Wenn ich mich umschaue, finde ich mich mitten in der Aufmerksamkeitsökonomie wieder. Aber von vorne: Ich zeichne auf Kundgebungen – das kann rückwärtsgehend bei einer Demo schon mal herausfordernd sein, aber es macht immer Spaß und hilft ungemein, mit Leuten ins Gespräch zu kommen. Irgendwann hat das den Impuls gegeben, die Bilder auch auf Instagram zu stellen (lassunswastun).
Auf diesem Kanal wurde für mich so richtig augenfällig, welche absurden Aufregerthemen volle Ladung Aufmerksamkeit und Klicks bekommen und welche tollen, schönen und wundervollen Sachen einfach untergehen. Angesichts der starken Projekte in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt, die für den taz Panter Preis nominiert sind, hat es mich hierhin gezogen: cool people doing cool stuff im Hinterland, wo progressive Arbeit stattfindet; die viel zu wenig gesehen wird.
Meine Erfahrungen in Düsseldorf oder Essen passen gut zum „Wir sind mehr!“-Fisch, einem Karnevalswagen des Künstlers Jacques Tilly. Er begegnet mir immer wieder und gibt mir ein gutes Gefühl, denn bei Kundgebungen der AfD kommen viele und stellen sich quer.
Aber wie ist das hier im Osten? Ja, auch hier sind wir mehr, aber „wir“ ist immer ein Begriff, der Fragen aufwerfen sollte, Mehrheiten sind relativ und überhaupt: Auf der Straße kann es ja auch deutlich andersrum aussehen.
Also, wie ist das in ostdeutschen Kleinstädten? Wer ist „wir“ und ist „mehr“?
Es gibt so vielfältiges und wunderbares Engagement gegen Rechts und für alles, was das Leben bunt macht. Diese Arbeit ist kein Sprint, sondern ein Marathon: machen wenige, kann erfüllend sein, ist aber anstrengend und braucht einen langen Atem. Deswegen ist Resonanz so wichtig. Überhaupt sollte viel mehr geschenkt werden – Aufmerksamkeit ist dabei nicht das Unwichtigste.