vonDaniel Erk 13.06.2010

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„So haben Sie Adolf Hitler noch nie gesehen“ würde die „Bild“ Ihren Beitrag über diesen Film vermutlich beginnen – und es stimmt. Adolf Hitler ist ein glatzköpfiger, bierbauchiger Inder und Eva Braun eine sehr schöne, mandeläugige Inderin, die in ihrer Funktion als „Miss India“ vor allem durch ihre Oberweite in Erscheinung trat.

Als hätte nämlich die Nollywood-Produktion „Hitler“ den Vogel in Sachen Hitler-Filme nicht schon zur Genüge abgeschossen, zielt nun Bollywood ähnlich hoch bzw. tief. Und gleichzeitig setzt eben dieser Film auch noch an, Hitler von einer noch persönlicheren, noch mehr von den Verbrechen der Deutschen, der SS und der Wehrmacht losgelösten Seite zu präsentieren als es schon Oliver Hirschbiegel in „Der Untergang“ tat.

„Dear Friend Hitler“ heißt der Film des indischen Regisseurs Rakesh Ranjan Kumar und soll, nach Angaben von Kumar, eine Romanze werden, wenn auch nicht im klassischen Sinne. Kumar führt nach Angaben von Times Online weiter aus: „“Als Führer war er (also Hitler) erfolgreich. I will zeigen, warum er als Mensch so verloren hat? Was waren seine Probleme, seine Anliegen, was waren seine Absichten?“

Zwar wird „Dear Friend Hitler“ auf die in Bollywood-Filmen üblichen Musical-Elemente wie Tanz und Gesang verzichten, soll aber trotzdem eine explizit indische Perspektive entwickeln: Schon der Titel „Dear Friend Hitler“ verweist auf zwei Briefe, die Mahatma Gandhi an Hitler mit dem Ziel, den zweiten Weltkrieg zu vermeiden, geschrieben haben soll. Zudem soll „Dear Friend Hitler“ zeigen, wie der deutsche Diktator Indien geliebt und zur Unabhängigkeit des Landes beigetragen habe. Einer der Produzenten des Filmes formulierte sogar: „Wenn wir jemand für die Freiheit Indiens danken sollten, dann sollte es Hitler sein.“

Das ist zwar historisch nicht wirklich zutreffend, wie im Filmblog des Guardian nachzulesen ist. Hitler unterstützte zwar die faschistische Indian National Army von Subhas Chandra Bose, hielt Inder aber nichtsdestotrotz für eine den Europäern unterlegene Rasse die von fremden Mächten unterworfen werden sollte.

Ob die Toten des Holocaust und die Opfer des zweiten Weltkrieges in „Dear Friend Hitler“ eine Rolle spielen werden, das ist soweit nicht bekannt. Andererseits: Darum hat sich Oliver Hirschbiegel ja auch nicht wirklich gekümmert.

Oder wie es der bei der Filmpremiere ebenfalls anwesende Bollywood-Star Murli Sharma so treffend formulierte: „Ich bin nicht wirklich aufgeregt, ich habe kaum etwas über diesen Mann (also Hitler) gelesen. Nach allem, was ich über Hitler weiß, finde ich vor allem seinen Namen ziemlich lustig.“

Tatsächlich, so hat man Hitler bislang wirklich kaum gesehen. Und vielleicht war das auch besser so.

Mehr zu „Dear Friend Hitler“ bei Vanity Fair und in der Haaretz.


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