani ausgeladen, weil der sich nicht eindeutig vom Genozid in Gaza distanziert habe. Die deutsche Reaktion ist heftig – Belgien zeigt sich geschockt.

Die Organisatoren des renommierten “Festival van Vlaanderen” hatten das für den 18. September geplante Konzert der Münchner Philharmoniker unter Leitung Shanis abgesagt.

Shani sei “nicht in der Lage gewesen, die nötige Klarheit über seine Haltung zu dem genozidalen Regime in Tel Aviv auszudrücken”, schrieben sie als Begründung mit Verweis auf die israelische Regierung.

Daraufhin hieß es in Berlin, in Gent herrsche der blanke Antisemitismus. Kulturstaatssekretär Weimer protestierte, Innenminister Dobrindt sprach von einer “absolut inakzeptablen” Situation.

Dabei geht es Berlin nun wirklich nichts an, was auf einem Kulturfestival in Gent passiert. Kultur ist Ländersache, und Belgien hat sich nie derart dreist in deutsche Angelegenheiten eingemischt.

Außerdem wurde Shani nicht ausgeladen, weil er Jude ist, wie man in Deutschland behauptet – sondern weil er sich nicht von der Netanjahu-Regierung und ihren (Un-)Taten in Gaza distanzieren will.

Entsprechend schockiert fallen die Reaktionen aus. Der rechtsnationale Premier De Wever kritisierte die Ausladung. Die Entscheidung habe “dem Ansehen unseres Landes” schweren Schaden zugefügt, bedauerte er.

Das sehen aber längst nicht alle so. Die sozialdemokratische flämische Kulturministerin Gennez billigte die Ausladung. Auch die Kultur müsse Flagge zeigen, meint sie – wie wohl die Mehrheit der Belgier.

Eine Retourkutsche stand heute im “Soir”: “Die Deutschen sind nicht glaubwürdig“, heißt es in einem Meinungsbeitrag. Schließlich würden dort reihenweise Künstler und Konzerte gecancelt.

Außerdem sei es in Deutschland fast unmöglich geworden, ein gutes Wort für Palästina einzulegen, ohne seine Karriere zu gefährden. Wer gegen den Genozid demonstriert, riskiert sogar seine Gesundheit…

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