Die taz hatte am Dienstag auf ihrer Titelseite über den Aufstand in Tunesien berichtet. In einer Montage hatten wir Bilder der Proteste und ein Foto eines Toten im Postkartendesign gezeigt. Unsere Leserin Judith Zimmer aus Hamburg ist empört:
Liebe taz,
Entschuldigung vorweg, aber: Seid ihr noch ganz dicht?! Das Bild eines Toten auf dem Titel?!
Ich lese doch Euer Blatt und nicht die Blödzeitung, weil ich davon ausgehe, bei der taz von solchen völlig unnötigen (!) Entgleisungen verschont zu bleiben. Sechs! Setzen.
Mit meinen trotzdem besten Grüßen
Judith Zimmer
Es antwortet Mathias Königschulte aus der taz-Fotoredaktion:
Liebe Frau Zimmer,
waren Sie schon einmal in Tunesien? Schön dort, nicht? Wenn wir an Tunesien denken, träumen wir dann nicht von Sonne, Strand und Meer? Nur diejenigen, die dort leben, halten es gerade nicht mehr aus und werden dafür mitunter erschossen.
Das despotisch geführte Land entwirft von sich das Bild einer ungetrübten Postkartenidylle, und je breiter sich dieses Bild in der öffentlichen Wahrnehmung macht, desto stärker sehen wir uns in der Pflicht, dem andere Bilder entgegenzusetzen. Dazu gehört auch das Bild des jungen Mannes, der dort am vergangenen Montag bei einer Demonstration um sein Leben gebracht wurde.
Aber ein Zweifel bleibt, auch bei uns. Niemand versteht sich besser darauf, mit Bildern bei seinen Lesern Effekte zu erzielen, wie die von Ihnen genannte „Blödzeitung“. Das wollten wir auch, zugegeben.
Bleiben Sie wachsam, liebe Frau Zimmer, Bilder sind gefährlich!
Mathias Königschulte
Jetzt sind wir natürlich gespannt auf weitere Meinungen unserer Leser: Sollten wir Tote auf der Titelseite zeigen? Sollten Zeitungen gezielt versuchen, bestimmte Effekte bei ihren Lesern zu erzielen? Und wo sind dabei die Grenzen?