vonKarim El-Gawhary 10.02.2011

taz Blogs


Willkommen auf der Blogplattform der taz-Community!

Mehr über diesen Blog

Dieser Tage macht eine Anekdote in Kairo die Runde, die von Muhammad Hassanein Heikal, dem Altmeister des arabischen und ägyptischen Journalismus  überliefertert ist. Die Berater des Präsidenten wollten Husni Mubarak einen neuen Minister schmackhaft machen und erklärten dem Präsidenten welche hervorragenden akademischen Auszeichnungen der Mann habe und welche Doktortitel ihn besonders für das Ministeramt qualifizieren. Mubarak wollte den Mann aber nicht im Kabinett haben und soll laut Heikal geantwortet haben:

„Mir ist egal, welche akademischen Titel der Mann trägt, ich habe auch promoviert und bin Dr. Stur“.

Das stellt er jetzt wieder unter Beweis.

Ich war heute Vormittag wieder auf dem Tahrir-Platz. Die Stimmung ist immer noch sehr gut. Dort habe ich auch dieses Foto gemacht. Ein Sattel wurde ausgestellt, der an dem Tag erbeutet wurde, an dem die Schläger Mubaraks letzte Woche den Platz mit Pferden und Kamelen attackiert hatten.

Einer der Demonstranten erklärte mir stolz, wie sie die Schläger von den Pferden heruntergeholt haben. Es gab einige Beduinen unter den Demonstranten und die kennen den Griff, wie man ein Araber-Pferd auf den Boden bringen kann, indem man das Pferd am Hals in den Schwitzkasten nimmt und umwirft.  Für alle Tierfreunde unter den Lesern: den Pferden ist nicht passiert, aber die Reiter wurden natürlich verprügelt und die Sättel hängen jetzt als Beutestücke auf dem Tahrir.

Gestern hat ein Polizeioffizier im ägyptischen Staatsfernsehen gejammert. Er traut sich jetzt wieder langsam auf die Straße, aber entweder reden die Leute nicht mit ihm oder sie beschimpfen ihn. Wortwörtlich sagte der Polizeioffizier im Fernsehen.

„Als ägyptischer Polizist fühle ich mich auf Kairos Straßen wie ein israelischer Soldat in den besetzten palästinensischen Gebieten“

Es gibt aber auch andere Mitarbeiter des Innenministeriums, die auf dem Platz als Märtyrer gefeiert werden. Dort hängt dieses Bild von General Mahmud Batran, der Chef eines Gefängnisses in der Oase Fayoum.

Als er vom Innenministerium letzte Woche den Befehl bekam sein Gefängnis zu öffnen, hat er sich geweigert. Darauf erteilte das Innenministerim seinen Untergebenen den Befehl ihn zu erschießen.

Und so sah es am gleichen Tag in einem anderen Gefängnis aus, aus den das Wächterpersonal einfach abgezogen worden war, damit deren Insassen draußen mit Plünderungen ein Chaos veranstalten und das Regime Mubarak als Retter in der Not auftreten kann. Wie wir alle wissen, ist der Plan gescheitert.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=59iVq1Pqw4w[/youtube]

———————-

Das hier ist der Frauen-Checkpoint an einem der Eingänge zum Tahrir heute Morgen.

Zur Rolle der Frauen auf dem Tahrir habe ich sowohl ein kurzes Fernsehstück gemacht, als auch einen Artikel geschrieben.

Und für alle, die sich Sorgen machen, dass die Armee demnächst den Tahrir räumen könnte. Rund um die Panzer haben es sich die Leute bequem gemacht. Sie schlafen auch dort, um zu verhindern, dass sich die Panzer auch nur einen Meter bewegen können. Locker an die Panzerkette gelehnt, gab sich einer der Demonstranten seiner morgendlichen Zeitungslektüre hin.

Foto: El-Gawhary

Anzeige

Wenn dir der Artikel gefallen hat, dann teile ihn über Facebook oder Twitter. Falls du was zu sagen hast, freuen wir uns über Kommentare

https://blogs.taz.de/mubarak_dr_stur/

aktuell auf taz.de

kommentare