Die älteren und östlicheren unter unseren Lesern werden sich noch erinnern: Montags, 17 Uhr, vor der Kirche im Zentrum, versammelte man sich im glorreichen Herbst 1989 in der wesentlich weniger glorreichen DDR zur Montagsdemonstration.
Damals ging es darum, ein Regime loszuwerden, das nicht abgewählt werden konnte – dabei helfen Demonstrationen.
Jetzt geht es wieder darum, ein Regime loszuwerden, das nicht abgewählt werden kann, wenn auch, weil es gerade erst vor ein paar Monaten mit einer ordentlichen Regierungsmehrheit ins Amt gehoben wurde. Aber wir können es loswerden, indem wir dafür sorgen, dass jemand anders gewählt wird: nämlich Joachim Gauck als Bundespräsident. Er ist nicht nur der bei weitem bessere Kandidat als Christian Weichei Wulff; wenn es gelänge, ihn durch eine Volksbewegung ins Amt zu heben, würde das Deutschlands politische Kultur massiv bereichern; durch einen Sieg der direkten Demokratie über küchenkabinettliches Parteiengeschacher, und natürlich auch durch das rückstandslose Verschwinden von Guido Westerwelle und Angela Merkel – es sei denn, dass die Kanzlerin als alte Gauck-Bekannte und Überlebenskünstlerin noch schnell die Fronten wechselt und sich an die Spitze der Reformbewegung stellt.
Aber warum sollen wir da wild spekulieren: Es geht nicht darum, sich den Kopf der CDU- und FDP-Idioten zu zerbrechen, sondern darum, alle Kräfte zu mobilisieren, um Joachim Gauck zum Bundespräsidenten zu machen. Ich schlage dafür den Montagswahlkampf vor: Jeder mache an jedem Ort an jedem Montag um 17 Uhr Wahlkampf für Joachim Gauck, so gut er eben kann. Ob durch Abhaltung einer Demo oder eines Flashmobs, ob durch eine Schweigeminute oder eine Redeviertelstunde im Büro. Ob durch Tragen eines Go-for-Gauck-T-Shirts oder durch Verstreuen von als verkollerte Stasi-Akten verkleidetem Konfetti – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Vier Montage haben wir noch bis zur Wahl des Bundespräsidenten am 30. Juni. Das ist in etwa so viel Zeit wie zwischen dem 40. Jahrestag der DDR-Gründung und dem Mauerfall. Sorgen wir dafür, dass Deutschland wieder ein Sommermärchen bekommt.