vonElisabeth Wirth 29.11.2009

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Ich hätte nie gedacht, dass ich jemals und wenn überhaupt, so schnell die „Klapsmühle“ betreten würde. Nicht gemeint ist die Einrichtung für psychisch erkrankte Menschen, sondern eine von Neuköllns einschlägigen Eckkneipen. In der „Klapsmühle“ arbeitet mein Nachbar, der unter mir wohnt. Eben dieser Nachbar klingelte gestern Nacht bei mir.

Aber beginnen wir mit dieser Geschichte von vorne. Ein ereignisreicher Samstag lag hinter mir. Abends saß ich müde in meiner Wohnung, mir war kalt und so entschloss ich mich, einen entspannten Badewannen-Lese-Abend zu machen. Irgendwann nach 22:00 Uhr war meine Wanne voller warmem Wasser, die Rosenbadekugel hatte sich aufgelöst und duftete vor sich hin. Ich stieg also in die Wanne, lag darin und entspannte allmählich. Zwischendrin ließ ich ein bisschen Wasser ab. Dieser Fakt ist für den Verlauf dieser Geschichte unverzichtbar!

Nach knapp 20 Minuten Badespaß klingelt es an der Tür. Einmal, Zweimal. Für unwahrscheinlich hielt ich die Variante, dass George Clooney mit einer Martiniflasche vor meiner Wohnungstür steht. Ich springe also aus der Wanne, wickle mir mein Handtuch um den nassen Körper und renne zur Tür. Dort steht, schon erwähnter Nachbar, bei dem das Wasser aus der Decke, direkt am Lampenspot in moderaten Massen tropft. Der Nachbar wartet vor der Tür, ich ziehe mir schnell was an. Vorbei ist die Zeit der Entspannung und ihre leichte Wirkung ist schon verflogen. Wir gucken uns das Dilemma an und wissen wirklich nicht, was zu tun ist. In unserer Verzweiflung und mit Unwissenheit rufen wir den Hausverwalter an. Sein Handy ist zu dieser späten Zeit natürlich aus. Im Mietvertrag steht, man sei verpflichtet dem Vermieter über etwaige Schäden unverzüglich zu informieren. Da es sich nicht um eine kaputte Glühbirne im Hausflur handelt, entschließe ich mich, meine Eltern zu Rate zu ziehen. Aber mehr, als dass ich das Badewasser nicht ablassen und mein Nachbar nicht den Lichtschalter im Bad anmachen sollte, fällt ihnen auch nicht ein. Nachts den Weiß-ich-was-Notdienst anrufen kostet richtig Geld und das wollen die Bar auf die Hand. Unter meiner Matratze lagert weder Geld, noch eine lausige Goldbarre. Also entschließen wir uns abzuwarten und mein Nachbar will dem Hausverwalter wenigstens auf den AB sprechen. Wie sich heraus stellt, befindet sich das Büro des Hausverwalters in seinem Haus, so dass dieser, als der Nachbar den Vorfall schildert, doch noch rangeht. Inzwischen ist es kurz vor 24:00 Uhr. Morgen, sagt der Hausverwalter, will er jemanden vorbei schicken.

Aus dem morgen, was heute gewesen wäre, wird ein übermorgen, was heute also morgen ist. Sprich, Montag wird jemand kommen und sich die Misere angucken. Da in meiner Badewanne das inzwischen kalte Badewasser steht, kann ich nicht duschen gehen. Zum Glück habe ich eine nette Nachbarin, die mich ihre Dusche benutzten lässt.

Heute hat sich mein Vater auf die Suche nach der Ursache gemacht. Er hatte gemutmaßt, genauso wie der Hausverwalter und der Handwerker, mit dem ich heute telefoniert habe, dass das Wasser an der Fußbodenentwässerung, wegen Verstopfung, übergelaufen ist. Mit Werkzeug kam er her, öffnete die Revisionsklappe und fand: nichts. Eigentlich hätte unter der Badewanne Wasser stehen müssen. Unter meiner Badewanne ist es so trocken, wie in der Sahara.

Nach dem Motto „Wenn schon, denn schon“ aka „Murphys Law“ wird aller Wahrscheinlichkeit irgendein Rohr undicht sein. Ich frage mich, wann ich wieder in meiner Wohnung Duschen werden kann. Wäsche waschen traue ich mich auch nicht. Zu allem Überfluss (ein Wort, welches zum Thema passt) ist mir heute auch noch was total Dämliches passiert. Eigentlich dürfte ich das gar keinem erzählen, aber für die Kunst, eine gute Story oder eine super Pointe, macht man sich auch mal „nackig“. Beim duschen bei meiner Nachbarin also, habe ich es geschafft, mir beim Beine rasieren, den halben Nagel des rechten Mittelfingers abzuhobeln. Und das ist mir nicht zum ersten Mal passiert. Anfang des Jahres, auf meiner Arbeitsreise, in einem Hotel in Dortmund fand die Premiere statt. Es würde mich nicht wundern, wenn ich damit in Guinnessbuch der Rekorde komme. Nun schmückt ein Kinderpflaster von Ikea meinen Mittelfinger – Auch Schön.

Wie es jetzt weiter geht, mal gucken. Meine neue Devise lautet eh „Immer schön locker bleiben!“. Schaff ich nicht immer, aber was ist das Leben, wenn nicht ein Übungsfeld für Neues. Nun komme ich endlich auf die „Klapsmühle“ zurück, in der mein Nachbar ja arbeitet und schließe damit den Rahmen dieses Eintrags. In die „Klapsmühle“ bin ich heute also rein, um mir seine Telefonnummer für den Fall geben zu lassen, dass Wände aufgebrochen werden müssen. Und da ich ein freundlicher Mensch bin, werde ich ihn über den Verlauf aller, eventueller Baumaßnahmen auf dem Laufenden halten. Denn, morgen, wenn endlich der Handwerker kommt, wird mein Nachbar hinterm Tresen besagter Eckkneipe stehen, in der einschlägiges Neuköllner Eckkneipenpublikum vor seinem Bier sitzt, die Luft vom Rauch neblig ist, Dartscheiben an den Wänden hängen und im Billiardraum ein Plakat einer fast nackte Frau angepinnt ist.

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