Hilfe durch „citizen scientists“? (Foto:IBRRC/Lizenz: by) Im Golf von Mexiko tobt derzeit die vielleicht schlimmste Umweltkatastrophe in der Geschichte der USA und die Welt sieht hilflos zu. Mit der kostenlosen iPhone Application MoGO kann nun jeder Otto-Normal-Bürger der Ölpest die Stirn bieten und als „citizen scientist“ ölverschmierte Wasservögel, Schildkröten und Delphine vor dem drohenden Tod retten.
MoGO, das steht für Mobile Gulf Observation. Eine Idee, die Forscher der Universität von Massachusetts entwickelt haben und die den Einsatzkräften an den bedrohten Küstenabschnitten die Arbeit erleichtern soll. Das Prinzip ist simpel: Wer ein vom Öl bedrohtes oder verletztes Tier gefunden hat, schießt mit seinem iPhone ein Foto und speist dieses in eine öffentliche Datenbank ein. Das integrierte GPS hält automatisch die Koordinaten fest, die Säuberungstrupps wissen so exakt, wo ein Tier mit dem Tod ringt. In besonders dringenden Notfällen verbindet MoGO auf Tastendruck sogar sofort mit der Wildlife-Hotline.
445 Fischarten, 45 Säugetierarten, 32 Amphibienarten und 134 Vogelarten sind laut Louisianas Ministerium für Natur und Fischerei akut durch den Ölteppich bedroht. Hilfskräfte sind angesichts des gigantischen Ausmaßes der Ölpest schlichtweg überfordert. Alleine die Küste des US-Bundesstaates Louisiana, die von der Umweltkatastrophe bisher besonders schwer erwischt wurde, erstreckt sich über eine Länge von etwa 639 Kilometern.
MoGO soll aber nicht nur schnelle Hilfe im Einzelfall ermöglichen. Anhand der gesammelten Daten können die Forscher auch das gesamte Ausmaß der Ölverschmutzung besser einschätzen. Mit der Application haben iPhone-Besitzer nämlich nicht nur die Möglichkeit, notleidende Tiere zu melden, sondern auch Teerklumpen oder gesundheitliche Probleme anzugeben, die im direkten Zusammenhang mit der Ölpest stehen. Das Ergebnis gibt es unter anderem auf dieser Google Map zu sehen.
So groß die Tierliebe und der Aktionismus bei den „citizen scientists“ aber auch sein mag: Die Forscher der Universität von Massachusetts raten auf ihrer Internetseite davon ab, selber Fettlöser und Küchenbürste in die Hand zu nehmen, um die Tiere vom Öl zu befreien. Sowohl die Gesundheits- als auch die Sicherheitsrisiken seien für beide Seiten zu groß.
Einziger Wermutstropfen für alle, die sich jetzt MoGO heruntergeladen und schon den USA-Urlaub gebucht haben: Wie CNN und der Schweizer Tagesanzeiger berichteten, hat die US-Regierung eine neue Vorschrift erlassen, die Journalisten, Fotografen und auch freiwilligen Helfern die Arbeit am Golf erheblich erschwert. Wer näher als 20 Meter an das Katastrophengebiet herankommt, muss mit bis zu 40.000 Dollar Bußgeld und im schlimmsten Fall mit drei Jahren Freiheitsentzug rechnen.
Offiziell will die US-Küstenwache mit dieser Sicherheitszone für einen reibungslosen Ablauf der Aufräumarbeiten und den Schutz von Mensch und Gerätschaften sorgen. Aber nicht nur der Tagesanzeiger vermutet, dass damit eher „die Fehler bei der Bekämpfung der Ölkatastrophe vertuscht werden“ sollen. Da hilft es wenig, dass MoGO eine kostenlose App ist, wenn jedes Foto enorme Folgekosten mit sich bringen kann.
Autor: Aljosha Grabowski
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