vondorothea hahn 08.02.2010

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Die MeteorologInnen hatten es präzise vorausgesagt: Der Schneefall würde 24 Stunden dauern.

So lange schneite es ohne Unterlass. Dichter Nebel hüllte die Stadt ein. Alles öffentliche Leben kam zum Stillstand. Die Geschäfte machten zu. Die Straßen waren leer. Die Menschen igluten sich zuhause ein.

Am Samstag Nachmittag klärt es schlagartig auf. Die Wolken verziehen sich. Ein paar Sonnenstrahlen fallen auf die Stadt. Dick eingemummte Gestalten versuchen, ihre Autos zu identifizieren.

Die stecken unter einer mehrere Dutzend Zentimeter dicken Schneeschicht. Washington ist verzaubert. Weiß. Unberührt. Leise.

Die Stadt gehört den FußgängerInnen und LanglaufskifahrerInnen. Kein Auto, kein Bus, kein Flugzeug und kein Hubschrauber stört. Der pulvrige Neuschnee knirscht.

Am Sonntag wacht Washington unter einem strahlend blauen Himmel auf. Bei eisiger Kälte.

Im Umland der Hauptstadt sind Strommasten eingestürzt. Für Hunderttausende Haushalte dort ist der Schnee eine Katastrophe. Sie haben weder Heizung noch Licht, noch passierbare Straßen.

Die HauptstädterInnen hingegen erleben die Winter-Idylle in einer bessere Lage.  Anlässlich des zweiten Rekordschneefall dieses Winters (der ersten hatte das Leben in Washington drei Tage im Dezember lahm gelegt) organisieren manche eine große Schneeballschlacht am Dupont Circle. Andere spazieren mit Fotoapparaten durch die Innenstadt. Bilden sich dabei ab, wie sie bis zu den Oberschenkeln im Schnee stecken. Vor dem Hintergrund von Washington Monument, Kapitol und Weißem Haus.

Andere in der Stadt machen sich daran, den Schnee zur Seite zu schieben. Freilich nimmt sich ihr Werkzeug lächerlich aus: Sie arbeiten mit Schaufeln und Besen, sowie mit Jeeps, Lastwagen und Traktoren. Bei letzteren haben sie Schippen vor die Stoßstangen montiert.

Gegen diese Schneemassen kann eine Stadt ohne Wintergerätschaften nicht viel ausrichten.  Die Flughäfen von Washington bleiben geschlossen. Die Start- und Landebahnen sind unpassierbar. Auf den Straßen im Stadtzentrum können lediglich Autos mit Allradantrieb verkehren.

Die Schnee-Pause in Washington wird am Montag anhalten. Schulen und Universitäten und Kirchen, sowie die meisten Museen und Behörden und Ministerien bleiben geschlossen.

Alltag in Washington kann erst einkehren, wenn alle Straßen wieder passierbar sind. Und wenn Metro und Busse wieder bis in die Vorstädte und zurück fahren.

Von der Natur kommt keine Hilfe. Es bleibt kalt. Der Schnee schmelzt nicht.

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