Wir wollen doch gar nicht auf die großen Plattenfirmen eindreschen, denn wir wissen ja: ihr habt es schwer genug. Aber die Frage sei schon erlaubt: was wollt Ihr damit erreichen? Welchen Zweck verfolgen? Welche Nachricht ins Internet senden?
Zur Erklärung: einige kleinere Blogs haben deutschlandweit in den letzten Wochen von Anwälten großer Plattenfirmen Post bekommen, in denen verlangt wurde, bestimmte Links zu mp3s von ihrer Seite zu entfernen – natürlich verbunden mit einem Aufwandsersatzbetrag in drei- bis vierstelliger Höhe und der Aufforderung zu einer Unterlassungserklärung. Im ersten Moment denkt man natürlich: klar, böse Filesharer, wir sind ganz bei Lily Allen (Fuck You) und das wird schon seinen Sinn haben – bis wir feststellen mussten, dass die Links nicht etwa zu hochgeladenen oder illegal veröffentlichten Songs führen, sondern viel mehr selbst von den Künstlern und/oder deren Plattenfirmen (in anderen Ländern) kostenlos veröffentlicht wurden.
Lesen wir nun die Antworten von Sebastian Hornik, die der Corporate Communications Director von Sony Music den Kollegen von laut.de gegeben hat, so werden die Fragezeichen nicht kleiner. Natürlich kann man sich auf den rechtlichen Standpunkt stellen, dass ein in Amerika freigegebenes mp3 nicht automatisch für Deutschland legal ist – auch wenn das offensichtlich bewusste Missverstehen der Funktionsweise des Internets hier schon sauer aufstößt.
Aber es fehlt doch wenigstens der Versuch, die Fälle verhältnismäßig zu beurteilen. Sony kann ja wohl kaum tatsächlich der Meinung sein, dass jene Blogs, die peinlich genau darauf achten, eben nur andernorts freigegebenes Material zu verlinken und keinesfalls illegal Alben oder Songs selbst hochladen, die Hauptgegner im Filesharing-Weltkrieg sind.
Es verrät auch eine gewissen Geisteshaltung, wenn Hornik diese Blogs, die nichts anderes als die Fanzines der Internetwelt sind, als kommerziell motiviert ansieht, weil Werbung dort geschaltet werden würde. Es mag für eine Major-Plattenfirma natürlich unvorstellbar sein, dass es Jungs und Mädels da außen gibt, die sich mit Musik befassen, ohne davon reich werden zu wollen. Es ist gerade zu absurd, einem Blog wie Whitetapes.de zu unterstellen, dass er aus kommerziellen Absichten heraus betrieben wird. Das wäre sicherlich am Return on Investment (hinsichtlich der „Arbeits“zeit) bemessen ein so schlechtes Geschäft, dass man sich fast mit EMI messen könnte.
Hier schießen die großen Plattenfirmen mit Kanonen auf Idealisten, die noch dazu eine nützliche Arbeit für die Labels erledigen, in dem sie die Promoarbeit in den Untiefen des Netzes kostenlos übernehmen.
Selbst wenn man den nicht gänzlich unumstrittenen Sony-Standpunkt, dass es sich dennoch um Rechtsverletzungen handelt, einfach akzeptiert, bleibt immer noch die Grundfrage der Verhältnismäßigkeit: welcher Blog würde sich weigern, einen Link zu entfernen, wenn das Label ihm eine einfache e-Mail statt eines Anwaltsbriefs schreibt?
Und am Ende des Tages bleibt die Frage offen: wem, in aller Welt, soll dieses Vorgehen nützen?
P.S.: einen hübschen Lily-Allen-Diss-Song zum Filesharing-Thema gibt es übrigens hier:
[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=HL9-esIM2CY[/youtube]
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Nachtrag:
Wie bestellt zu obigem Thema klingt ein Absatz aus einem exklusiven Text Nick Hornbys im britischen Guardian:
„The MP3 blogs that stretch for miles and miles, as far as the eye can see, down that stretch of the net that isn’t reserved for pornography, are staffed by enthusiastic and likable young men and women who absolutely don’t want to rip the artists off: they are always careful to post links to iTunes and Amazon, and the songs they put on their sites are for sampling purposes only. (For the most part, they are encouraged to do so by the artists and their labels, who take out adverts on the more popular sites, and are clearly sending advance copies of albums to the bloggers.) It works for me. I listen, and then I buy what I like, because owning music is still important to me.“