Murcia, dein Name schmeckt nach Huerta, könnte man frei nach einer berühmten Komposition des Liedermachers Joan Manuel Serrat („Tu nombre me sabe a yerba“) interpretieren. Und in der Tat, alle Welt verbindet die Gegend um Murcia mit fruchtbarem Obst- und Gemüseland, seit den Anfängen ihrer Geschichte. Karthager, Römer, Westgoten hinterließen ihre Spuren, doch zweifellos waren es die Mauren, die das Land mit ihren – damals – neuen Technologien prägten. Bewässerungsgräben, Flusswehre, Schöpfräder, Aquädukte zeugen noch heute von ihrem Einfallsreichtum, ohne den es die Huerta von Murcia heute nicht gäbe.
In ihrer mehr als 750 Jahre währenden Herrschaft kultivierten die Araber Obst und Gemüse und zeichneten auch für einen ganz besonderen Schatz verantwortlich, den Reis, genauer: den Reis von Calasparra, der im bergigen Nordwesten von Murcia wächst, wo der Segura die terrassenförmig angelegten Reisfelder bewässert.
Im weltweit ersten Reisanbaugebiet mit D.O. werden unter strikter Kontrolle die Sorten bomba und balilla x solana angebaut. Dieser ausgesuchte Reis von nahezu natürlicher Bioqualität unterscheidet sich von den meisten anderen durch sein hartes Korn mit enormer Quelleigenschaft und ist von ausgezeichnetem Geschmack.
Nicht weit von Calasparra entfernt liegt die kleine D.O. Bullas, eines von drei kontrollierten Anbaugebieten, mit denen Murcia aufwarten kann. Das älteste ist Yecla, das 1975 den Status einer geschützten Ursprungsbezeichnung erhielt. Es folgte 1986 Jumilla und zuletzt, 1996, das kleine Bullas. Sie zählen mittlerweile zu den interessantesten Weinbauregionen Spaniens.
In allen drei Gebieten dominiert die einheimische Rebsorte Monastrell, der ein beträchtlicher Anteil am Erfolg zuzuschreiben ist und um deren Anerkennung sich besonders Bodegas Castaño in Yecla verdient gemacht haben. Gekeltert werden kräftige, junge, enorm fruchtige Tropfen, die keineswegs mit dem gehaltvollen Massenwein von einst zu vergleichen sind.
Gerade Jumilla im südlichsten Teil der Levanteküste in der Region Murcia genoss früher wegen seiner einfachen, preiswerten Weine keinen besonders guten Ruf. Heute zählt das Gebiet zu den Topregionen Spaniens, wofür Namen wie Casa de la Ermita, Juan Gil, Agapito Rico und mehr stehen.
Von Águilas nach Cabezo de Torres, von Caravaca nach Puerto Lumbreras, über Lorca, Alcantarilla, Cieza, Alhama, Totana… Auf der Route der „Boden“-Schätze begegnet man dem Klang alter Minenlieder ebenso wie zahlreichen Gewächshäusern – die, nebenbei bemerkt, zwar rentabel, deswegen aber nicht weniger unästhetisch sind – sowie ökologischer Landwirtschaft. Die kommt Olivenöl, Wein, Gewürzen, Gemüse, Trockenfrüchten zugute, auch Ziegen und Schweinen und nicht zuletzt den Konsumenten. Mehr als 400 Produzenten arbeiten unter dem Schutz der D.O. Consejo de Agricultura Ecológica nach ökologischen Gesichtspunkten.
Und liefern: richtige Tomaten, die an einen längst verlorenen Geschmack erinnern, stachlige Artischocken mit köstlichem Herz, wahrlich beeindruckende Oliven wie die heimischen Sorten Cuquillo, Mollar de Cieza oder die Cornicabra, die es verdienen, auch als gemeine Tafeloliven beim Namen genannt zu werden.
Und wenn wir schon bei den Olivenbäumen sind: Auch deren Blätter schmecken. Vielleicht dem einheimischen Chato murciano, einem schwarzhaarigen Abkömmling des Iberischen Schweins, der für exzellente Würste und Schinken steht. Ganz sicher aber den Ziegen der Rasse Cabra murciana, geschätzt sowohl als cabrito, gebratenes Zicklein, wie auch als ausdauernde Milchlieferanten. Aus ihrer Milch wird ein im Land wohl einzigartiger Käse hergestellt: Queso de Murcia al Vino. Der schnittfeste, leicht säuerliche, salzarme Ziegenkäse wird traditionell in kräftig-rotem Wein aus Jumilla gebadet, was ihm seine charakteristische rote Farbe und den ganz speziellen Geschmack verleiht.
Wenn in Murcia von der Farbe Rot die Rede ist, dreht es sich aber in erster Linie um Paprika. Dabei ist er nicht mit dem feurigen ungarischen vergleichbar, denn der runde pimiento de bola, auch als ñora bekannt, besitzt kein Capsain, ein Alkaloid, das das rote Pulver erst scharf macht.
In dieser Jahreszeit dürften die Schoten reif für die Ernte sein. Getrocknet und gemahlen werden nur gesunde, saubere Früchte. Entfernt man zuvor Strunk und Kerne, wird der Paprika zu einem höheren Preis auf den Markt kommen. Dieser pimentón dulce mit geschützter Ursprungsbezeichnung wird in hübschen viereckigen Döschen verkauft, auf denen auch zu lesen ist, ob der Paprika auf natürlichem Wege an der Sonne oder mit Luft in modernen secadores getrocknet wurde. Hauptstadt des Paprikas von Murcia ist Totana, wo man den pimentón in den höchstgelegenen, luftigsten Zonen des Einzugsgebiets verarbeitet.
Das blaue Meer, die heiße Küste mit ihren kleinen Buchten haben in ihrer Schönheit zahlreiche Eroberer angelockt. Den Karthager Asdrúbal, Scipio, den Römer, der im 2. Punischen Krieg Carthago Nova, das neue Cartago oder heute Cartagena, einnahm. Die Vandalen kamen wohl eher über den Landweg, sie sollen keine guten Seefahrer gewesen sein, wie die Westgoten.
Die Araber ja. Sie wussten bestens die Fangnetze der almadrabas auszulegen, einer uralten Kunst, den begehrten Roten Tun zu fischen, die noch heute etwa in der Meerenge von Gibraltar praktiziert wird. Um ihn haltbar zu machen, wurde der zerlegte Fisch gesalzen und an der Luft getrocknet. Doch nicht nur Tunfisch, auch Sardinen, Sardellen, Makrele, Hering, Kabeljau oder Fischrogen wurden auf diese Art konserviert und waren bei den alten Völkern sehr geschätzt.
Heute ist die Produktion dieser so genannten salazones ein wichtiger Industriezweig an Murcias und den angrenzenden Küsten. Mojama, ein Filetstück des Tunfischs beispielsweise, die Rogen des Mújols aus dem Mar Menor oder der Maruca sind ein nicht gerade billiges Vergnügen.
Obwohl der Hering in diesen Gewässern nicht unbedingt zu Hause ist, hat er in Murcia spezielle Bedeutung, stellt man doch aus seinem Rogen eine ganz besondere, weltweit vertriebene Delikatesse her: Avruga, „Kaviar“, kleine schwarze glänzende Kügelchen von intensivem Geschmack. Von den fettesten Heringen erhält man den grauen Moluga, der feiner, milder ist. Rund und glänzend wiederum der graue Kaviar von Sardellen, der unter dem Namen Anchoviar in den Handel kommt.
Noch eine weitere Besonderheit ist an den Küsten Murcias zu finden: die Kinderstuben von unter anderem Wolfsbarsch, Dorade und sogar Tunfisch, ein Versuch, das fast leer gefischte Mittelmeer zu regenerieren.
Ein Blick auf die Schätze Murcias – Tomaten, Zitronen, Kapern, Artischocken, Paprikaschoten, Käse, Schinken, Auberginen, Saubohnen, Reis, Zwiebeln, Fisch und viele Köstlichkeiten mehr –, gleich ließen sich im überreichlich gesegneten Ländchen ein guter Fischtopf mit Reis, eine Dorade im Salzmantel, ein Salat mit Stockfisch oder im Teig ausgebackene Zitronenblätter fabrizieren. Begleitet von einem ausgezeichneten Gläschen Wein.
Dorade „a la sal“
Für 4 Pers.: 1 Dorade (Goldbrasse) von ca. 1,25 kg oder mehrere Portionsfische, etwa 1,5 kg grobes Meersalz
Bei dieser Methode sollte der Fisch möglichst ganz bleiben, weil, wenn man ihn aufschneidet, das Ergebnis salzig sein kann oder Saft verloren geht. Ein Grund, weshalb er hier größtenteils nicht ausgenommen wird. Ganz Geschickte wissen die Innereien durch die Kiemen herauszuziehen. Schuppen ist nicht nötig.
Backofen auf 200 Grad vorheizen. In einer Schüssel das Salz mit ca. 4 EL Wasser mischen (auch leicht angeschlagenes Eiweiß würde gehen).
Ein Drittel bis die Hälfte des Salzes in eine dieser tiefen, rechteckigen Ofenformen geben. Dorade drauflegen und mit dem restlichen Salz bedecken. Etwa 30 Minuten im heißen Ofen garen oder so lange, bis das Salz Risse bekommt.
Aus dem Ofen holen und sehr vorsichtig die Salzkruste an den Seiten aufbrechen. Nun kann man den Rest der Haut – ein Teil wird schon am Salz hängen bleiben – und das Innere entfernen.
Die Filets entweder klassisch mit Alioli und gedämpften Kartöffelchen oder mit Rosmarinöl servieren. Dazu bei wenig Hitze zwei geschälte, in Scheiben geschnittene Knoblauchzehen mit einem Rosmarinzweig und 2 EL Apfelessig etwa eine Minute einkochen lassen, 5 EL Olivenöl (0,4°) zufügen, auf kleinem Feuer etwa drei bis vier Minuten köcheln lassen.
Vom Herd nehmen, absieben und vollständig abkühlen lassen.
Bon profit!