vonImma Luise Harms 06.05.2009

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Der Schlaf der Nacht trennt den gewesenen Tag vom eintretenden wie ein tiefer Graben. Die Ereignisse drängen sich an seinen Rändern, messen sich über die Lücke hinweg mit Blicken, rufen sich etwas zu. Im Gedränge werden gewesene und auf ihren Eintritt wartende Ereignisse in den Graben gestoßen. Als dunkle Spiegelungen durchwandern sie das Traumland am Boden.
Kein Wunder, dass Kinder Angst vorm Einschlafen haben. Einschlafen ist Abspringen ins Nichts. Es ist nie ganz sicher, ob es überhaupt einen nächsten Tag geben wird. Das Ritual tröstet durch die Regelmäßigkeit seiner Wiederholung. Zum Beispiel das Morgengebet:
Wie fröhlich bin ich aufgewacht,
Wie hab ich geschlafen so sanft die Nacht.
Hab Dank im Himmel, oh Vetter mein,
Dass du hast wollen bei mir sein.
Nun sieh auf mich auch diesen Tag,
Dass mir kein Leid geschehen mag.

Der Himmel, wo der Vetter wohnt, könnte jene dunkellichtblaue, mit Sternen besetzte Wölbung sein, die sich von Tag zu Tag über dem Graben spannt.
Ein Trost ist auch das fröhliche morgendliche Abreißen des Kalenderblattes, das schon beim Einschlafen von der anderen Seite des Grabens herüberwinkt. Man wird auf seiner Rückseite Gedichte wie das oben finden. Aber man wird beim Abreißen (beachte: man reißt das Blatt von gestrigen, vom erledigten Tag ab!) mit dem Reißgeräusch, mit dem Zusammenknüllen und Wegwerfen des Blättchens auch körperlich spüren, dass das Ufer des neuen Tages erreicht ist.
Ein Trost ist auch die Erwartung auf das morgendliche Aufschlagen der Zeitung oder das Ziehen der Mails, das Schmieren des immergleichen Frühstücksbrotes, das Füttern der Katze mit den immergleichen Worten „Jetzt warte doch!“ Ein Trost vielleicht auch, dass ich dir diese blogeintragung schreibe. Für mich und für dich. Und da wären wir also angelangt.

gestern: Es haben sich auf Thomas’ aufgegebenem Acker noch Bretter gefunden. Alte Türen, die man demontieren kann. Auch noch zwei Türen, aus denen sich der Eingang für die Schutzhütte bauen lässt. Polnisch in Bad Freienwalde mit der energischen Frau R. Ich hatte große Mühe, nach viermal Fehlen den Anschluss zu finden, und mache mir keine Hoffnungen, diese Sprache jemals sprechen zu können.
Anschließend Verabredung mit M. zum späten Glas Wein. Aber davon nichts weiter, denn das Gutshofgeschehen hat aus meinen Eintragungen ausgenommen zu werden, das wurde mir beschieden.

heute: ein Tag ohne Termine und Verabredungen breitet sich vor mir aus. Sanfter Regen aus lichtgrauem Himmel. Ich werde mich in den Rechner versenken und herausfinden, wie man den Oderbruch-Tauschring „Rübel-Union“ ohne großen Aufwand mit dem Internet zusammenhalten kann. Vielleicht noch die übrig gebliebenen Kartoffeln zu weiteren einfrierbaren Klößen verarbeiten.

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