Der Wirtschaftshistoriker Adam Tooze hat die Haltung der EU im Ukraine-Krieg scharf kritisiert. Die Sanktionen gegen Russland seien nicht nur ein Tabubruch, sondern auch beängstigend und dumm.
Die beispiellosen Sanktionen Europas und der USA gegen Russland markierten eine Wende, das Finanzsystem werde zur Kriegswaffe umfunktioniert, sagte Tooze dem “Standard” aus Wien
Dass diese neue Waffe gleichzeitig mit dem Krieg in der Ukraine gezündet wird, ist nach Ansicht des Experten beängstigend – denn es kann zu einer weiteren Eskalation beitragen. Zitat:
Wir bestrafen Russland nicht nur, Sanktionen sind gar nicht mehr der richtige Begriff. Wir führen wirtschaftlich Krieg. Die Sanktionen sollen sofort wirken, jetzt Russland maximalen Schaden zufügen und nicht erst im Laufe der Zeit. Deshalb hat der Westen auch den Weg über Zentralbanken gewählt. Es ist alles enorm komprimiert, wir erleben ein Ineinandergreifen des Krieges und dieser wirtschaftlichen Maßnahmen. Und das ist alles in der Tat sehr beängstigend.
Tooze knöpft sich auch Europa vor. Auf die Frage, ob die Sanktionen der EU schaden, antwortet er:
Europa ist reicher, weil Russland mit angegliedert ist. Die Abkoppelung ist mit erheblichen Kosten verbunden. Das sollte man nicht unterschätzen, das war eine unattraktive Dimension des Aufruhrs am vergangenen Wochenende: diese Russophobie, die aufgekommen ist. Es gab fast so etwas wie ein Vergnügen daran, sich den Schaden, der durch die Sanktionen angerichtet wird, vorzustellen. Das ist sehr unschön und auch dumm. Die Firmen, die in Russland aktiv sind – wir reden jetzt zynisch über sie. Aber das sind gute Geschäfte, die sie tätigen. Für alle, für die Konsumenten, für ihre Aktionäre und eben auch für die Russen. Wenn man die Marktwirtschaft als solches befürwortet, kann man nicht dagegen gewesen sein, in Russland Geschäfte zu machen. Das verlieren wir jetzt, und das sollten wir auch als Verlust markieren. Menschen werden leiden, Europäer werden leiden.
Tatsächlich sehen wir die ersten Effekte schon – die Preise für Gas und Öl brechen alle Rekorde, auch Weizen und Düngemittel werden immer teurer. Doch Deutschland und die EU bieten kaum Kompensation.
Auch Russland reagiert. Die westlichen Sanktionen glichen einer Kriegserklärung, sagte Kremlchef Putin, ebenfalls laut “Standard.” Doch die EU und die USA scheint das nicht zu kümmern. Sie haben bereits weitere Strafen angekündigt.
Laut Tooze gibt es dafür allerdings eine rote Linie: die Gaslieferungen. “Ernst wird es für den Durchschnittsbürger in Europa erst, wenn wir mit Gas anfangen und es abdrehen. Dann wird es todernst.”
Angesichts der aufgeheizten Stimmung kann es nicht mehr lange dauern, oder?
Siehe auch “Die Sanktionen wirken – doch was bewirken sie?” und “Eine Blaupause vor dem Wirtschaftskrieg” (dieser Blogpost erschien schon vor Kriegsbeginn) Tooze führt ein exzellentes Tagebuch bei Substack, sein “Chartbook” steht hier
Sanktionspolitik ist Variante in vor-demokratisch absolutistischem Gewande von Strafexpeditionen in Kolonien, statt Häuptlings Schlösser Dörfer, Hütten zu brandschatzen, an denen sein Mütchen zu kühlen, mangels eigener Anerkennung Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag, gegen Ukraine Angriffskrieg führendes Russland deren Regierung, Militärs, Soldaten*nnen namentlich vor diesem nach Weltstrafrecht zu verklagen.
Da wird es dringend nötig, das zu ändern, zu ändern, dass auch Deutschland, das zwar Internationalen Strafgerichtshof Den Haag 1997 anerkannt durch Bundestag Januar 2002 vor Afghanistaneinsatz aber nur mit Ausnahmeregelung wie viele andere Länder ratifiziert hat, dass Bundeswehrangehörige im Auslandseinsatz diplomatischen Immunitätsstatus erhalten, Bundeswehrangehörigen im Auslandseinsatz bisherige Immunität, Freistellung von Strafverfolgung im Auslandseinsatz entzieht, deeskalierendes Instrument glaubwürdig an der Hand zu haben namentlich gegen kriegführende Länder wie Russland, deren Regierung, Generalstab, Soldaten*nnen