vonericbonse 07.05.2019

Lost in EUrope

Eric Bonse, EU-Korrespondent der taz in Brüssel, schreibt hier all das über Europa und seine Krise(n), was die EU gerne verdrängen würde | Bild: dpa

Mehr über diesen Blog

Nun ist es raus: Großbritannien wird auf jeden Fall an der Europawahl teilnehmen – selbst wenn man sich vorher doch noch auf den Brexit-Vertrag einigt. Damit wird die Wahl wohl endgültig zur Farce.

Die britische Regierung erklärte, selbst im Fall eines positiven Brexit-Votums bleibe nicht mehr genug Zeit, um die nötigen Gesetze zu beschließen und die Wahl abzublasen. Damit sind für die EU viele negative Folgen verbunden, wie die Nachrichtenagentur AFP berichtet. Hier ein paar Stichpunkte:

  • KEINE VERKLEINERUNG DES EU-PARLAMENTS – wie sei eigentlich geplant war;
  • ANDERE EU-ABGEORDNETE IN DER WARTESCHLEIFE – vor allem französische Anwärter gucken in die Röhre;
  • MEHRKOSTEN – das Europaparlament bleibt so groß wie zuvor und damit auch genauso teuer.

Besonders ärgerlich ist aber, dass die Briten nun auch den neuen Kommissionschef mitwählen. Die Briten hätten mit fast zehn Prozent der Stimmen beträchtlichen Einfluss auf die Besetzung des mächtigen Postens bis zum Jahr 2024 – obwohl sie der Union selbst bald wahrscheinlich den Rücken kehren.

Das stärkt die Sozialdemokraten, die Liberalen und die Grünen – aber auch die EU-Gegner auf der Insel, die nun massenhaft ins neue EU-Parlament einziehen dürften. Dies könne “nachteilige Folgen für das Machtgleichgewicht” im Parlament haben, warnt der Brüsseler Thinktank EPC.

Sorgen muß sich vor allem CSU-Spitzenkandidat Manfred Weber machen – denn er darf nicht auf zusätzliche britische EU-Abgeordnete hoffen. Die Tories haben schon vor Jahren das Bündnis mit Webers EVP aufgekündigt. Weber hat sich deshalb bereits mehrfach über die Wahl-Teilnahme der Briten beschwert.

Auch der Brexit-Beauftragte des Europaparlaments ist genervt. Er fürchte eine “vergiftete” Europawahl, ereiferte sich der Liberale Guy Verhofstadt. Das Europaparlament werde zum Taubenschlag: “Britische Abgeordnete fliegen ein, britische Abgeordnete fliegen wieder aus.”

Eine Farce, oder? Wer den Einfluß der Briten begrenzen und das Parlament stärken will, sollte trotzdem zur Wahl gehen. Denn an dem Desaster sind nicht die Europaabgeordneten schuld, auch nicht die Spitzenkandidaten – sondern die Staats- und Regierungschefs, die die Briten nicht ziehen lassen…

Siehe auch “Wird die Europawahl zur Farce? (III)” und “Tusk will Spitzenkandidaten übergehen”

Mehr zur Europawahl hier, aktuelle Wahlumfragen und Projektionen hier

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/lostineurope/eine-vergiftete-europawahl/

aktuell auf taz.de

kommentare

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert