vonericbonse 02.06.2025

Lost in EUrope

Eric Bonse, EU-Korrespondent der taz in Brüssel, schreibt hier all das über Europa und seine Krise(n), was die EU gerne verdrängen würde | Bild: dpa

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Dass EU-Präsidentin von der Leyen den Karlspreis erhalten hat, war den meisten Medien keine Meldung wert. Trotzdem haben wir ihre Rede gelesen – und uns über “vier Aufgaben” gewundert.

Europa ist mein Leben. 

Und es ist die größte Ehre meines Lebens, heute hier vor Ihnen allen zu stehen.

Daher glaube ich, die nächste große Ära – unser nächstes großes, einendes Projekt muss von einem unabhängigen Europa handeln.

Das waren die Kernaussagen. Wir haben sie schon zu oft gehört.

Nur das Wort “unabhängig” lässt aufhorchen – nachdem von der Leyen ihre erste Amtszeit damit verbracht hat, die EU an die USA zu ketten, predigt sie nun das Gegenteil.

Glaubwürdigkeit? No comment!

Aber immerhin hat sie vier Gebote – pardon: Aufgaben – formuliert, um ihre Lebenswerk abzuschließen.

  • die Verteidigung; statt einer “Pax Americana” verspricht VDL eine “Pax Europaea des 21. Jahrhunderts”
  • die Wettbewerbsfähigkeit;
  • die “nächste historische Wiedervereinigung” Europas durch die Erweiterung um beitrittswillige Staaten wie die Ukraine ;
  • die Stärkung der Demokratie.

Was soll man davon halten?

  • Als Verteidigungsministerin hat VdL die Bundeswehr heruntergewirtschaftet. Die 800 Mrd. Euro für Aufrüstung, die sie nun verspricht, stehen nur auf dem Papier, die “Wiederbewaffnung” kommt auf Pump.
  • Die Wettbewerbsfähigkeit ist ein überholter Begriff aus der neoliberalen Schule. Unter von der Leyens Führung ist die W. in Deutschland massiv zurückgegangen – u.a., weil sie billige Energie aus Russland ausschließt.
  • Die Erweiterung um die Ukraine wird Europa nicht “wieder vereinen”, sondern tiefer spalten denn je. Von der Leyen hat den Freunden Karls des Großen imperiale Versprechen gemacht, die sie nicht halten kann.
  • Die Stärkung der Demokratie – ausgerechnet durch eine Frau, die sich nie einer direkten Wahl für Brüssel gestellt hat und deren Politik dazu führt, dass Nationalisten und EU-Gegner überall stärker werden?

Fazit: Auch die Karlspreis-Rede war keine Meldung wert. Immerhin wird man von der Leyen fortan an ihren “vier Aufgaben” messen können. Und an dem Anspruch, ein “unabhängiges Europa” zu schaffen…

Siehe auch Die “Wiederbewaffnung” beginnt – nicht gegen, sondern für Trump

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https://blogs.taz.de/lostineurope/von-der-leyen-uebernimmt-sich/

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