vonKarim El-Gawhary 07.08.2010

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Hoffnungslos im Nahostkonflikt, enttäuscht von Obama, begeistert von Erdogan und eine Hinwendung  zur religiösen Identität.

Das ist das Ergebnis einer Studie der Brookings-Institution in den USA,  die alle Jahre wieder versucht, die arabische Gefühlslage zu erkunden.
Zuerst die positive Meldung der Umfrage zu der 4000 Araber in Ägypten, Saudi Arabien, Marokko. Libanon, Jordanien, und den Vereinigten Arabischen Emiraten befragt wurden.

86 Prozent der Araber sind bereit Frieden mit Israel zu schließen, wenn dieses die im 67er Krieg besetzten arabischen Gebiete, einschließlich Ostjerusalem zurückgibt. Letztes Jahr lag diese Zahl noch bei 73 Prozent.

Der Rest der Umfrage die zwischen 29 Juni und dem 20 Juli stattfand, ist eigentlich ein Zeugnis darüber, wie desillusioniert die arabische Welt ist.

54 Prozent der Befragten glauben, dass es niemals einen dauerhaften Frieden mit Israel geben wird.

Der Kriegsgefangene: Quelle Quds Al-Arabi

Ernüchtert von Obama

Besonders enttäuscht sind die Araber von der Obama-Regierung. Dessen Popularität  war hoch, als dieser zu Beginn seiner Amtszeit in einer Rede in Kairo versprochen hatte, die Zeiten George W. Bush hinter sich zu lassen und in der Region Nahost und mit dem Muslimen ein neues Kapitel aufzuschlagen.

62 Prozent sehen Obama inzwischen als negativ, verglichen mit nur 23 Prozent im letzten Jahr. 63 Prozent sind von der US-Außenpolitik entmutigt, 15 Prozent mehr als letztes Jahr. Die Zahl der Araber, die sich als im Moment als “hoffnungsvoll” bezeichnen würden, sank im letzten Jahr von 51 auf 16 Prozent.

Am meisten enttäuscht sind die Araber von Obamas Umgang mit dem Nahostkonflikt (61 Prozent), gefolgt von der US-Präsenz im Irak (27 Prozent). Afghanistan taucht dagegen nur auf  dem vierten Platz mit vier Prozent auf.

Erwartungsgemäß wurde Tayyip Erdogan als populärster Führer angegegeben. Ein Ergebnis der Gaza-Flotilla. 20 Prozent gaben an, den türkischen Premier am meisten zu bewundern.

In der Frage des Iran sind die Araber regional gespalten. Je näher die Nachbarschaft zum Iran desto größer die Angst vor dem iranischen Atomprogramm. Eine Mehrheit der Befragten hat sich aber für das Recht der Iraner auf ein Atomprogramm ausgesprochen, selbst wenn dabei Atomwaffen produziert werden.

Ägypter und Marokkaner sprechen dem Iran dieses Recht am meisten zu. Saudis sind gespalten, während im Libanon, Jordanien und vor allem in den Arabischen Emiraten eine Mehrheit dafür ist, das iranische Atomprogramm zu stoppen.

Muslimischer vor arabischer Identität

Das erste Mal in den letzten zwei Jahren hat eine Mehrheit der Befragten erklärt, dass sie sich vor allem als Muslime und erst in zweiter Linie als Araber und Bürger ihres Landes fühlen. Besonders ausgeprägt ist dieses Gefühl in Marokko, Saudi Arabien und Ägypten.

Zum Schluss noch einmal das Ranking auf die Frage, welchen politischen Führer außerhalb ihres eigenen Landes bewundern Sie am meisten?

Das ist vielleicht das ausdrucksvollste Zeichen arabischer Verwirrung und Hoffnungslosigkeit. Interessant ist, dass die ersten drei alle keine Araber sind und dass die eigenen militanten Lösungen (Nasrallah und Ben Laden) in den letzten beiden Jahren nach unten gerutscht sind.

Mein perönliches Rätsel ist Sarkoscy, mein persönlicher Schreck ist, dass  Ben Laden immer noch so hoch im Kurs steht.

Recep  Erdogan (20%)
Hugo  Chavez (13%)
Mahmoud  Ahmadinajad (12%)
Hassan  Nasrallah (9%)
Bashar  al‐Assad (7%)
Nicolas  Sarkozy (6%)
Osama  bin  Laden (6%)

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https://blogs.taz.de/meinungsumfrage_unter_arabern_wo_die_hoffnung_langsam_stirbt/

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