vonBen Gerten 12.10.2007

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Die katholische Kirche, mindestens in ihrer rheinischen Ausprägung kann erstaunlich undogmatisch sein. Das gilt insbesondere, wenn´s um das liebe Geld geht. Frau Prokop verwies früher immer auf den Kölner Kardinal Josef Frings, der nach dem Krieg das Klauen von Kohlen und Lebensmitteln zum Überleben legitimiert hatte. Fringsen hieß das.

Die Kölner Katholiken leiden derzeit unter einem nicht rheinischen Kardinal, dem Ostimport Joachim Meisner (in Breslau geboren), nicht liberal, nicht undogmatisch, nicht kunstverständig. In kleiner Runde schimpfen sie ihren Erzbischof angesichts der lebensweltlichen Defizite schon mal den Kalifen von Köln. Als ob der was von 1001 Nacht wüßte.

Dafür haben die Mainzer Glück. Ihr Kardinal Karl Lehmann (gelernter Philosoph) verkörpert auf das Vortrefflichste den rheinischen Katholizismus. Und was macht ein solcher rheinischer Kardinal, wenn ihm Geld für die Renovierung der Kirche fehlt. Er wendet sich an einen rheinischen Banker und gemeinsam brüten sie eine rheinische Idee aus. Die Mainzer Dom-Anleihe: 100 Millionen Euro schwer.

Anleger können so viel Geld bei der Wette mit den Banken einsetzen. Sie setzen darauf, dass der Dividendendax in den kommenden fünf Jahren schneller steigt, als der Dax selbst. Sollte das der Fall sein, bekommen sie entweder zehn Prozent nach einem Jahr, oder zwanzig nach zwei Jahren oder 50 nach fünf Jahren. Wenn sie die Wette verlieren bekommen sie nach fünf Jahren ihr Geld zurück – unverzinst.

Der Domverein, dessen Vorsitzender Lehmann ist und dessen Vizevorsitzender der prominente Landesbanker Friedhelm Plogmann ist, bekommt von den teilnehmenden Banken das eine Prozent, das die Kunden für das Geschäft zahlen und freut sich deshalb in jedem Fall, wenn die Schäfchen mitmachen. Moralisch fühlt man sich rheinisch sicher: Das Verlustrisiko der Schäfchen beschränkt sich auf entgangene Zinsen. Nicht mal der dogmatischen Kardinalkollege Meisner in Köln hat sich bislang getraut zu meckern, und der ist sogar gelernter Bankkaufmann. 

Dem Himmel sei Dank, also. Nur bei der FAZ in Frankfurt haben leider die falschen Moralisten die Macht übernommen. Sie geißeln das Risko der Geldanlage für den Dom als „ausgesprochenes Risikopapier“. Worte, die man bei den Wetten, die an den Frankfurter Geldmärkten sonst so abgeschlossen werden, in der Zeitung für Deutschland regelmäßig vermisst.

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