Oft reicht der Platz in der Zeitung nur für das Allernötigste. Ganze 80 Zeilen hatte ich vorgestern, um den Besuch von Präsident Luiz Inácio Lula da Silva in Altamira zu würdigen, bei dem er den Bau des Megastaudamms Belo Monte vehement verteidigte. Ein paar wichtige Details möchte ich hier nachtragen.
Es war eine Wahlkampfveranstaltung für seine Parteifreundin Ana Júlia Carepa (r.), die im Oktober als Gouverneurin des Amazonas-Bundesstaats Pará wiedergewählt werden will. Ohne ein Bündnis mit der Zentrumspartei PMDB, deren Seilschaften wiederum den staatlichen Stromsektor dominieren, ist das allerdings undenkbar. Die Staudammgegner, die Lula in seiner kurzen Rede spöttisch attackierte, hatten am Vortag die Transamazônica-Landstraße blockiert. Ins Stadion, das mit Regierungsanhängern besetzt war, wurden die meisten erst gar nicht hineingelassen. Besonders empörte sie, dass ein „kooptierter“ Xikrin-Indígena auf der Bühne so präsentiert wurde, als wären die Urvölker der Region für das Wasserkraftwerk.
Stunden später weihte der Präsident ein leeres Gelände bei Marabá ein, auf dem ab 2011 ein Stahlwerk des Multis Vale entstehen soll – der Strom soll angeblich einmal von Belo Monte kommen, obwohl der skandalumwitterte, in den 1980ern gebaute Staudamm Tucuruí viel näher liegt. Neun Planierraupen wurden extra für die Zeremonie herbeigeschafft. Auf den Fotos seines Fotografen Ricardo Stuckert (l.: Vale-Chef Roger Agnelli) wirkt Lula alles andere als entspannt, fast so, als wäre ihm die Show peinlich. Mit gutem Grund: Vor einem knappen Jahr hatte er in Brasília einer von Bischof Erwin Kräutler angeführten Delegation versprochen, der Bevölkerung der Region das Projekt nicht mit Gewalt aufzuzwingen. Doch genau das passiert jetzt.
Die bekannte rechtsliberale Wirtschaftskolumnistin Miriam Leitão zieht in ihrem Blog ein vernichtendes Zwischenfazit:
Bei Belo Monte fehlen Planung, Machbarkeitsstudien, Sorge um die Umwelt, Haushaltssicherheit, wirtschaftliche Analysen. Doch der fundamentale Fehler ist das Demokratieversagen.
Noch wäre Zeit zum Umsteuern. Aber Lula und seine mögliche Nachfolgerin Dilma Rousseff, vormals Energieministerin, scheinen sich hoffnungslos verrannt zu haben.