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Der Bär flattert in nordöstlicher Richtung.
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Valerie Solanas
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Mit einigen anderen Titeln der Olympia Press New York schickte mir Maurice Girodias 1969 das Manuskript der ›Society For Cutting Up Men‹ von Valerie Solanas. Eine paranoide, surrealistische Theorie, also innerhalb des Wahnsystems schlüssig. Ich antwortete ihm umgehend: »Machen wir!« Maurice hatte Valeries Manifest im Jahr 1968 – gleich nach dem Warhol-Attentat – veröffentlicht. Er zahlte Valerie ein Pauschalhonorar von 500 Dollar, ich überwies ihm für die deutschen Rechte ein flat fee von 1000 Dollar.
Die deutsche Übersetzung erschien 1969 bei März mit einem Nachwort des ›Arbeitskreises Frauenemanzipation‹, dem auch einige Frauen des ›Weiberrats der Gruppe Frankfurt‹ angehörten. Von dieser Gruppe stammt der ›Rechenschaftsbericht‹ mit den komischen abgehackten Pimmeln der Genossen Schauer, Gäng, Kunzelmann, Krahl und Rabehl, wie Jagdtrophäen an der Wand aufgereiht. Auf der Rückseite des Flugblatts outeten die Frauen fünfzig weitere SDS-Schwanzträger mit einem Solanasnahen Text, dessen Schlußzeile lautete: »Befreit die sozialistischen Eminenzen von ihren bürgerlichen Schwänzen!« Mir konnte ja in dieser Richtung nichts passieren, weil Valerie mich zum »contact man of the mob« ernannt hatte. Damit gehörte ich zu den wenigen Männern, die der Vernichtung durch die Frauen entgehen sollen, per Gnadenerlaß der Anführerin der Society For Cutting Up Men.
Als Valerie Solanas gefragt wurde, warum sie auf Andy Warhol geschossen habe, antwortete sie: »Ich habe eine Menge schwerwiegender Gründe, lesen Sie mein Manifest und Sie wissen, wer ich bin.«
Valerie Solana – das s am Ende ihres Namens fügte sie später hinzu – wurde 1936 in Atlantic City, New Jersey geboren. Sie wuchs in desolaten Familienverhältnissen auf, die Mutter war Trinkerin und gewalttätig, der Vater quälte sie mit sexuellen Übergriffen. Mit 13 kam Valerie in ein Mädcheninternat für straffällige Jugendliche und legte später im Fach Psychologie ein Examen an der University of Maryland ab.
In New York begann Valerie Solanas zu schreiben, darunter ein Theaterstück ›Up Your Ass‹, das sie Andy Warhol gab, und das ›S.C.U.M.-Manifesto‹. Ihr Manifest verkaufte sie hektographiert in den Cafés von Greenwich Village. Zuweilen schlug sie sich auch mit Prostitution durch.
1968 hatte Valerie Solanas eine kleine Nebenrolle in dem Andy Warhol Film ›I A Man‹ für ein Honorar von 25 Dollar. Vorher hatte Andy Warhol ihr gestanden, daß irgend jemand in der Factory das einzige Manuskript ihres Theaterstücks ›Up Your Ass‹ weggeworfen habe. Ein Jahr später zog Valerie Solanas eine 32er Beretta Automatik und schoß auf Andy Warhol. Dem Polizisten, der sie festnahm, sagte sie: »Er hatte zu viel Kontrolle über mein Leben.«
Im ›März-Mammut. März Texte 1 & 2‹ haben wir Andy Warhols Bericht ›Nachdem sie mich niedergeschossen hatte, drehte sich Valerie um und schoß auf Mario Amaya‹ veröffentlicht.
Mitte der Siebziger erschien eine Neuauflage des ›S.C.U.M.-Manifests‹ bei März im Vertrieb von Zweitausendeins. Obwohl März die deutschen Rechte von Maurice Girodias für ein Pauschalhonorar gekauft hatte, der Verlag also nicht verpflichtet war, Tantiemen an die Autorin zu zahlen, schickten wir ihr einen Scheck über die branchenübliche Summe. Dies honorierte Valerie Solanas in einem langen Brief, den wir später ebenfalls im ›März-Mammut. März Texte 1 & 2‹ abdruckten:
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Nach der Bestallung zum ›Contact man of the mob‹ kam mein Brief an Valerie Solanas mit den erbetenen Antworten und einem weiteren Scheck, nach einer langen Irrfahrt durch die USA zurück. Das dicke Kuvert liegt ungeöffnet im Deutschen Literaturarchiv Marbach.
Wenig später, weil sie meine Antwort ja nicht erhalten hatte, enthob Valerie mich des Amtes:
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Wir schickten also Kopien an Mark Zussman, den neuen Contact man of the mob – no reply, no return.
Die traurige Wahrheit: Radikale Feministinnen in Deutschland, Italien, Frankreich, den USA, Japan und wer weiß wo noch, druckten das ›S.C.U.M.-Manifest‹ nach, Valeries Lebensgeschichte wurde verfilmt und in Schweden verdient gerade eine Autorin hunderttausende Kronen damit. Aber außer von Maurice Girodias und von März hat Valerie Solanas in ihrem Leben nie einen Cent Honorar gesehen. Sie starb 1989 in einem Obdachlosenasyl in San Francisco an Lungenentzündung.
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