Zu Besuch in Berlin vergangene Woche: Raymond Tshibanda, Kongos Minister für Internationale Kooperation. Zwischen Bayer-Visite und Termin beim Bundeswirtschaftsministerium findet der geschliffene Diplomat mit langjähriger Erfahrung in allen heiklen Ecken der kongolesischen Politik Zeit, einige Fragen zu erklären, die sich aktuell zur Entwicklung des Kongo stellen. Am wichtigsten: seine Ankündigung, daß die in diesem Jahr anstehenden Wahlen, deren Vorbereitung immer größere Zweifel an ihrer korrekten Terminierung und ihrem korrekten Ablauf aufkommen lassen, „fristgerecht“ stattfinden sollen.
Die Wahlen seien „eine Frage höchster Bedeutung“, so Tshibanda. „Dem kongolesischen Staat ist daran gelegen, die Bedingungen der Unumkehrbarkeit der Demokratie in unserem Land zu schaffen. Es ist wichtig, daß die Tradition der Wahl sich verfestigt. Die kongolesische Regierung ist bestrebt, Wahlen fristgerecht abzuhalten.“ Die Möglichkeit, mangelnde Finanzierung als Vorwand für eine Wahlverschiebung zu nehmen, weist er zurück: „So denken wir nicht.“
Tshibanda, geboren 1950, nimmt solche Fragen durchaus ernst, und sein Wort hat in Kinshasa durchaus Gewicht. Bevor er im Oktober 2008 Minister wurde, war er Kabilas Kabinettschef und damit einer der wichtigsten Berater des Präsidenten. Tshibanda gehört zu den nicht besonders zahlreichen Politikern, die den Sprung von der demokratischen Opposition in den Schlußjahren der Mobutu-Diktatur zum nahezu bedingungslosen Parteigänger Kabilas bis heute durchhalten. Er war in den Schlußjahren Zaires eine der wichtigsten Figuren der Souveränen Nationalkonferenz, die Diktator Mobutu vergeblich zu entmachten versuchte, und danach Oppositionsführer im Übergangsparlament. Seine kleine Partei PLDC (Parti Libéral Démocrate Chrétien) führte er bei den Wahlen 2006 in Kabilas Wahlbündnis AMP.
Ein Dossier, zu dem Tshibanda viel Erfahrung gesammelt hat, ist das der Beziehungen zwischen der DR Kongo und Ruanda: Er ist an den verschiedenen Verhandlungen der letzten Jahre zwischen den beiden Ländern beteiligt gewesen und leitete auch Kongos Regierungsdelegation bei Friedensverhandlungen mit Rebellenführer Nkunda Ende 2008, die gegenstandslos wurden, als Ruanda im Kongo einmarschierte und Nkunda verhaftete.
Der Dialog zwischen Ruanda und Kongo sei jetzt „permanent“, lobt Tshibanda heute. „Dank der Initiativen des Präsidenten Joseph Kabila hat dies erlaubt, viele Probleme zu lösen.“ Kongo sei jetzt nach innen und nach außen friedlich, sogar im Ostkongo „hat sich die Lage verbessert“, meint Tshibanda.
Aus seiner Reserve locken läßt Tshibanda sich nur, wenn er nach den FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung Ruandas) gefragt wird, die im Ostkongo kämpfende ruandische Hutu-Miliz. Derzeit gehen viele Gerüchte um, es seien hochrangige Verhandlungen mit der FDLR-Militärführung im Gange, um das FDLR-Hauptquartier mit 1500 Kämpfern – also der harte Kern, der keinesfalls nach Ruanda repatriiert werden kann – aus Nord-Kivu nach Maniema zu verlegen. Dies hatte unter anderem die Webseite der Pariser Zeitschrift „Jeune Afrique“ berichtet und es wird von Gesprächspartnern vor Ort ansatzweise bestätigt. Damit soll die von der FDLR ausgehende Gefahr für die Menschen in Kivu sowie für die regionale Stabilität weiter verringert werden.
„Es geht nicht darum, das FDLR-Hauptquartier zu verlegen. Die FDLR haben als bewaffnete Gruppe zu verschwinden!“ schimpft Tshibanda und legt für einige Sekunden nur den polierten, leisen Ton des vollendeten Diplomaten ab. Eine Verlegung komme nur für diejenigen in Frage, die zwar nicht nach Ruanda zurückwollen, aber im Kongo ihre Waffen niederlegen und dann mit Frau und Kindern eine neue, zivile Zukunft brauchen. „Wenn sie die Waffen niederlegen, müssen sie weit weg; sie sollen die Grenzregionen verlassen, denn ihre Anwesenheit dort war Grund für zahlreiche Probleme.“ Er verspricht: „In den kommenden Wochen erwarten wir wichtige Entwicklungen.“