vonericbonse 09.01.2021

Lost in EUrope

Eric Bonse, EU-Korrespondent der taz in Brüssel, schreibt hier all das über Europa und seine Krise(n), was die EU gerne verdrängen würde | Bild: dpa

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Ein Gericht in London hat die Auslieferung von Wikileaks-Gründer Julian an die abgelehnt. Das sollte auch die EU freuen – schließlich tritt sie für Demokratie, Rechtsstaat und Meinungsfreiheit ein. Doch die EU-Verantwortlichen schweigen.

Wenn es um Bürgerblogger in China, Demonstranten in Belarus oder Oppositionelle in Russland geht, dann ist die EU sofort zur Stelle. Der Außenbeauftragte Borrell oder Justizkommissarin Jourova erheben ihre Stimme, Sanktionen folgen auf dem Fuße.

Doch im Fall Assange – nichts! Nicht einmal das Europaparlament hält es für nötig, sich mit dem Wikileaks-Gründer solidarisch zu erklären oder das Gerichtsurteil aus London zu kommentieren. Nur der Pirat P. Breyer wagt sich aus der Deckung:

“Eine Auslieferung von Julian Assange an die USA hätte weitreichende Folgen für Journalisten, die Missstände und selbst Kriegsverbrechen von Staaten aufdecken wollen. Vertreter des US-Justizministeriums erklärten mir vergangenes Jahr offen, Journalisten würden ebenso belangt werden wie Assange. Pressevertreter und Blogger verdienen unseren besonderen Schutz statt wie Kriminelle verfolgt zu werden. Die Öffentlichkeit muss Staatsverbrechen der Machthaber kennen, um sie unterbinden zu können.”

P. Breyer, Piratenpartei

Breyer legt hier den Finger in die Wunde: Die USA dulden keine Whistleblower, sie drohen unverhohlen der freien Presse, wenn sie es wagen sollte, “Staatsgeheimnisse” bzw. Kriegsverbrechen offenzulegen. Spätestens das sollte die EU auf den Plan rufen.

Zudem sollten die EU-Verantwortlichen dafür sorgen, dass Assange im zu erwartenden Berufungsverfahren nicht im britischen Hochsicherheitsgefängnis zu Schaden kommt. Der Australier ist schon jetzt in einem miserablen gesundheitlichen Zustand.

Doch die EU rührt keinen Finger. Das sei ein schwerer Fehler, meint die ehemalige Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin. Schließlich gehe es auch um die Werte der Europäer, „die auf diese Weise des Nichtstuns auch verletzt werden“.

Vermutlich ist man in Brüssel vollends damit beschäftigt, den Empfang für den neuen US-Präsidenten Joe Biden vorzubereiten und die Scherben zusammenzukehren, die das Last-Minute-Investitionsabkommen mit China in den USA hinterlassen hat!?

Siehe auch “Schweigen zu Assange”

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https://blogs.taz.de/lostineurope/so-versagt-die-eu-im-fall-assange/

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