Navarra, die kleine nordspanische Region zu Füßen der Pyrenäen, hat in Ernest Hemingways Romanen Weltruhm erlangt. Doch den amerikanischen Schriftsteller faszinierten nicht nur die Sanfermines, die alljährlich im Juli in der Hauptstadt Pamplona stattfindenden Patronatsfeste mit ihren berühmten, nicht ungefährlichen Stiertreiben, die die Stadt neun Tage lang in Atem halten. Hemingway war auch ein großer Freund von Essen und Trinken – und nicht zuletzt des Angelns von Forellen, wofür sich nirgendwoanders besser Gelegenheit bot.
Navarra liegt in einem klimatischen Dreieck, das Kantabrisches Meer, Pyrenäen und Ebro-Tal bilden. Die vielseitige weite Landschaft mit ihrem Reichtum an Rohstoffen verwandelt das Land in eine nachgerade majestätische Speisekammer. Und so ist auch die Küche großartig, mit einer Vielzahl an Gerichten und Rezepten, die Traditionelles ebenso respektieren, wie sie Avantgardistischem gegenüber aufgeschlossen sind.
Navarra grenzt im Norden an die Pyrenäen, im Osten an Aragón, im Süden an Castilla y León und im Westen an Rioja und das Baskenland. Das ehemalige Königreich war einst dreimal so groß wie heute. So gehörten wesentliche Teile der französischen Pyrenäen und des heutigen Baskenlandes zu Navarra. In einigen Gebirgstälern des Nordwestens spricht man noch heute baskisch. Nicht verwunderlich also die verschiedenen Einflüsse in die Gastronomie des Landes, die als eine der besten Spaniens gilt.
Das autonome Gebiet besteht nur aus einer Provinz, die sich wiederum in drei Zonen einteilen lässt. Die Pyrenäen bilden an der Grenze mit Frankreich eine außergewöhnliche, zum Teil wilde Landschaft. Hier findet man die höchsten Gipfel, die tiefsten Schluchten, die weitesten Wälder und die ältesten Traditionen, die auch immer mit der Schafzucht zu tun haben.
Im Nordwesten, zum Atlantik hin, wo sich die Pyrenäen zum Meer erstrecken, bieten sich grüne Felder, kleine Flüsse, dunkle Wälder. Dort ist die Wiege der Konquistadoren, mischen sich herrschaftliche Häuser mit Burgen und Gehöften, herrschen Mysteriöses und Magie, Karneval und Hexerei – und eine wunderbare Küche.
Zwischen der fruchtbaren Ebene des Ebro und den Bergen befindet sich das so genannte Navarra Media mit einem ganz eigenen, von der Geschichte geprägten Charakter. Wie die anderen Gebiete, durch die der Jakobsweg führt, ist es ein reiches Land. So üppig ist die Vegetation der Region, dass nicht alle Produkte frisch konsumiert werden können. Ein Grund auch, warum dort in großem Maße Konservenindustrie angesiedelt ist. Dreh- und Angelpunkt des Landes aber ist das mittelalterlich anmutende Pamplona, das nichts Spektakuläres hat, aber ein Genuss für alle Sinne ist. Die Stadt darf auf keinen Fall verlassen werden, ohne dass vorher in einer der alten Bars, vielleicht unter einem Foto von Ernest Hemingway, die exzellenten Pintxos (Tapas) probiert werden.
Die Landschaft um den Ebro und seine Zuflüsse im Süden Navarras ist die wärmste Zone der Comunidad. Weite feuchte Gebiete stehen im Kontrast zu dürrem Land. In La Ribera lebten christliche, jüdische und maurische Kulturen jahrhundertelang friedlich nebeneinander und hinterließen ihre Spuren in Kunst, Architektur, der Küche und besonders im Charakter der Bevölkerung.
Außergewöhnlich sind auch die Bardenas Reales, eine Ödnis, einzigartig in Europa, die aus einer Mischung aus Sand- und Kalkstein gebildet wurde.
Das fruchtbare Flussgebiet um Tudela, zweitgrößte Stadt der Region, ist der Garten Navarras. Dort riecht es nach Weizen, Gemüse, Früchten und dem Keltern von Wein.
In Navarra hat man immer gut gegessen, heißt es. Mehr als 1.300 verschiedene Gerichte soll es geben. Wer nicht weiß, was er wählen soll: Typisch sind beispielsweise Pochas de Sangüesa (junge Bohnenkerne); Guisos de anguila (Aal) oder Codornices (Wachteln); die Calderete mit Kaninchen, Kartoffeln und Schnecken; Trucha cocida del Bidasoa (Forelle); Asado de Estella (Braten) oder Cordero al chilindrón (Lamm).
Beliebt in Tierra Estella ist Gorrín – Lamm aus dem Holzofen. Und in der Wild- und Fischfangsaison bilden Forellen, Rebhühner, Täubchen, Reh und Hirsch die Grundlage von Gerichten traditionellen Geschmacks, wobei Pilze ebenso wenig fehlen dürfen wie Püree von Kastanien oder Äpfeln – und Waldbeeren, die es reichlich gibt.
Eine ganze Reihe vorzüglicher Produkte sind mit einer Denominación de Origen geschützt. So die Alcachofas de Tudela (Artischocken), Pimientos del piquillo de Lodosa (Paprikaschoten) oder der famose Spargel von Mendavia. Der wird zum Beispiel mit einer milden Mayonnaise oder Vinaigrette genossen, man pflegt ihn aber auch lauwarm, von hart gekochten Eiern oder einer Paprikasauce begleitet, zu servieren.
Dagegen kommen die exquisiten kleinen Paprikaschoten mit Vorliebe gegrillt und mit einem guten Olivenöl und Knoblauch auf den Teller. Sie sind übrigens nur kurze Zeit frisch auf dem Markt, aber in allen Qualitätsstufen als Konserve erhältlich.
Auch Borraja (Borretsch), Cardos (Kardenartischocken) und die kleinen Cogollos de Tudela müssen genannt werden. Von Letzterem, einem kompakten Römersalat en miniature, ist praktisch alles essbar, von den äußeren Blättern bis ins knackige, milde, gelbe Herz. Die Minisalatköpfe werden gleich zu mehreren abgepackt verkauft und meist roh mit gebratenem Knoblauch und Olivenöl, Sardellen oder Käse gegessen.
Zu empfehlen wären da die heimischen Käsesorten Roncal und Idiazábal.
Eine der ältesten Traditionen des Landes hat die Cuajada, geronnene Schafsmilch, die man gern selbst bereitet und mit Honig anreichert. Sicher hat schon mancher im Kühlregal danach gegriffen, im Glauben, es handle sich um den uns eher bekannten Joghurt.
Auch das Nationalgetränk Navarras, ein Schlehenlikör auf der Basis von Anis, wurde ursprünglich auf den Gehöften hausgemacht – und gilt bis heute in vielen Familien als Mittel gegen allerlei Wehwehchen. Ein Schlückchen Pacharán bildet traditionell den Abschluss eines jeden Essens in Navarra, kann aber eigentlich zu jeder Tageszeit auf den Tisch kommen: als Pacharán „San Fermín“, wenn er mit Cava (Sekt) gemischt wurde. Als „Butano“ mit Orangensaft; die Farbe entspricht der orangeroten Gasflasche.
Pacharán con naranja: „butano“ o „butano“. Oder als „rosa Kuh“, wenn mit Milch gemixt. Pacharán besitzt ebenfalls eine D.O., die Alkoholgrad, Beeren, Herstellungsprozess etc. kontrolliert, damit Qualität und Tradition dieses beliebten Getränks gewahrt bleiben.
Navarra zählt zu den ältesten Weinregionen weltweit. Das haben archäologische Funde bewiesen. Trotzdem standen seine Weine immer im Schatten des berühmten Nachbarlandes La Rioja. Die Denominación de Origen Navarra ist, was Klima und Boden betrifft, in fünf ganz unterschiedliche Gebiete eingeteilt: Valdizarbe im Norden, Tierra Estella im Nordosten, Ribera Alta und Baja de Montaña in der Mitte und Ribera Baja im Süden.
Charakteristisch für Navarra sind junge, fruchtige Roséweine aus der Garnacha. Doch seit man dem Stil der Zeit folgt und auch auf Sorten wie Tempranillo, Merlot oder Cabernet Sauvignon setzt, die bessere Möglichkeiten für den Ausbau im Fass bieten, ist der Anbau der Garnacha um die Hälfte zurückgegangen.
Bei den Weißweinen erzielt man aromatische und ausgeglichene natürliche Weine mit der Moscateltraube, der Malvasia, der Garnacha Blanca oder Viura. Richtig eingeschlagen haben aber die Weine aus der Chardonnay-Traube, deren Produktion Jahr für Jahr steigt.
Forelle „a la Navarra“
Zutaten für 4 Pers.: 8 ausgelöste saubere Forellenfilets ohne Gräten, 8 Scheiben Jamón serrano, 4 EL Tomatensauce, 4 St. Pimientos del piquillo (aus der Dose), Speisestärke, Fischbrühe
Garnitur: je 1 rote, gelbe und grüne Paprikaschote, evtl. Kartoffeln
Forellenfilets etwas platt drücken und Röllchen formen. Jedes in eine Scheibe Schinken wickeln. Würzen ist nicht nötig, der Schinken ist salzig genug. In einer Pfanne in Olivenöl goldbraun anbraten, im Ofen bei mittlerer Hitze fertig garen.
Für die Sauce Pimientos del piquillo mit der Tomatensauce und etwas Fischbrühe mixen, auf kleinem Feuer mit wenig kalt angerührtem Stärkemehl binden. Abschmecken und durch ein Sieb gießen.
Für die Garnitur die verschiedenfarbigen Paprikaschoten in sehr kleine Würfel schneiden. In Olivenöl in der Pfanne schwenken. Man könnte auch noch kleine, in der Pfanne gebratene Kartoffelkugeln dazugeben.
In eine Form zuerst etwas Sauce und die bunten Paprikawürfel geben. Darüber die Kartoffelkugeln verteilen und obendrauf die Forellenröllchen.
Pimientos del piquillo
Zutaten: Pimientos del piquillo aus der Dose, Knoblauch, Salz, Olivenöl
Eine runde Form mit Olivenöl aufs Feuer setzen. Noch während das Öl kalt ist, die vorsichtig aus der Dose geholten Paprikaschoten kreisförmig so darin anordnen, dass die Spitze in die Mitte zeigt. Ausreichend salzen und in feine Scheiben geschnittenen Knoblauch zufügen. Bei moderater Hitze auf beiden Seiten garen.
Bon profit!