von 15.12.2010

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Tod der Fußballkultur und Nackenklatsche für die Natur – Fußball-WM 2022 in Katar (Foto: Kurt Michel/pixelio.de/Lizenz:by/(M)Sandra Breunig)

Die Fußball-Weltmeisterschaft 2022 findet in Katar statt. Hört sich an wie ein schlechter Witz über den niemand lachen mag. Außer Katar natürlich. Und FIFA-Boss Sepp Blatter. Aber abgesehen von all den sicherlich bald bekannt werdenden Bestechungsskandalen und dem endgültigen Ausverkauf der Fußballkultur: Die härteste Ohrfeige von allen bekommt die Natur, denn Katar 2022 wird eine der irrwitzigsten Großveranstaltungen, die die Welt je gesehen hat!

Grüne Weltmeisterschaft. Das ist in diesen Tagen die Lieblingsfloskel des WM-Botschafters von Katar, Gabriel Batistuta. Nur zu gerne predigt er die nachhaltige Funktionsweise und Zweckmäßigkeit der neuen WM-Stadien. Fakt ist aber doch, dass zwölf von zwölf vollklimatisierten Stadien erst noch gebaut werden müssen. Und das in einer Region, die nicht gerade bekannt für ihre nachhaltigen Bauprojekte ist – in einem Land, das nur halb so groß ist wie Hessen.

Gut, die Stadien werden größtenteils solarbetrieben. Vor allem wird die Nachhaltigkeit aber dadurch begründet, dass die Stadien nach der Weltmeisterschaft abgebaut und in Entwicklungsländern wieder aufgebaut werden.

Eine großartige Idee! Lasst uns über mehrere Jahre hinweg ein Dutzend riesiger Stadien aus dem Boden stampfen und sie dann vier Wochen lang benutzen, nur um sie die nächsten paar Jahre wieder abbauen zu können. Dabei tun wir sogar noch etwas Gutes! Wir recyceln alte Stadien in unseren armen Nachbarländern. Ich bin mir sicher, Tschad, Burkina Faso oder Mauretanien freuen sich schon riesig auf ihre neuen vollklimatisierten Multifunktionsarenen, die aus schwer recycelbaren Baumaterialien bestehen und so hohe Wartungskosten haben, dass die Unterhaltung mehr als schwierig werden wird.

Hinzu kommt, dass in Katar die Fußballfankultur ungefähr so groß ist wie hierzulande die Begeisterung fürs Schachboxen. Katar ist auf die unzähligen WM-Touristen aus aller Welt angewiesen, die einfliegen sollen und dabei Unmengen an CO2 verbrauchen. Natürlich, viele Fußballfans sind auch nach Afrika oder Südkorea gepilgert. Trotzdem waren dort im Durchschnitt immer noch 72 Prozent der Menschen in den Stadien Einheimische. Sofern in Katar nicht jeder Einwohner des Landes jedes Spiel der WM zeitgleich besucht, ist davon auszugehen, dass dies 2022 nicht der Fall sein wird.

Sepp Blatter und sein FIFA-Rentnerkreis können den „wüsten“ Aufschrei des Rests der Welt natürlich nicht nachvollziehen. Dafür haben sie ja auch gar keine Zeit. Sie machen gerade Urlaub in Dubai, um sich ab nächstem Jahr voll und ganz auf die Planung der Fußball WM 2026 im Regenwald von Indonesien und 2030 auf dem Mars konzentrieren zu können. 

Text: Lukas Korsan

Fotolizenz: by, www.pixelio.de

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